Haubner: "Meister mit Master gleichstellen"

KURIER: Viele Unternehmer sind wütend auf die Regierung. Was kann diese für die Wirtschaft tun?
Peter Haubner: Das Wichtigste ist, den Standort im Auge zu behalten. Der Wirtschaftsbund hat sich immer für Entlastung eingesetzt. Bei den Lohnnebenkosten haben wir zum ersten Mal seit Jahrzehnten eine Senkung statt Erhöhung erreicht.
Aber nur minimal.
Zumindest ist eine Trendwende eingeleitet. Daran muss man weiterarbeiten. Die Lohnnebenkosten gehören zu den großen Druckfaktoren für Unternehmer, da sind wir europaweit an der Spitze. Das muss sich ändern.
Auch die SPÖ fordert Entlastung und will sie mit Vermögenssteuern finanzieren.
Sie sagen Vermögenssteuern und meinen Mittelstandssteuern. Die gehen voll auf die Substanz und gefährden Betriebe und Arbeitsplätze.
Es heißt doch, dass Firmen ausgenommen werden?
Das ist Unsinn! Ohne Betriebe zu besteuern kommt die Menge nicht zusammen. Außerdem: In den nächsten zehn Jahren stehen 58.000 Betriebe zur Übergabe an, davon zwei Drittel im Familienbesitz. Übergaben müssen leistbar bleiben, dafür gibt es schon genug bürokratische Hürden.
Es heißt immer, dass die Jungen lieber Beamte werden wollen als Unternehmer.
Tatsächlich ist die Gruppe, die Unternehmer werden will, nicht groß – wahrscheinlich fünf, sechs Prozent.
Fördert das Bildungswesen Unternehmertum?
Nein, leider. Bei der Talenteförderung in der Schule sind wir prinzipiell nicht gut. Wenn jemand handwerklich begabt ist, müsste man ihn in diese Richtung begleiten, damit er oder sie zum Beispiel Mechatroniker oder Zimmermann werden kann. Darum fordern wir auch den verpflichtenden Talentecheck.

Das Handwerk hat dennoch goldenen Boden, nach der Ausbildung gibt es tolle Berufschancen. Unsere hervorragenden Facharbeiter zählen zur Qualitätsmarke Österreich. Das soll so bleiben. Daher ist die Berufsorientierung in der Schule ganz wichtig.
Im Bildungsbürgertum ist man aber wenig begeistert, wenn das eigene Kind keine höhere Schule besucht.
Wir fordern, dass der Meister dem Master gleichgestellt wird. Was haben wir davon, wenn wir die Akademikerquote weit nach oben schrauben, aber niemanden mehr haben, der ein ordentliches Bad bauen kann?
Haben das nicht ohnehin etwa polnische Handwerker übernommen, die zum Teil am Schwarzmarkt dasselbe billiger anbieten?
Qualität hat ihre Abnehmer. Außerdem haben wir den Handwerkerbonus eingeführt, um die Schwarzarbeit zurückzudrängen.
Die Wirtschaft stöhnt unter vielen Auflagen, keiner kommt mehr ohne Steuerberater aus.Im Herbst wollen wir mit dem Koalitionspartner ein größeres Paket zum Bürokratieabbau über die Bühne bringen. Es soll in vielen Bereichen Vereinfachungen geben, da gehört auch die Lohnverrechnung dazu. Da sind wir wirklich gefordert.
Die Finanzpolizei rüstet gerade personell auf. Steht eine Aktion scharf bevor?
Wie die Finanzpolizei in einigen Fällen agiert hat, ist untragbar! Hier haben wir viele Klagen gehört. Steuerprüfungen müssen ohne Schikane ablaufen. 99 Prozent der Unternehmer sind ordentliche Kaufleute.
Die SPÖ kritisiert Betrug mit manipulierten Registrierkassen in der Gastronomie.
Gegen diese Pauschal-Verurteilung der Unternehmer wehre ich mich entschieden! Dahinter versteckt sich nur die nächste Unternehmer-Schikane, die finanzielle Belastung und noch mehr Bürokratie bedeutet.
Ganz besonders groß scheint bei Firmen der Frust über die gewerbliche Sozialversicherung zu sein. Zu teuer, zu bürokratisch, heißt es.
Eine deutsche Studie hat ergeben, dass Österreichs Selbstständige das beste soziale Sicherheitsnetz in ganz Europa haben. Für Ein-Personen-Unternehmen haben wir zum Beispiel ein spezielles Leistungspaket geschnürt. Man muss aber schon festhalten: Dem Arbeitnehmer wird die Sozialversicherung automatisch abgezogen, ihn interessiert vor allem, was er netto herauskriegt. Der Selbstständige kriegt eine Vorschreibung.
Soll man die Sozialversicherungen zusammenlegen?
Ja. Kein Mensch versteht, warum es in Wien andere Leistungen gibt als in Salzburg.
Wie viele Sozialversicherungen sollen übrig bleiben?
Am einfachsten wären drei: eine für die Selbstständigen, eine für Unselbstständige, eine für Beamte.
Zur Person: Vorkämpfer für Mittelstand
Peter Haubner ist seit 2008 Generalsekretär des
Wirtschaftsbundes. Dieser ist eine Teilorganisation der
ÖVP und beherrschende Fraktion in der Wirtschaftskammer (dort wird 2015 gewählt). Der Salzburger (54) sitzt im Nationalrat und sieht sich vor allem als Vorkämpfer für die mittelständischen Betriebe.
Reformen für die Wirtschaft : Minischritte zur Entlastung: Am 1. 7. sank der Unfallversicherungsbeitrag um 0,1 Prozentpunkte, ab 2015 folgt der Beitrag zum Insolvenzentgeltfonds. GmbH-Gründungen wurden erleichtert und ein Handwerkerbonus geschaffen: Arbeiten in Privathaushalten werden mit bis zu 600 € jährlich gefördert.
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