Was heißt eigentlich ..? Steuerreform

Was heißt eigentlich ..? Steuerreform
Ab 2016 bekommen die allermeisten Österreicher bei gleichem Bruttogehalt netto mehr ausbezahlt. Zur Finanzierung der Steuerreform allerdings müssen sie auf der anderen Seite tiefer in die Tasche greifen.

Mehr Netto vom Brutto". Mit diesem Slogan kämpften Gewerkschaften und Arbeiterkammer im vergangenen Jahr für eine Senkung der Steuerlast auf Gehälter und Löhne. Letztlich mit Erfolg: Die im Sommer 2015 beschlossene Steuerreform bringt den österreichischen Arbeitnehmern und Pensionisten bei gleichbleibendem Brutto-Einkommen mehr ins Geldbörsel. Aber auch Selbstständige und Unternehmen müssen Steuern entrichten.

Was heißt eigentlich ..? Steuerreform
Was versteht man eigentlich unter "Brutto" und "Netto"? Brutto bezeichnet die Summe inklusive aller Steuern und Abgaben. Nach Abzug dieser bleibt der Nettobetrag. Sinn und Zweck von Steuern ist die Finanzierung der staatlichen Aufgaben wie Bildung, Gesundheit, Sicherheit oder Infrastruktur.

Die ersten Steuern wurden schon von den Ägyptern im dritten Jahrtausend vor Christus bei ihren Untertanen eingehoben. Historisch überliefert ist etwa der sogenannte Nilzoll, eine Art Mautgebühr. Während der französischen Revolution wurde das Prinzip der Allgemeinheit und Gleichmäßigkeit der Besteuerung als Menschenrecht verkündet und England führte als erster Staat Ende des 18. Jahrhunderts die Einkommensteuer zur Besteuerung der Vermögenssteigerung ein.

Und so entsteht beispielsweise mit der kommenden Steuerreform mehr Netto vom Brutto in Ihrer Geldbörse:

Senkung der Steuertarife Die Einkommensteuertarife werden von sechs auf drei halbiert. Das Wesentliche für Ihr Nettoeinkommen: Der so genannte Eingangssteuersatz, der ab 11.000 Euro Jahreseinkommen fällig wird, sinkt von derzeit 36,5 auf 25 Prozent (siehe Grafik unten). Wichtig für die Besserverdiener: Der Höchststeuersatz von 50 Prozent kommt erst ab einer Jahresgage von 90.000 Euro zum Tragen. Derzeit muss man bereits ab einem jährlichen Einkommen von 60.000 Euro 50 Prozent an den Finanzminister abliefern.

Höhere Negativsteuer Wer auf Grund seines niedrigen Einkommens ohnehin keine Steuer zahlen muss, hat von der besten Steuerreform nichts. Außer es gibt so genannte Negativsteuern. Dabei bekommen die Bezieher niedrigster Einkommen bei der Arbeitnehmerveranlagung Gutschriften auf ihre Sozialversicherungsbeiträge. Der Erstattungsbetrag beträgt maximal 400 Euro jährlich. Wer gleichzeitig Anspruch auf eine Pendlerpauschale hat, bekommt bis zu 500 Euro erstattet. Die Rückzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen steht auch Pensionisten zu, für sie beträgt der Höchstbetrag 110 Euro im Jahr.

Höhere Absetzbeträge Der Arbeitnehmerabsetzbetrag und der Verkehrsabsetzbetrag werden zusammengelegt. Der neue Verkehrsabsetzbetrag macht 400 Euro aus, ist also um rund 50 Euro höher als die beiden Absetzbeträge zusammen.

Höherer Freibetrag Zusätzlich mehr Netto im Geldbörsel bringen Kinder. Der Kinderfreibetrag – der von der Steuerbemessungsgrundlage abgezogen wird – wird verdoppelt und macht 440 Euro im Jahr aus, wenn er von einem Elternteil geltend gemacht wird. Wird der Freibetrag von zwei Steuerpflichtigen für dasselbe Kind beansprucht, kann jeder künftig 300 Euro pro Jahr von der Steuer absetzen.

Mitarbeiter-Rabatte Mitarbeiter, denen von ihrem Arbeitgeber Rabatte beim Bezug von Produkten oder Leistungen des Unternehmens eingeräumt werden, können diese "geldwerte Leistung" künftig teilweise steuerfrei genießen. Bis zu einem Rabatt von 20 Prozent fordert der Fiskus dafür keine Lohnsteuer. Voraussetzung für diese Freigrenze ist allerdings, dass der Rabatt allen Mitarbeitern und nicht nur einem Teil der Belegschaft gewährt wird. Übersteigt der Rabatt die 20-Prozent-Grenze, gilt diese Freigrenze nicht mehr. In diesem Fall sind Mitarbeiterrabatte mit einem Gesamtbetrag von 1000 Euro jährlich pro Mitarbeiter steuerfrei.

Zur Finanzierung der Steuerreform braucht der Finanzminister aber auch neue Einnahmen. Einen kleinen Teil holt er sich dabei auch über die Lohnsteuer, daher bleibt manchmal auch weniger Netto übrig. So trifft der neue, auf fünf Jahre befristete Höchststeuersatz nur eine kleine Gruppe. Der Ertrag für den Fiskus dürfte im Verhältnis zur Größe der Gruppe dennoch beachtlich sein. Denn für Top-Gagen ab einer Million Euro jährlich verlangt der Fiskus künftig 55 Prozent.

Gegenfinanzierung

Von einer weiteren – ebenfalls recht ertragreichen – Gegenfinanzierung der Steuerreform dagegen sind alle betroffen. Ab nächstem Jahr müssen die Konsumenten für einige Waren oder Leistungen eine höhere Mehrwertsteuer berappen.

13 Prozent Mehrwertsteuer Konkret wird die Umsatzsteuer für einen Teil aus der bisherigen Warengruppe mit dem ermäßigten Steuersatz von 10 Prozent auf 13 Prozent erhöht. Ab 1. Mai muss man etwa für Theater- und Kinokarten mehr auf den Tisch blättern. Der Besuch auf dem Sportplatz dagegen wird billiger: Für Eintrittskarten zu Sportveranstaltungen wird die Mehrwertsteuer von 20 auf 13 Prozent gesenkt.

Auch für Pflanzen und Holz gilt ab 2016 der höhere Steuersatz. Unter Holz fallen etwa auch Pellets für die Heizung. Da können 3 Prozentpunkte mehr bei der Steuer ordentlich ins Geld gehen. Und: Zur Kategorie Pflanzen zählen auch Blumen. Der Blumenstrauß zum Muttertag oder für die Angebetete wird jedenfalls teuer.

Tiefer in die Tasche greifen muss man ab Mai 2016 auch für den Urlaub in Österreich, der ermäßigte Steuersatz für die Beherbergung steigt ebenfalls auf 13 Prozent. Kleiner Lichtblick: Für das Frühstück im Hotel fallen weiterhin nur 10 Prozent Mehrwertsteuer an.

Was heißt eigentlich ..? Steuerreform

Höhere Kapitalertragssteuer Auch wenn durch die Steuerreform netto mehr übrig bleibt – Anleger werden vielleicht in Summe weniger verdienen. Denn die Kapitalertragsteuer wird – ausgenommen Sparbücher und Guthaben auf Girokonten – von 25 auf 27,5 Prozent erhöht. Wenn das Unternehmen, dessen Aktien Sie gekauft haben, 2016 eine gleich hohe Dividende zahlt wie 2015, bleibt Ihnen unterm Strich davon weniger übrig.

Grunderwerbssteuer Tief in die Tasche greift Ihnen der Finanzminister, wenn Sie erben oder von Ihren Eltern ein Grundstück geschenkt bekommen. Zwar gibt es keine Erbschafts- und Schenkungssteuer. Aber beim „unentgeltlichen Erwerb“ wird die Grunderwerbssteuer – auch innerhalb der Familie – künftig vom Verkehrswert und nicht mehr vom dreifachen Einheitswert berechnet. Diese beträgt zwar für die ersten 250.000 Euro „nur “ 0,5 Prozent, macht aber in jedem Fall deutlich mehr aus als bisher. Für die nächsten 150.000 Euro des Wertes der Immobilie fallen zwei Prozent Steuer an, für Beträge darüber 3,5 Prozent.

Immobilienertragsteuer Der Ertrag aus dem Verkauf von Immobilien wird ab 2016 mit 30 Prozent statt wie bisher mit 25 Prozent besteuert.

Die Freude über die nächste Gehaltserhöhung könnte bei vielen Arbeitnehmern relativ kurz andauern. Denn durch das progressive System bei der Einkommensteuer in Österreich – wer mehr verdient, muss auch mehr an den Finanzminister abliefern – droht die Gefahr, dass die so genannte kalte Progression das höhere Salär bald wieder auffrisst.

Diese schleichende Steuererhöhung entsteht aus dem Zusammenspiel von Inflation und Steuersystem. Die Gewerkschaften fordern in den Lohnverhandlungen zumindest eine Erhöhung im Ausmaß der Inflationsrate. Damit soll die Kaufkraft des Einkommens zumindest gleich gehalten werden.

Steigen die Löhne um die Inflationsrate, fallen auch mehr Steuern an. In vielen Fällen sogar überproportional viel, weil man mit der Lohnerhöhung in die nächste Steuerstufe hochgerutscht ist. Und für das zusätzliche Einkommen etwa 38 statt wie bisher 25 Prozent Steuern zahlen muss. Dadurch steigt nur die Steuerlast, aber nicht die Kaufkraft.
Die Einnahmen des Finanzministers steigen durch die kalte Progression kräftig: Die jährlichen Zusatzeinnahmen durch die kalte Progression machen derzeit rund 400 Millionen Euro aus.

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