Wifo-Chef: „Einen Notfallplan gibt es nicht“

„Der Abtritt Draghis kommt wahrlich zur Unzeit, denn die Probleme sind gigantisch“, sagt WIFO-Chef Gabriel Felbermayr zum KURIER. Italien habe nicht nur ein Schuldenproblem, es hänge für die Stromproduktion (ähnlich wie Österreich) massiv am Gas, das teuer importiert werden muss. Italien habe seit der Euroeinführung außerdem kaum Wirtschaftswachstum gezeigt. Felbermayr: „Scheinbar können die Italiener aber damit umgehen, denn trotz der politischen Turbulenzen sind massive soziale Unruhen bisher ausgeblieben.“
Neue Euro-Krise?
Eine populistische Regierung in Rom könnte nun die ganze Eurozone in Bedrängnis bringen, zum Beispiel wenn die Märkte das Vertrauen verlieren und ein Run auf italienische Anleihen einsetzt. Laut Felbermayr würde sich dann folgendes Szenario abspielen: „Dann hätten wir eine Neuauflage der Euroschuldenkrise, die auch andere Südländer mitreißen könnte. Europa müsste reagieren. Institutionell sind wir etwas weiter als 2012, aber einen Notfallplan gibt es nicht. Klar ist: Gerade jetzt wäre eine Euroschuldenkrise wirtschaftlich sehr schwer zu verkraften, auch in Deutschland oder Österreich.“ Das neue EZB-Hilfsprogramm für hoch verschuldete Länder, das sogenannte TPI, sei sicher ein Tanz auf des Messers Schneide, meint der Top-Ökonom.
Für Höchstgerichte
Das Reinvestieren von Anleihen mit Schwerpunkt Italien sei jedenfalls hochproblematisch; ob das wegen der von der EZB eigentlich verbotenen Staatsfinanzierung überhaupt rechtens ist, werden wieder einmal die Höchstgerichte klären müssen, sagt der WIFO-Chef und meint weiter: „Man kann das Instrument auch als Schutz gegen spekulative Attacken gegen Italien sehen und damit auch als Schutzschild gegen konjunkturelle Verwerfungen bei uns. Jedenfalls scheint es zu klappen. Seit Mitte Juni sind die Zinsen auf zehnjährige Staatsanleihen um mehr als einen Prozentpunkt von 4,2 auf 3,0 Prozent gefallen.“miba
Kommentare