100 Jahre Bundesforste: Vom Holzlieferanten zum Multifunktionsbetrieb

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Gegründet, um den Holzbedarf zu sichern, wachsen die Erhalter und Bewirtschafter des Staatswaldes immer mehr zu einem Tourismus-, Energie- und Immobilien-Unternehmen heran.

Ein Krieg zerstört nicht nur Menschenleben und Infrastruktur, sondern auch die Natur. Nach dem Ersten Weltkrieg waren in Österreich große Waldflächen beschädigt und viele Transportwege schwer in Mitleidenschaft gezogen. Zugleich wurde für den Wiederaufbau dringend Holz benötigt. Aber wer sollte den Job erledigen?

Fachkräfte fehlten und die Strukturen der Forstverwaltungen aus der Habsburgermonarchie lagen brach. Die Politik entschied sich, für die 15 Prozent des Waldes in Staatsbesitz einen eigenen Wirtschaftskörper zu gründen: Die Bundesforste. Das Gesetz dazu wurde am 28. Juli 1925 verabschiedet. Ziel war es, den Holzbedarf für die Wirtschaft zu decken und den Zustand des Waldes zu verbessern. 

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Nach dem Ersten Weltkrieg war Holz knapp

Der Gründungszweck sei heute nach wie vor gültig, sagt Georg Schöppl, Vorstandssprecher der Oesterreichischen Bundesforste AG, zum KURIER: Holz sei immer noch ein wertvoller Rohstoff für die Wirtschaft. Erst viel später, in den 1970er Jahren, kam der Erholungs- und Freizeitgedanke dazu. Das neue Forstgesetz 1975 stellte klar, dass der Wald auch der Erholung der Menschen dienen soll und jeder und jede ihn betreten darf.

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Ein Paradigmenwechsel. „Ich kann mich noch an meine Jugend erinnern, da haben wir im Wald vor allem Beeren gesucht und Schwammerl geklaubt, von Erholung im Wald war da noch keine Rede“, erzählt Schöppl. Heute würden die Menschen Schatten, Abkühlung und Entschleunigung unter Bäumen suchen. „Im Wald ist es im Sommer um 5 Grad kühler und die Gefühlslage ist gleich eine andere als auf der Mariahilfer Straße“, schildert der Bundesforste-Chef. Als drittes großes Thema kam infolge des Waldsterbens in den 1980er Jahren der Naturschutz hinzu. Nationalparks wurden eröffnet, Schutzzonen für Fauna und Flora eingerichtet. Heute sind die Hälfte der Flächen Naturschutzflächen.

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Wasserwege für das Holz

Was viele nicht wissen: Zum Staatswald gehören 74 der größten Seen in Österreich, inklusive 50 Badeplätze. Ursprünglich als Holztransportweg und für die Fischerei genutzt, entwickelte sich erst in den 1950-er und 1960-er Jahren die touristische Nutzung. 

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So waren die Seegrundstücke rund um den Attersee sehr lange reine Holzlagerflächen. „Früher hat man das Holz im Winter geerntet, über Bäche gedriftet, am See zwischengelagert und bis nach Wien weiterverschifft“, schildert Schöppl. Der Wasserweg war lange Zeit am günstigsten und einfachsten. Heute verdienen die Bundesforst gutes Geld mit dem Tourismus. „Wir sind der mit Abstand größte Flächenbereitsteller für den Tourismus in Österreich – sowohl für den Winter- als auch für den Sommertourismus“.

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Am Ufer des Wolfgangsees

Die mit dem Klimawandel einhergehenden Wetterextreme, die Sturmschäden und Brände verursachen, beschäftigen die ÖBF seit Jahrzehnten, die Schadensbilanz steigt kontinuierlich an. Zehn Brände jährlich sind inzwischen der Jahresdurchschnitt. Vor allem Brände durch Blitzeinschlag sowie menschliche Unvernunft hätten massiv zugenommen, berichtet Schöppl. „Früher war ein Viertel der geernteten Menge Schadholz, jetzt sind wir bei 50 Prozent und mehr“. Durch die Umstellung auf artenreiche Flächen soll der Wald klimafit werden, „ein „Jahrhundertprojekt“.

++ HANDOUT ++ STEIERMARK: WEITERER AUSBAU VON WINDPARKS IM OBEREN MÜRZTAL

Windpark im oberen Mürztal

Energie und Immobilien

Weil die Kosten durch den Klimawandel stark steigen und die Forstwirtschaft allein zuwenig abwirft, haben die Bundesforste neue Einnahmequellen angezapft und sind auch in der Energiegewinnung (Windparks, Kleinkraftwerke) sowie in der Immobilienbranche tätig. „Wir sind einer der wenigen Waldbewirtschafter in Europa, die konsequent in die Diversifizierung gegangen sind. Und das wollen wir noch weiter ausbauen“, sagt der Manager. 

Bundesforste

Gerade wird das neunte Wasserkraftprojekt in Tirol abgeschlossen und auch neue Gebäude sollen errichtet werden. An der  einen oder anderen „zündenden Geschäftsidee“ etwa im Bereich künstliche Intelligenz werde noch getüftelt ,„langweilig wird uns nie“.

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