Brustkrebs: Frühe Therapie spart Millionen und schenkt Lebenszeit

Eine frühzeitige Brustkrebstherapie kann Millionen sparen und Lebenszeit schenken.
Eine von acht Frauen entwickelt im Laufe ihres Lebens Brustkrebs. In Österreich ist das Mammakarzinom mit 28 Prozent die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Der HR-positive/HER2-negative Brustkrebs stellt die häufigste Variante dar und macht rund zwei Drittel aller diagnostizierten Fälle aus.
"HR-positiv" bedeutet, dass die Krebszellen über Rezeptoren für die weiblichen Hormone Östrogen oder Progesteron verfügen. Diese Hormone können das Tumorwachstum anregen. "HER2-negativ" wiederum heißt, dass ein bestimmter Wachstumsfaktor-Rezeptor auf der Zelloberfläche nicht aktiv ist, wodurch der Tumor in der Regel langsamer wächst.
Grundsätzlich gelten diese Formen von Brustkrebs als gut behandelbar – solange kein Rückfall mit Fernmetastasen auftritt. Kommt es zum metastasierendem Brustkrebs, ist eine Heilung nicht mehr möglich, auch wenn moderne Therapien die Überlebenszeit und -qualität mittlerweile verbessern.
Unabhängig von der enormen psychischen Belastung für Betroffene sind auch die sozioökonomischen Folgen beträchtlich. Genau hier setzt eine aktuelle Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) in Wien an.
Ziel der Untersuchung war es, den gesellschaftlichen Nutzen einer frühzeitigen Therapie mit so genannten CDK4/6-Inhibitoren für Patientinnen in Österreich zu bewerten. Klinische Studien hatten bereits gezeigt, dass eine mehrjährige Behandlung in Kombination mit einer Antihormontherapie bei frühem Brustkrebs das Rückfallrisiko für Frauen mit erhöhtem Risiko deutlich senkt.
Vermeidbare Rückfälle
Auf Basis klinischer Daten berechnete das IHS, in welchem Ausmaß Rückfälle in Österreich verhindert werden könnten, und welche gesamtgesellschaftlichen Kosten dadurch wegfallen würden. Die Analyse berücksichtigt nicht nur direkte Behandlungsausgaben, sondern auch indirekte Kostenfaktoren wie Arbeitsausfälle, Frühpensionierungen oder zusätzlichen Pflegeaufwand.
Im Zentrum der Modellierung stand eine Kohorte von 1.340 Patientinnen, die im Jahr 2022 in Österreich die Kriterien für eine Behandlung erfüllten. Über einen Zeitraum von 30 Jahren könnten in dieser Gruppe etwa 200 Rückfälle und rund 1.000 Krankheitsjahre mit metastasiertem Brustkrebs verhindert werden. Zudem zeigt die Studie: Durch den frühzeitigen Einsatz von CDK4/6-Inhibitoren lassen sich Folgekosten in Höhe von 43 bis 52 Millionen Euro einsparen.
"Hier stehen wir nicht nur medizinisch, sondern auch gesamtgesellschaftlich vor einer Chance. Jede Patientin, die keinen Rückfall erleidet, gewinnt wertvolle Lebenszeit und Lebensqualität – und zugleich profitieren ihr Umfeld und das Gesundheitssystem", betont Gabriel Rinnerthaler, stellvertretender Leiter der Klinischen Abteilung für Onkologie am LKH-Universitätsklinikum Graz.
Konkret entspricht ein vermiedener Rückfall einem geschätzten gesellschaftlichen Nutzen von rund 250.000 Euro pro Patientin. Ein Viertel dieser Summe entfällt auf Produktivitätseffekte – also darauf, dass Patientinnen ihre berufliche Tätigkeit und unbezahlte Arbeit fortsetzen oder früher wiederaufnehmen können. "Die moderne Therapie stärkt die Chance, trotz Erkrankung am Arbeitsleben teilzuhaben und Alltagsaufgaben weiter erfüllen zu können. Das ist ein entscheidender Beitrag zur Selbstbestimmung, zur wirtschaftlichen Stabilität der Patientinnen und zur Gesellschaft insgesamt", erklärt Studienautor Thomas Czypionka, Forschungsgruppenleiter für Gesundheitssysteme und -politik am IHS.
Entlastung für das Gesundheitssystem
Auch für das österreichische Gesundheitssystem sind die potenziellen Einsparungen beachtlich: 75 Prozent des errechneten Nutzens entstehen durch vermiedene Krankenhausaufenthalte, Therapien und Behandlungen, die bei einem Rückfall notwendig geworden wären.
"Solche Zahlen sind entscheidend, um Investitionen in neue Therapien, die die Lebensqualität der Patientinnen verbessern, auch ökonomisch nachvollziehbar darzustellen und damit den gesundheitspolitischen Diskurs zu unterstützen", ergänzt die IHS-Gesundheitsökonomin und Studienautorin Stephanie Reitzinger.
Fazit der Autorinnen und Autoren: Moderne, frühzeitige Krebstherapien sind nicht nur ein medizinischer Fortschritt, sondern auch ein gesamtgesellschaftlicher Gewinn. Sie verbessern die Lebensqualität von Patientinnen, entlasten deren Umfeld und schaffen gleichzeitig wirtschaftliche Vorteile für das Gesundheitssystem und die gesamte Gesellschaft.
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