Lagarde hält Kurs: Wie es an der Zinsfront weitergehen könnte
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Angesichts der Konjunkturflaute dreht die Europäische Zentralbank (EZB) weiter am Zinsrad. Der EZB-Rat beschloss am Donnerstag wie erwartet, den am Finanzmarkt maßgeblichen Einlagensatz von 3,00 auf 2,75 Prozent zu drücken. Diesen bekommen Geldinstitute, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken. Es ist bereits die fünfte Zinssenkung, seit die Währungshüter um Notenbankchefin Christine Lagarde im Juni die Zinswende eingeleitet haben.
Die US-Notenbank Fed hatte am Mittwoch gut eine Woche nach dem Amtsantritt von Präsident Donald Trump eine Pause eingelegt. Der weitere Kurs der Fed ist offen. In der Euro-Zone rechnen die Finanzmärkte mit einer Fortsetzung des Zinsstakkatos. Die EZB erklärte zu ihrem künftigen Kurs, diesen von der Entwicklung der Konjunkturdaten abhängig zu machen. „Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest“, hieß es.
Die nächste Zinsentscheidung steht Anfang März in Frankfurt an. Der EZB macht vor allem die unsichere konjunkturelle Lage im Euroraum zu schaffen. Die Notenbank rechnet nach den jüngsten Prognosen ihrer Volkswirte damit, dass sie ihr Inflationsziel von 2,0 Prozent im ersten Halbjahr nachhaltig erreichen wird. „Die Konjunktur dürfte auch in nächster Zeit schwach bleiben“, stellte EZB-Chefin Christine Lagarde am Donnerstag klar. Auch sei das Verbrauchervertrauen nach wie vor fragil, die Menschen würden lieber sparen als Geld ausgeben.
Wirtschaft tritt auf der Stelle
Dem EU-Statistikamt zufolge trat die Wirtschaft im Euroraum von Oktober bis Dezember auf der Stelle. Für das Gesamtjahr 2024 ergab sich ein Plus von 0,7 Prozent. Belastet hat vor allem die Dauerflaute in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland. Hier schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt sowohl im vierten Quartal als auch 2024 insgesamt um 0,2 Prozent. Ein großer Unsicherheitsfaktor für die EZB ist auch die künftige Zollpolitik von US-Präsident Trump. Höhere Zölle könnten zu Handelskonflikten führen, was die europäische Wirtschaft zusätzlich dämpfen und auch die Inflation nach oben treiben könnte.
Häuselbauer profitieren, aber weniger Zinsen für Sparer
Die erneute Senkung der Leitzinsen hat Folgen für Sparer. Bekommen Geschäftsbanken weniger Zinsen für bei der EZB geparkte Gelder, senken sie die Tages- und Festgeldzinsen für ihre Kundschaft.
Die EZB senkt nicht nur den Einlagenzins, sondern auch den Zins, zu dem sich Geschäftsbanken frisches Geld bei der EZB besorgen können: von 3,15 auf 2,9 Prozent. Niedrigere Leitzinsen stützen tendenziell die Wirtschaft: Kredite werden erschwinglicher, Firmen und Privatleute - etwa Hausbauer - kommen günstiger an Finanzierungen. So sind die Bauzinsen in den vergangenen Monaten etwas gefallen.
EZB hat mehr Spielraum
Ökonomen hatten mit der erneuten Zinssenkung der EZB gerechnet. Da die große Teuerungswelle im Euroraum vorbei ist, hat die Notenbank mehr Spielraum. Zudem macht ihr die schwache Konjunktur Sorgen. Für heuer sagt die Notenbank nur 1,1 Prozent Wirtschaftswachstum in der Eurozone voraus und für 2026 ein Plus von 1,4 Prozent.
Fed legte Zinspause ein
Die US-Notenbank Fed tastet den Leitzins in ihrer ersten Sitzung seit dem Wiedereinzug von Donald Trump ins Weiße Haus nicht an. Er liegt damit weiterhin auf hohem Niveau in der Spanne von 4,25 bis 4,5 Prozent, wie der Zentralbankrat in Washington mitteilte. Der Schritt war erwartet worden - und führte, wie ebenso erwartet, die Notenbank auf Kollisionskurs mit Trump. Dieser übte - als klarer Verfechter einer Niedrigzinspolitik - scharfe Kritik an der Notenbank.
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