People leave a Bank of Cyprus branch in Athens March 27, 2013. Greece's Piraeus Bank said on Tuesday it agreed to buy the branches of all three Cypriot banks in Greece for 524 million euros. The deal concerns the Greek units of Bank of Cyprus , Cyprus Popular and Hellenic Bank, which have a combined market share of about a tenth of Greece's banking market. The purchased units reopened on Wednesday. REUTERS/John Kolesidis (GREECE - Tags: POLITICS BUSINESS)

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Bankenöffnung

Zyperns Angst vor der Kapitalflucht

Die Insel bereitet sich mit Polizeiunterstützung auf die Bankenöffnung vor – in den Chefetagen der Institute wird aufgeräumt.

03/27/2013, 11:57 AM

Die Banken auf Zypern sollen nach elf Tagen allen Anzeichen nach am Donnerstag wieder öffnen – derzeit befindet sich die Insel im Ausnahmezustand, was die Vorbereitungen dafür angeht: Man trifft vor allem Vorkehrungen gegen eine umfassende Kapitalflucht. Abhebungen von Kunden sind auf einhundert Euro am Tag begrenzt, die Kontrollen müssten "einige Wochen" in Kraft bleiben, so Finanzminister Michalis Sarris.

Laut Zentralbankchef Panicos Demetriades sind "übermenschliche Anstrengungen" nötig, um die Öffnung der Banken zu ermöglichen. Bankexperten gehen davon aus, dass es auch im Kapitalverkehr mit dem Ausland Einschränkungen geben werde. Wichtig sei es, zunächst zu sichern, dass das Geld in Zypern bleibt, sagte ein Analyst im zypriotischen Fernsehen. Vor allen Dingen müssen zunächst dafür gesorgt werden, dass die Unternehmen Geld bekommen, um ihre Angestellten um Monatsende bezahlen zu können. Viele Menschen haben mittlerweile kein Geld auf ihren Girokonten. Seit dem 16. März ist die Geldversorgung nur aus Geldautomaten möglich.

Auch aus Kreisen der Polizei war zu erfahren, dass es Vorbereitungen angesichts einer Öffnung der Banken gebe. Man hat angesichts der bevorstehenden Bankenöffnung Pläne für den Schutz der Geldinstitute entworfen. Wie aus Kreisen der Sicherheitskräfte in Zypern zu erfahren war, sollen alle Bankfilialen am Tag der Öffnung der Banken Polizeischutz bekommen - um "potenzielle Gewalttäter" abzuschrecken.

Wut auf die Verantwortlichen

Der Unmut der Zyprioten richtet sich weiterhin gegen die Regierung und die EU: Am elften Tag seit Beginn der Krise protestierten etwa 2.000 Oberschüler in der Hauptstadt Nikosia. In Sprechchören forderten sie, die Verantwortlichen für den "Diebstahl" der zypriotischen Guthaben müssten ins Gefängnis. "Wir müssen die Blutsauger bekämpfen!", riefen sie.

Vor dem Büro des Zentralbankchefs forderten mehrere hundert wütende Bankangestellte, die um ihre Arbeitsplätze bangen, Demetriades' Rücktritt. Der Zentralbankchef räumte ein, dass mit jedem Tag, an dem die Banken geschlossen sind, das Vertrauen der Menschen weiter schwinde. Die Kunden wollten ihr Geld abholen, und daher seien die beschlossenen Kontrollen notwendig. Demetriades verteidigte zugleich das Rettungspaket für sein Land. Ohne die Vereinbarungen "wäre Zypern schon pleite", sagte er.

Die Finanzminister der Eurozone hatten in der Nacht auf Montag beschlossen, Zypern Hilfen von bis zu zehn Milliarden Euro zu gewähren. Zugleich soll der Bankensektor des Landes umstrukturiert werden. Zudem ist ein Abschlag auf Bankguthaben von mehr als 100.000 Euro bei der marktführenden Bank of Cyprus vorgesehen. Finanzminister Sarris sagte am Dienstag, der Abschlag könne auch höher als bei den zuletzt diskutierten 40 Prozent liegen.

Banken-Chefs müssen gehen

Bei den beiden betroffenen Banken gibt es auch personell radikale Einschnitte: Der Chef der Bank of Cyprus, Yiannis Kypri, ist laut zypriotischen Medieninformationen auf Druck der internationalen Geldgeber entlassen worden. Es sei Teil der Vereinbarungen mit der Troika aus EU, EZB und IWF, dass Kypri – er war für das operative Geschäft zuständig -seinen Platz räumen müsse, berichtete die NachrichtenagenturCNA.

Bereits am Dienstag erklärte der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Andreas Artemis, seinen Rücktritt. Dieser wurde vom Gremium jedoch vorerst nicht angenommen. Nach Informationen zypriotischer Internetseiten wurde der Rücktritt von Artemis unter anderem durch die Ernennung eines Aufsehers für seine Bank seitens der zypriotischen Zentralbank beeinflusst. Artemis sei zudem nicht damit einverstanden, wie die Guthaben der zweitwichtigsten zypriotischen Bank, Laiki, unter dem Druck internationaler Geldgeber in die Bank of Cyprus zwangsüberführt werden, hieß es.

Die Geldgeber-Troika Zyperns und die Regierung des kleinen Krisenstaates haben außerdem beschlossen, die Vorstände beider großen zypriotischen Banken, Bank of Cyprus und Laiki Bank, zu entlassen. Informationen über einen Rücktritt des Chefs der Notenbank, Panikos Demetriades, wurden indes aus offiziellen Quellen nicht bestätigt. Mit der Entlassung der Vorstände der beiden Banken solle ihre Sanierung erleichtert werden, hieß es. Die Zentralbank hatte zuvor einen Insolvenzverwalterin für die Laiki Bank und einen Verwalter für die Bank of Cyprus eingestellt.

Ratingagenturen strafen die EU ab

Die Ratingagenturen gehen nach der Zypern-Rettung hart mit den Verantwortlichen ins Gericht. Das Krisenmanagement sei unprofessionell gewesen und von Selbstüberschätzung geprägt.. Das Antasten der Bankeinlagen könne sich als gefährlicher Präzedenzfall herausstellen.

Die Ratingagentur Fitch hat Zypern nach der Einigung auf ein internationales Hilfspaket für die Inselrepublik abermals mit Abstufung gedroht. Wegen des angeschlagenen Bankensektors werde das bisherige Rating "B" unter verschärfte Beobachtung gestellt. Fitch bewertet Zypern aber weiter weniger negativ als Standard & Poor's und Moody's.

Vor allem das gescheiterte zypriotische Bankensystem sei für die Entscheidung verantwortlich, schreibt Fitch. Ob es tatsächlich zu einer Herabstufung kommt, hänge von den Einzelheiten des mit der Troika vereinbarten Programms ab. Entscheidend sei auch die Bereitschaft der zypriotischen Behörden zur Umsetzung von Reformen.

"Kein Zukunftsmodell"

Die EU-Kommission sieht die Rettung Zyperns unter Einbeziehung von Großsparern und Gläubigern nicht als Modell für die Zukunft. "Der Fall Zypern ist einzigartig, und zwar aus vielerlei Gründen", sagte die Sprecherin von Binnenmarktkommissar Michel Barnier. Sie reagierte verhalten auf Äußerungen von Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Dieser hatte am Vortag erklärt, die Beteiligung von Kontoinhabern an der Bankenrettung Zyperns könne als Modell für künftige Hilfsprogramme gelten, war danach aber zurückgerudert.

Der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker hat sich indessen besorgt über antieuropäische Stimmungen in EU-Mitgliedsländern geäußert. Die im Zuge von Rettungsaktionen wie in Zypern hochkommenden Nationalismen zeigten, "wie fragil die europäische Konstruktion trotz der Erfolge der vergangenen Jahrzehnte ist", sagte Juncker dem Bonner General-Anzeiger. "Ich habe immer vermutet, dass unter der Oberfläche noch vieles brodelt", sagte er. Doch das Ausmaß der aktuellen Reaktionen überrasche ihn.

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