Erstens, weil die Kollegen nicht vorab darüber informiert waren und zweitens erstaunt die Höhe dann doch.
Der ehemalige SPÖ-Chef ist Aufsichtsrats-Vorsitzender der Signa Prime (dort sind die Luxus-Immobilien geparkt), der Signa Development und der Signa RFR. Außerdem sitzt er dem Aufsichtsrat des Baukonzerns Strabag von Hans-Peter Haselsteiner vor, Großinvestor bei Signa.
Für Aufsichtsräte, die Geschäfte mit von ihnen beaufsichtigten Unternehmen machen, gelten klare gesetzliche Regeln. Denn die Thematik ist äußerst heikel und kann schnell zu einem Interessenskonflikt führen.
„Der Aufsichtsrat hat die Geschäftsführung zu überwachen“, mit diesem eindeutigen Satz beginnt § 95 des Aktiengesetzes über die Rechte und Pflichten des Aufsichtsrates. „Es gibt im Gesetz einen detailliert angeführten Katalog von Geschäften, die nur mit Zustimmung des Aufsichtsrates vorgenommen werden dürfen. Insbesondere zu Verträgen zwischen der Gesellschaft und einem Aufsichtsratsmitglied gibt es eine klare Regelung“, erklärt dazu Aslan Milla, PwC-Partner und Aufsichtsratsexperte.
Der gesamte Aufsichtsrat muss vorab genehmigen, falls ein Mitglied gegen „ein nicht bloß geringfügiges Entgelt“ für das Unternehmen oder ein Tochterunternehmen tätig wird. Sieben Millionen fallen eher nicht unter geringfügig.
Intransparenz
Wäre aber nicht der gewiefte Geschäftsmann Gusenbauer, hätte man formal nicht einen Ausweg gefunden.
Gusenbauer verrechnete nämlich an die Signa Holding – und dort gibt es keinen Aufsichtsrat. Die Holding ist trotz einer milliardenschweren Bilanzsumme nur eine kleine GmbH. Eine ganz bewusst gewählte, perfekte Konstruktion, um Transparenz zu verhindern – keine konsolidierte Konzernbilanz und die Jahresabschlüsse auch noch verspätet.
Gusenbauer und der Signa-Sprecher zogen es vor, für den KURIER nicht erreichbar zu sein.
Etwas kann man Benkos Aufsichtsräten nicht absprechen – Fachkompetenz. Neben internationalen Top-Leuten wie dem französischen Unternehmer Robert Peugeot sitzen auch einige prominente Österreicher unter Gusenbauer in Signa Prime und Signa Development. Karl Sevelda, Ex-RBI-Chef, Wüstenrot-Chefin Susanne Riess-Hahn, Ex-Bank-Austria-Chef Karl Samstag und der ehemalige Casinos-CEO und Banker Karl Stoss.
Fragt sich, wie streng die Kontrollore ihre Aufsichtspflicht in dem unüberschaubaren Konglomerat wahrgenommen haben. „Die Zahlen, die man uns vorgelegt hat, stimmten mit dem Abschlussprüfer KPMG und den Bewertungsgutachten überein“, sagt ein Aufsichtsrat gegenüber dem KURIER. Man habe „immer wieder nachgefragt“, doch stelle sich mit der Weisheit des Rückblicks die Frage, „ob wir nicht da oder dort hätten nachstoßen müssen“. Die Gutachten beeindruckten mit Stempeln von Bewertungs-Größen wie Richard Ellis und JLL.
Aufsichtsrat und Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking stieg als Aktionär und Aufsichtsrat schon 2016 aus, mit der Begründung, die Zahlen hätten nicht übereingestimmt mit Benkos Aussagen.
Genauso wie das Management drohen auch Aufsichtsräten Haftungen und Schadenersatzforderungen bei Pflichtverletzungen. Stellt sich im Fall einer Insolvenz eine Pflichtverletzung heraus, sind die Gerichte zuständig. Eine D&O-Versicherung deckt in der Regel Schadenersatz ab, aber oft nicht alles.
Die Aufsichtsratsvergütung liegt im österreichischen Spitzenfeld. Für 2021 durfte Gusenbauer 994.000 Euro an das zehnköpfige Gremium verteilen, für die sechs Development-Mandatare gab es 520.000 Euro.
„Zierleiste“
Wäre da noch der ebenso prominent besetzte Beirat der Holding. Benko trat als Vorsitzender mit der Insolvenz zurück. Dann verabschiedete sich Ex-Morgan-Stanley-Präsident Walid Chammah, er schickte Benko laut trend eine 14-Millionen-Euro-Klage.
Auch Gusenbauer und seine heimischen Kollegen sind im Beirat. „Ein Beirat kann alles sein und nichts, es gibt keine gesetzliche Definition“, erläutert Univ.Prof. Susanne Kalss, Österreichs bekannteste Unternehmensrechtlerin. „Der Signa-Beirat tagte kein einziges Mal, wir erhielten kein Honorar und waren lediglich die Zierleiste auf der Homepage“, erzählt ein Mitglied. „Solche Dekor-Beiräte gibt es öfter. Da wird nach außen mehr dargestellt“, meint Kalss.
Inzwischen wurde die „Zierleiste“ von der Holding-Homepage abmontiert. Gusenbauer scheint übrigens in der Gläubigerliste auf, persönlich und mit seiner Beratungsgesellschaft.
hodoschek.andrea@gmail.com
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