Vor eineinhalb Jahren ist der Abriss von Gründerzeithäusern durch eine Novelle der Wiener Bauordnung deutlich erschwert worden. Nun ist es Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen, meint Markus Landerer, Vorstand der Initiative Denkmalschutz. Und sein Resümee fällt – grundsätzlich – positiv aus. „Wir sehen eine Beruhigung und eine Verbesserung“, sagt Landerer. Die Abbruchmeldungen, die im Verein eintrudeln, seien deutlich weniger geworden.
Die Stadt Wien selber halte sich aber nicht an ihre eigenen Regeln, bemängelt er. Statt mit gutem Beispiel voranzugehen, würden Gebäude vernachlässigt und bewusst verfallen gelassen, meint der Denkmalschützer. Er zählt einige Beispiele auf:
Der Pavillon VIII am Otto-Wagner-Areal am Steinhof würde seit Jahren verfallen. Mittlerweile wachse sogar ein Baum aus dem Gebäude. Auch die Kliniken im AKH in der Lazarettgasse befänden sich in einem immer schlechteren Zustand.
„Dabei gelten sie als erhaltungswürdig“, sagt Landerer. Es wurde bereits eine Petition ins Leben gerufen, um die Gebäude zu retten. Auch seien Fenster herausgerissen worden, damit die Bauten schneller kaputt werden.
Bröckelnder Verputz
Ähnliches soll es laut Landerer vom Krankenhaus Hietzing zu berichten geben. Seit mehr als zehn Jahren würde der Verputz von den Außenmauern bröckeln. Es soll bisher nichts unternommen worden sein, um die Schäden zu reparieren. Die Gebäude würden immer desolater wirken. Und das alles, obwohl es eine Erhaltungspflicht gibt, klagt Landerer. „Der Eigentümer hat dafür zu sorgen, dass die Bauwerke in gutem Zustand erhalten werden“, zitiert er den Paragrafen 129 der Bauordnung für Wien. „Dieser wird nicht eingehalten“, so Landerer. Die Stadt dürfe künftig nicht mehr wegschauen.
Seit Jahren kritisiert Landerer auch die Baupolizei, die er als Blackbox bezeichnet. Es gebe keinerlei Möglichkeiten, in Gutachten, die zu Abbrüchen führen, Einblick zu bekommen. „Die Gefahr der Willkür ist damit sehr groß“, sagt der Denkmalschützer.
Mehr Anreize
Um mehr Eigentümer zur Erhaltung ihrer Gründerzeithäuser zu motivieren, solle man weniger mit Verboten als mit Anreizen arbeiten. Ein Weg wäre es, steuerliche Möglichkeiten, wie Absetzbarkeit, anzubieten.
Allerdings sind auch die motivationsfördernden Bemühungen enden wollend. Die Mittel des Altstadterhaltungsfonds seien in den vergangenen Jahren durch Kürzungen inflationsbereinigt um 75 Prozent gesunken und lägen seit 2016 bei 2,26 Millionen Euro, sagt Landerer.
Seitens des für die Krankenhäuser zuständigen Stadtrats der Stadt Wien gab es auf Anfragen des KURIER bis Redaktionsschluss keine Antwort. Eine positive Meldung gibt es dafür für das Tröpferlbad in Währing, das einem Turnsaal für die benachbarte Schule weichen sollte. „Das Währinger Bad steht nach derzeitigen Bestimmungen der Stadt Wien unter besonderem Schutz und darf nicht abgerissen werden“, sagt eine Sprecherin der Bundesimmobiliengesellschaft.
Zulässig seien nur Umbauarbeiten im Inneren des Gebäudes. Das „Tröpferlbad“ werde also nicht dem Turnsaal weichen müssen. Was diesen benötigten Bewegungsraum betrifft, werde nun geprüft, ob ein Nachbargrundstück der Stadt Wien geeignet sei.
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