Was ist dieser Geist, von dem Sie sprechen, eigentlich?
Im Sinne einer fünften Anti-Aging-Säule – neben Ernährung, Bewegung, Hormonen und Umwelt – vereint er Spiritualität und die medizinischen Fachgebiete Psychosomatik sowie Psychoneuroimmunologie. Letzteres beschäftigt sich vor allem mit dem Zusammenhang zwischen Psyche und Immunsystem. In Sachen kognitives Anti-Aging steckt die Medizin aber noch vergleichsweise in Kinderschuhen.
Wie lässt sich der Einfluss des Geists belegen?
Viele molekularbiologischen Zusammenhänge sind jetzt messbar. Vor allem sind es die sogenannten empathischen Gene, an denen sichtbar ist, wie sie positiv oder negativ beeinflusst werden können. Sie wurden erst 2013 definiert, es gibt 53 davon. Insgesamt besitzt ein Mensch 23.000 Gene. Die empathischen Gene befinden sich in jeder Zelle, sie sind sozusagen die Nervenenden der Gefühle und Regungen, die ein Mensch empfindet. Und sie reagieren. Werden sie mit Positivem gefüttert, etwa wenn ein Mensch im Einklang mit sich selbst ist, wirkt das wie ein Schutzschild: Über diese Gene werden relativ wenig Entzündungen erzeugt.
Ist das Gegenteil der Fall, zeigten sich in Studien sehr hohe Entzündungswerte. Was man wissen muss: Diese sogenannten „stillen Entzündungen“ spürt man lange nicht. Es ist schon länger bekannt, dass ein Übermaß nach Jahrzehnten zu den bekannten Zivilisationskrankheiten führt. Gesundheit ist das Fehlen von Entzündungen. Die Psyche hat einen großen Einfluss, wenn man permanent Stress ausgesetzt ist. Wir tun also gut daran, unsere Inflammation niedrig zu halten.
Allein mit Gedanken?
Es gehört vieles dazu, aber sehr vieles geht tatsächlich vom Gehirn aus. Empathie etwa ist ein Schlüsselbegriff. Meditation, geistige Entspannung gehört dazu, aber interessanterweise auch Demut. Das ist ebenso ein Faktor, die Inflammation niedrig zu halten. In Untersuchungen zeigte sich etwa, dass Menschen, die ein Demutstagebuch führen, davon profitierten. Auch erwies sich in einer anderen Studie, dass Menschen, die anderen drei Mal pro Woche etwas Gutes tun, geringere Entzündungswerte hatten, als jene in der Vergleichsgruppe.
Anders gesagt: Was wir erleben und was wir daraus machen, entscheidet unsere empathische DNA in jeder einzelnen Zelle. Die gute Nachricht ist: Das Gehirn lässt sich trainieren.
Was unterstützt das geistige Anti-Aging
Das Gehirn bleibt jugendlich, wenn man aktiv bleibt. Ich finde faszinierend, dass wir alle Milliarden von stillen Synapsen haben, die sich bis ins hohe Alter aktivieren lassen. Mittlerweile weiß man, dass sie fast ein Drittel der Synapsen aller Gehirnzellen ausmachen. Man entdeckte, dass sie feinfühlig auf neue Reize reagieren. Wer neugierig ist, tätig bleibt, das Gehirn fordert, trägviel dazu bei, das Netz an Nervenverbindungen und damit den ganzen Körper jung zu halten. Man spricht immer von Bodybuilding. Aber niemand spricht davon, seinen Geist gezielt zu stärken, also Mindbuilding betreiben.
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