Neueste Wirtschaftsdaten: Österreich wird die „rote Laterne“ los

PK WIFO/IHS "KONJUNKTURPROGNOSE 2025 UND 2026 - SOMMERPROGNOSE": FELBERMAYR/BONIN
Doch kein drittes Rezessionsjahr 2025, zaghafte Erholung 2026 – falls die Prognosen dieses Mal halten. „Radikale Unsicherheit“ macht Wirtschaftsforschern das Leben schwer.

Wenn es denn so kommt, dann ist Österreichs Volkswirtschaft drauf und dran, heuer die längste Schwächephase der Nachkriegsgeschichte zu überwinden. Und 2026 die „rote Laterne“ der am schwächsten wachsenden Länder in Europa endlich wieder abzugeben.

Doch statt von einer deutlichen Aufholjagd sprechen WIFO-Chef Gabriel Felbermayr und IHS-Direktor Holger Bonin sehr vorsichtig von einer „zaghaften Erholung ohne nennenswerte Dynamik“. Zu sehr hat der Standort Österreich in den vergangenen Jahren an preislicher Wettbewerbsfähigkeit eingebüßt, zu groß sind Österreichs strukturelle Herausforderungen, als dass die Ökonomen zur Tagesordnung übergehen würden.

Und so sparen sie auch nicht mit wirtschaftspolitischen Reformvorschlägen – von einer „gerechten“ Erbschaftssteuer zur Gegenfinanzierung einer Entlastung des Faktors Arbeit über ein Bonus/Malus-System für die Beschäftigung Älterer bis zu einem Notfallmechanismus für den Fall, dass die Energiepreise wieder durch die Decke gehen sollten.

Freilich ist die Aussage, dass der Tiefpunkt der Konjunktur überwunden sei, mit nicht unerheblichen Risiken verbunden. Es kann nämlich auch ganz anders kommen.

Der Krieg in der Ukraine, der Konflikt im Nahen Osten, die Zölle in den USA, das Sparpaket in Österreich: Die Liste der Unwägbarkeiten ist scheinbar endlos. Felbermayr spricht von einer „radikalen Unsicherheit“. Viele Entwicklungen seien schlicht nicht bewertbar und dennoch müsse am Ende für die Budgetplanung des Finanzministers und seinen Meldungen nach Brüssel ein exakter Prognosewert stehen. Und das, obwohl niemand eine Glaskugel besitzt, die die Wahrheit über die Zukunft verraten würde.

Ein Beispiel: Am 12. Juni, am Tag vor dem Angriff Israels auf die Atomanlagen des Irans, kostete ein Fass Rohöl 68 Dollar. In Sorge um eine Ausweitung des Konfliktes samt Dämpfer für die Weltwirtschaft schnellte der Preis sofort auf 80 Dollar hinauf. Am gestrigen Donnerstag lag der Preis für ein Fass Rohöl wieder bei rund 68 Dollar. Hätte jemand vor zwei Wochen einen neuerlichen Ölpreisschock vorhergesagt, wäre er gänzlich daneben gelegen.

Und so ergeht es auch Österreichs Wirtschaftsforschern nicht anders als großen Banken oder internationalen Institution wie Währungsfonds, Weltbank oder OECD, die ihre regelmäßigen Prognosen über die weitere Wirtschaftsentwicklung abgeben und ebenso regelmäßig korrigieren müssen.

Zur Illustration: Noch im Dezember 2024 gingen WIFO und IHS von einem leichten Wirtschaftswachstum um 0,6 bis 0,7 Prozent im Jahr 2025 aus. Im März schlugen sie Alarm und riefen das dritte Rezessionsjahr nach 2023 und 2024 aus. Die Wirtschaft sollte heuer um 0,2 bis 0,3 Prozent schrumpfen.

Und jetzt? 0,0 bis 0,1 Prozent „Wachstum“ (also Stagnation) wird für heuer vorher gesagt, 1,0 bis 1,2 Prozent könnten es 2026 werden. Wenn, ja wenn sich die internationale Konjunktur erholt, die Konsumenten wieder brav konsumieren und die Dreierkoalition nicht öffentlich zu streiten beginnt, was die Stimmung im Lande erneut schwer belasten würde.

Der Unterschied zur Prognose vom März: Eine Datenrevision der Statistik Austria für das Schlussquartal 2024 hat die Ausgangsbasis für 2025 erheblich verbessert. Und so konnten die Wirtschaftsforscher ihre Prognose anheben.

Mehr Mut

Das ändert freilich wenig an Österreichs Budget-, Inflations- und Pensionsproblem. Bis 2029 gibt es keine Anzeichen dafür, dass es gelingen sollte, das Budgetdefizit wieder unter die erlaubten drei Prozent zu bringen. Die Teuerung in Österreich liegt weiterhin klar über dem Durchschnitt der Eurozone. Das war auch in den vergangenen Jahren so.

Und das tatsächliche Pensionsantrittsalter ist noch immer zu niedrig, detto die Beschäftigungsquote Älterer. Die Experten werden deshalb nicht müde, Reformen einzumahnen. Bonin wünscht sich von der Regierung „mehr Mut zur eigenen Courage“.

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