Währungsfonds: Coronavirus ist ein globales Problem geworden

Kristalina Georgieva (IWF), David Malpass (Weltbank)
Jedes Dritte der 189 IWF-Mitgliedsländer direkt betroffen. Georgieva: "Wir bewegen uns in Richtung der schlimmeren Szenarios".

Der Ausbruch des Coronavirus sei eine "ernsthafte Bedrohung für die Menschen und für die Weltwirtschaft", sagte Kristalina Georgieva, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), am Mittwochnachmittag. In einer Pressekonferenz mit Weltbank-Präsident David Malpass informierte die Bulgarin die Öffentlichkeit über Vorkehrungen, mit denen sich die globale "Finanzfeuerwehr" rüstet.

Wie sich die Epidemie tatsächlich auf die Wirtschaft niederschlagen werde, wagt der IWF noch nicht vorherzusagen. Es sei zu früh, das Ausmaß der Epidemie und die ökonomischen Folgen abzuschätzen. Klar sei, dass das globale Wirtschaftswachstum 2020 geringer als im Vorjahr ausfallen wird. Und auch 2019 sei schon sehr schwach ausgefallen, erinnerte Malpass.

Das bekämen insbesondere die ärmeren Entwicklungsländer und Schwellenländer zu spüren. Ihnen gilt auch die Hauptsorge.

Hilfe für die ärmsten Länder

Der IWF will in den nächsten Wochen neue Prognosen vorlegen. Mittlerweile stehe fest, dass die ursprüngliche Annahme, dass die Krankheit auf China und einige wenige asiatische Länder beschränkt bleibt und dort eingedämmt werden kann, nicht mehr zu halten ist. "Das ist nicht mehr ein regionales Thema, sondern ein globales Problem. Wir bewegen uns in Richtung der schlimmeren (more dire, Anm.) Szenarios", so Georgieva. Mittlerweile sei ein Drittel der 189 IWF-Mitgliedsländer direkt von Krankheitsfällen betroffen.

Laut Georgieva geht nur ein Drittel der Folgekosten und wirtschaftlichen Ausfälle direkt auf die Erkrankungen zurück, etwa durch Krankenstände oder gar Todesfälle oder durch die Eindämmungsmaßnahmen.

Währungsfonds: Coronavirus ist ein globales Problem geworden

Großes Problem ist Unsicherheit

Der größere Teil, ganze zwei Drittel, beruhe auf der "Unsicherheit": Diese drücke sich aus in mehr Zurückhaltung der Konsumenten, geringere Zukunftsinvestionen der Unternehmen sowie einer knapperen Kreditverfügbarkeit. "Momentan kämpfen wir mit dieser Unsicherheit", räumte Georgieva ein, die allerdings das Finanzsystem besser gerüstet sieht als vor der Krise von 2008/2009.

Der IWF befürchtet eine Kreditverknappung, die einzelne anfällige Länder in Schwierigkeiten bringen könnte. Noch sei es nicht so weit, aber Wachsamkeit sei angebracht, so die Währungsfonds-Chefin: "Eine Lehre war: Besser, man tut zu viel als zu wenig."

Es gebe aber auch positive Neuigkeiten. So sei es erfreulich, dass in China mittlerweile 60 Prozent der Produktionskapazitäten wieder ihre Arbeit aufgenommen hätten. In den nächsten Wochen würden 90 bis 100 Prozent des normalen Zustandes erreicht werden, sagte Georgieva unter Berufung auf chinesische Behörden.

Zwölf Länder haben Hilfe erbeten

Laut Weltbank-Präsident David Malpass haben bisher zwölf Länder um finanzielle Unterstützung angefragt. Welche das waren, sagte er nicht. IWF und Weltbank wollen ihre Hilfen vorrangig jenen Ländern zur Verfügung stellen, auf die vier Kriterien zutreffen:

  • kein gut ausgebautes Gesundheitssystem
  • eine Wirtschaft, die besonders unter dem Einbruch der Rohstoffpreise leidet
  • Länder, die verwundbar sind, weil negative Auswirkungen aus anderen Ländern überschwappen
  • und solche, die wenige eigene finanzielle Resourcen haben

Rasche und flexible Kredite

Georgieva erinnerte, dass der IWF bis zu maximal einer Billion US-Dollar an Krediten vergeben könne. Dazu gebe es noch einen Notfalltopf für die ärmeren Staaten im Ausmaß von 50 Milliarden Dollar, der ohne langwieriges IWF-Programm angezapft werden kann.

Ein weiterer Katastrophenfonds, in dem derzeit 200 Millionen Dollar stecken, soll aufgestockt werden. Für die ärmsten Länder gebe es Entlastungsmaßnahmen wie Nullzinskredite im Ausmaß von bis zu 10 Milliarden Dollar.

Medizinische Ausrüstung

Die Weltbank hatte bereits am Dienstag angekündigt, 12 Milliarden US-Dollar für hilfsbedürftige Länder "rasch und flexibel" zur Verfügung zu stellen. Dieses Geld könne beispielsweise dazu verwendet werden, Expertenhilfe anzufordern, Laboratorien einzurichten, Handschuhe, Masken und Schutzanzüge anzuschaffen oder Behandlungsräume sowie Quarantänestationen zu errichten.

Weitere 6 Milliarden Dollar würden von den privaten Finanzorganisationen der Weltbank-Gruppe zur Verfügung gestellt, um Unternehmen dringend benötigte kurzfristige Finanzmittel, etwa zur Handelsfinanzierung, sicherzustellen. Das soll dem Ausfall von Lieferketten vorbeugen.

Kommentare