Warum die Börsen häufig überreagieren

Ein Händler am Parket der New York Stock Exchange (NYSE) in New York City
Von der Euphorie des Rekordhochs nahtlos in den Panikmodus. Ein Rückblick auf zwei turbulente Börsewochen.

Wann der Schock die Händler erfasst hat, lässt sich nachträglich gut bestimmen: Am Donnerstag, 20. Februar, um 10.40 Uhr begann jene Talfahrt, die seither die Aktienwerte um 14 Prozent (Dow Jones) bzw. 19 Prozent (Wiener ATX-Index) in den Keller rasseln ließ.

Wie es dazu kam? Kurz davor hatten die US-Indizes Rekordhochs gefeiert. Corona bereitete zwar einigen Bedenken, schien aber auf China und Asien begrenzt zu bleiben. Die Kurse stiegen weiter. Auch in Europa standen Mitte Februar alle Zeichen auf Erholung: Die Schwäche zu Jahresende schien überwunden, die Firmen waren zuversichtlich.

Die Wende

Bis zu besagtem Donnerstag. Da wurde vielen schlagartig bewusst, dass die globale Ausbreitung der Epidemie doch nicht mehr zu stoppen sein wird. Und der Schaden größer ist als gedacht. Wenn Börsianer etwas gar nicht lieben, dann solche Überraschungen.

Viele verkauften rasch, um die Gewinne der Vorwochen einzustecken. Eine verständliche Reaktion jedes Einzelnen, in Summe aber fatal. Denn das leitet unweigerlich eine Abwärtsspirale ein. Coronafälle in Südkorea, in Iran, in Italien: Mit einem Mal werden nur noch die negativen Schlagzeilen registriert, alles Positive ausgeblendet. Panik macht sich breit.

Motto: Risiko raus

Flucht aus dem Risiko nennen das die Experten: Aktien und Schuldtitel gefährdeter Firmen werden verkauft, dafür Anleihen solider Staaten gekauft. USA, Deutschland und Österreich profitieren, weil sie weniger Zinsen für ihre Staatsschulden bezahlen. Gefragt sind krisenfeste Währungen wie Schweizer Franken. Oder Gold: Das Edelmetall erreichte am Freitag ein Sieben-Jahres-Hoch.

Wie lange das so weitergeht? Erst wenn die Welle negativer Nachrichten abreißt und abschätzbar wird, wie groß der Schaden tatsächlich ist, werden sich die Märkte nachhaltig erholen, erwartet Ingrid Szeiler, Anlagechefin der Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft. Bis dahin werden die Kurse weiterhin schwanken.

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