Am 17. September 2018 dürfte es sich in den gediegenen Räumlichkeiten der ehemaligen Meinl Bank in der Wiener City ziemlich heftig abgespielt haben. Drei Vertreter der Finanzmarktaufsicht waren eingeritten und begehrten Einsicht in die Berichte der bankinternen Revision.
Mit Nachdruck. „Nervös und aufgeregt“ sei die Mitarbeiterin der Bank gewesen, die alleine mit den drei Aufsehern im Besprechungszimmer war. Die Mitarbeiterin musste annehmen, die Herren würden ihre „Anordnung“ bzw. ihren „Befehl“ im Fall einer Weigerung mittels physischem Zwang, sprich mithilfe der Polizei, durchsetzen.
Die FMA-Truppe, angeführt vom Abteilungsleiter für Bankenaufsicht, Christian S. (von ihm wird später noch die Rede sein), ermittelte wegen des Verdachts auf Geldwäsche und wollte Zutritt zu verschlossenen Betriebsräumlichkeiten. Den sie durch die Ausübung von Druck auch bekam.
Wären das nur die Behauptungen der Bank, wäre die Causa mäßig spannend. Julius Meinl V. und seine Manager liefern sich seit mehr als elf Jahren einen erbitterten Rechtsstreit mit der FMA und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA). Die Bank musste zusperren und wird derzeit abgewickelt, eine rechtskräftige Anklage gibt es bis heute nicht.
Die Bank ging vor das Bundesverwaltungsgericht – und errang jetzt gegen die FMA einen Etappensieg.
Das BVwG argumentiert in seiner Entscheidung, die dem KURIER vorliegt, aufgrund des „festgestellten Sachverhalts“ könne von Freiwilligkeit „keine Rede sein“ (siehe Faksimiles).
Die Aufseher hätten also eine Hausdurchsuchung durchgeführt. „Eine explizite gesetzliche Ermächtigung der FMA, Hausdurchsuchungen durchzuführen, existiert nicht“, stellt das Gericht fest. Weder durch das Bankwesengesetz noch durch eine andere aufsichtsrechtliche Vorschrift. Die FMA habe daher gegen den verfassungsrechtlich verankerten „Schutz des Hausrechts“ verstoßen.
Commerzialbank
Das Gericht konstatiert einen „klaren Widerspruch“ in der Argumentation der FMA. Diese berief sich darauf, das Bankwesengesetz ermächtige sie, Einsichtrechte durch Zwang durchzusetzen. Doch das BVwG weist auf Aussagen der FMA zur zusammengebrochenen burgenländischen Commerzialbank hin. Da erklärte die FMA u. a. im Oktober 2010 gegenüber Ö1, man habe keine Polizeibefugnisse und könne keine Hausdurchsuchungen durchführen.
Die WKStA leitete im Sommer 2015 eine Anzeige eines Whistleblowers an die FMA weiter. Die Anzeige wurde bekanntlich zu den Akten gelegt und die kriminellen Machenschaften in der damals schon ruinierten Bank liefen ungestört weiter. Der Republik drohen wegen Amtshaftungsklagen hohe Entschädigungszahlungen. FMA-Abteilungsleiter S. wird neben Vorstand Helmut Ettl als einer der zahlreichen Beschuldigten geführt. Gefahr in Verzug, womit die FMA argumentierte, bestand bei der Ex-Meinl-Bank (heißt heute Anglo Austrian, AAB) nicht, konstatiert das Gericht. Sehr wohl aber bei der Commerzialbank.
„Die FMA hätte die Unterlagen ohnehin bekommen. Sie quält alle Banken minutiös mit Vorschriften, setzt sich selbst aber darüber hinweg“, kritisiert Peter Weinzierl, Ex-Chef der Meinl Bank und ebenfalls Beschuldigter. Dass die Behörde bei Banken unterschiedliche Maßstäbe anlege, „zeigt wieder deutlich, dass die Ex-Meinl-Bank eine Sonderbehandlung durch die FMA erfährt“.
Die FMA prüft die Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Man würde jedenfalls „die Klarstellung zu den Ermittlungsbefugnissen der FMA in einem aufsichtsbehördlichen Verfahren durch den VwGH begrüßen“, heißt es gegenüber dem KURIER. Die FMA möchte eigentlich schon lange mehr Kompetenzen. Das BVwG grub eine parlamentarische Anfragebeantwortung (zur Meinl-Gruppe) aus dem Jahr 2008 aus, in der die Behörde erklärte, dass sie kein Recht auf Hausdurchsuchungen habe. Und eine Gesetzesänderung vorschlägt, die Durchsuchungen erlaube.
Die Regierung allerdings dürfte angesichts der Performance der Aufsicht bei der Mattersburger Skandalbank wenig Lust haben, die FMA mit Polizeigewalten aufzurüsten. Man halte die derzeitige Gewaltentrennung „für sinnvoll, sie ist ein in der Regel bewährtes Instrument. Die FMA ist eine Aufsichtsbehörde und kein Exekutivorgan und das ist gut so“, erklärt dazu ein Sprecher von ÖVP-Finanzminister Gernot Blümel.
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