Süßes oder Saures: Das schmeckt Vögeln, Katzen und Affen besonders gut

Singvögel können den sauren Geschmack unterdrücken.
Geschmäcker sind verschieden. Während Fleischfresser auf herzhaft-intensive Aromen stehen, können Pflanzenfresser mit Umami nichts anfangen. Süß geht fast immer; es liefert wertvolle Energie. Sauer macht nur die wenigsten Tiere lustig.
Doch Vögel sind anderes. „Einige Arten haben eine Toleranz gegenüber stark Säurehaltigem entwickelt“, schreibt ein deutsch-chinesisches Forscherteam in einer aktuellen Studie.
Die Wissenschafter hatten Mäuse einmal mit Geschmacksrezeptoren von Kanaris, einmal mit den betreffenden Genen von Tauben versehen. Das Experiment bestätigte: Singvögel können – anders als Tauben oder Säuger – die Übertragung von Säure-Signalen hemmen. Und: Diese Fähigkeit entwickelte sich wohl parallel zur Wahrnehmung von Süßem.
Der Gusto auf dies und das macht die Überflieger bis heute zu Überlebenskünstlern – rund um Globus, während des Vogelzugs, in Zeiten von Futterknappheit.
Geschmackssinn macht satt und gesund
„Der Geschmackssinn hat grundsätzlich doppelt Sinn. Er hilft Lebewesen, passende Nahrung zu finden, und er schützt sie vor der Aufnahme von Verdorbenem, Giftigem und Krankheitserregern“, sagt Qendrim Zebeli von der Vetmeduni Wien.
Der Leiter des Zentrums für Tierernährung und Tierschutzwissenschaften weiß darüber hinaus, dass sich „im Laufe der Evolution einiges getan hat“ und welche Futtervorlieben mehr anerzogen als angeboren sind.

Katzen können Süß nicht wahrnehmen.
Geschmacksvorlieben entstanden im tierischen Stammbaum keineswegs geradlinig. „Katzen z.B. konnten vor über zwanzig Millionen Jahren Süß wahrnehmen, das ist ihnen als Fleischfressern verloren gegangen“, führt Zebeli aus.
Auch Kolibris, die sich heute an Blütennektar und Insekten satt fressen, schmeckten Zucker erst wieder im Laufe der Zeit; ihre Vorfahren – fleischfressende Dinos – hatten die Rezeptoren dafür eingebüßt.
„Bei Hunden ist Süß hängen geblieben, aber sie empfinden es nicht in derselben Intensität wie Menschen“, sagt Zebeli. Was für Menschen köstlich salzig schmeckt, bedeutet für Hunde schon eine Überversorgung.
Andere Sinne ergänzen den Geschmackssinn
Ist der Geschmackssinn unterentwickelt, helfen andere Sinne, die richtige Entscheidung zwischen genießbar und ungenießbar zu treffen. Hunde verlassen sich auf die Nase. Fische, die weder scharf sehen, noch einen guten Riecher haben, verkosten mit der Haut.

Kakadus würzen Nudeln mit Beerenjoghurt.
„Nicht alles ist angeboren“, verweist Zebeli etwa auf Kühe. Kälber wachsen zunächst mit Milch heran, um dann ältere Wiederkäuer beim Heu- und Grasvertilgen nachzuahmen.
Hunden und Katzen sollen viele Nährstoffe angeboten werden
Angelerntes Fressverhalten spielt ebenso in der Versorgung von Haustieren eine Rolle. Je breiter das Nährstoffangebot für Welpen ist, desto einfacher fällt eine ausgewogene Ernährung im Erwachsenenalter. Früh lässt sich Geschmack schulen.
Mitunter verfallen Tiere von selbst auf kreative Delikatessen. So konnte an der Vetmeduni Wien kürzlich nachgewiesen werden, dass Goffin-Kakadus ihre Vollkornnudeln vor dem Verzehr gezielt in Sojajoghurt mit Heidelbeernote tunkten.
Bereits 1967 beobachteten US-Forscher Purpurgrackel dabei, wie sie getoastetes Brot in Wasser aufweichten; die schillernden Vögel wollten Weiches genießen.

Makaken waschen schmutzige Süßkartoffel.
Auch von Primaten ist bekannt, dass sie im Umgang mit Essbarem experimentierfreudig sind. In den frühen 1950er-Jahren begann ein Makaken-Weibchen in Japan schmutzige Süßkartoffel im Bach zu säubern. Ihre Reinlichkeit setzte sich schnell in der ganzen Gruppe durch. Später fingen einige Affen damit an, Süßkartoffel im Meer zu waschen – vermutlich, um die Kohlenhydrate mit Salz zu würzen.
Nahrungsvorlieben können die Artenvielfalt fördern
„Der Geschmackssinn ist abhängig davon, welche Nahrung Tiere brauchen und was sie verdauen können“, schließt Zebeli. Mit köstlichem Aroma werden sie dafür belohnt, zu fressen, was sie groß, stark und potent werden lässt. So konnten auch die Singvögel dank der Säuretoleranz verschiedenste Öko-Nischen besetzten. Ihre Artenvielfalt zeugt von gutem Geschmack.
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