Arzneien: Produktion ins Land zurückholen

Geopolitisch ist der Ort Kundl in Tirol vielleicht wenig relevant – außer, wenn es um Penicillin geht. Hier betreibt der Pharmakonzern Sandoz den letzten großen Produktionsstandort für Penicillin in Europa. Das heißt, in Tirol entsteht der Grundstoff für viele wichtige Antibiotika noch komplett an einem Ort – von der Wirkstoffherstellung bis zur fertigen Tablette.
Viele andere Konzerne haben ihre Arzneimittelproduktionen längst ins Ausland verlegt – der Großteil der Wirkstoffproduktion entfällt mit knapp 70 Prozent auf China und Indien. „In Europa sind es nur mehr 24 Prozent, in den USA 10 bis 15 Prozent“, sagt Ulrike Holzgrabe, Expertin für Strategien in der Arzneimittelproduktion von der Universität Würzburg. Das Zurückholen der Produktion sei schwierig, umso wichtiger sei es, die bestehende Wirkstoffproduktion zu erhalten.
Für 86 Prozent der heimischen Bevölkerung wäre ein Produktionsschwerpunkt in Österreich, oder zumindest in Europa, äußerst wichtig. Das geht aus dem Austrian Health Report 2025 hervor, den das Meinungsforschungsinstitut IFES im Auftrag von Sandoz unter 1.004 Befragten erstellt hat.“ Der Report zeigt auch, dass ein Versorgungsengpass bei Medikamenten für mehr als die Hälfte (64 %) der Befragten eine realistische Bedrohung darstellt.
Druckmittel
Holzgrabe sieht dieses Szenario ebenfalls: „Die Chinesen brauchen gar keine Atombombe. Sie liefern einfach keine Antibiotika mehr.“ Der sicherheitspolitische Experte Walter Feichtinger (Center for Strategic Analysis) sieht Medikamente neben Energie ebenso als „probates Mittel, um Druck auszuüben“, wenn Länder von Lieferanten abhängig sind. Europa müsse daher mehr Mittel für die Medikamentenproduktion aufwenden, sind beide Experten überzeugt. „Europa muss auf sich schauen und eigenständiger, unabhängiger werden.“
Was die Selbsteinschätzung der Österreicherinnen und Österreicher in puncto Gesundheit betrifft, sind die Ergebnisse des am Mittwoch präsentierten Health Reports durchwachsen. Vor allem der Zukunftsausblick „ist getrübt“, resümiert Reinhard Raml vom IFES-Institut. Rund 80 Prozent rechnen mit Leistungskürzungen der Krankenkassen, ebenso viele erwarten auch politische Einsparungen im Gesundheitsbereich. Mit dem aktuellen Gesundheitssystem ist allerdings nur rund die Hälfte der Befragten zufrieden. Ebenso die Hälfte der Bevölkerung nimmt täglich Medikamente ein, naturgemäß nimmt der Bedarf im Alter über 60 Jahren zu.
Die psychische Gesundheit wird je nach Alter unterschiedlich bewertet: In der Gruppe der bis 29-Jährigen gaben mit 14 Prozent, und damit die meisten, an, dass es ihnen „schlecht“ oder „sehr schlecht“ gehe. Vor allem durch die Pandemie habe es hier Einschnitte gegeben. „Danach kamen geopolitische Krisen dazu“, erklärt IFES-Studienleiter Raml.
Im Gegenzug müsse aber auch gesagt werden: Über 80 Prozent schätzen ihren psychischen Gesundheitszustand als „gut“ oder „sehr gut“ ein. In allen Altersgruppen erwarten rund drei Viertel der Befragten keine Veränderungen ihrer Gesundheit, immerhin 18 Prozent rechnen mit einer Verbesserung.
Und im Zusammenhang mit einer europäischen Strategie zur sicheren Medikamentenversorgung befürworten ebenfalls drei Viertel eine gemeinsame europäische Strategie.
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