Waagner Biro will Umsatz verdoppeln

Eine goldene, wellenförmige Struktur im Innenhof des Louvre in Paris.
Heimisches Traditionsunternehmen hofft auf Infrastruktur-Aufträge im Nahen Osten

Thomas Jost, Chef und 25-Prozent-Eigentümer des Traditionsunternehmens Waagner Biro, hat ehrgeizige Ziele: Der heimische Brücken-, Stahl- und Bühnenbauer soll den Umsatz trotz des schwachen konjunkturellen Umfeldes bis 2023 verdoppeln. In Zahlen: Von 250 Millionen Euro (2014) auf rund 500 Millionen.

Umsetzen will Jost die Wachstumspläne möglichst ohne Zukäufe: "Ich glaube, dass das mit unseren derzeitigen Kompetenzen möglich ist. Das Marktvolumen in den einzelnen Sparten ist groß genug." Dazu komme, dass die Gruppe auch geografisch gut aufgestellt sei. Neben dem Hauptmarkt Europa ist die Sparte Brückenbau vor allem in Asien stark. Der Bereich Stahlbau hat in den vergangenen Jahren spektakuläre Gebäude-Fassaden im Nahen Osten, aber auch die Außenhülle des Flughafens in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku konstruiert.

Marktvolumen bedeutet allerdings noch nicht, dass es auch genügend Aufträge gibt. Vor allem in Europa, wo Waagner Biro im Vorjahr rund 40 Prozent des Umsatzes erzielte, sind die Investoren zurückhaltend.

Hochwasserschutz

Aber nicht überall. Jost: "In England, speziell in London, gibt es eine Art Sonderkonjunktur." Mit der England-Tochter Qualter Hall hofft Jost, künftig auch stärker ins Geschäft mit Hochwasserschutz zu kommen. Etwa mit Wehranlagen, die bei Springfluten den Rückstau und Überschwemmungen etwa entlang der Themse verhindern. Dass die Wiener Brückenbauer auch auf diesem Gebiet firm sind, zeigt der Auftrag für die größte Hubbrücke in Europa. Um 50 Millionen Euro baut Waagner Biro derzeit die Antriebe für die Brücke über der Einfahrt zum Hochseehafen von Rotterdam. Jost: "Da geht es darum, zwei Brückenfelder, das jedes fast 500.000 Tonnen wiegt, in 90 Sekunden mehr als 30 Meter hoch zu heben." Dieses Know-how soll in den nächsten Jahren verstärkt Aufträge für die Nutzung von Wasserstraßen und Häfen in die Bücher bringen.

Ein Mann im Anzug gestikuliert mit der Hand.
Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden der Waagner-Biro AG Thomas Jost am 05.05.2015 in Wien.
Auch vom Trend zu sogenannten "Green Buildings" (energieautarke bzw. Energie erzeugende Gebäudehüllen, Anm.) will Jost profitieren: "Wir glauben, dass wir mit der Kombination aus Stahl und Glas dieses Thema viel besser im Griff haben als der klassische Betonbau. Vor allem im engen städtischen Bereich."

Hoffen auf Nahost

Nach wie vor ein guter Markt ist der Nahe Osten. Auch wenn es wegen des sinkenden Ölpreises deutlich weniger Prestige-Projekte als in der Vergangenheit gibt und fertig geplante Projekte jahrelang aufgeschoben werden. So etwa wurde von vier geplanten Museen unter dem Namen Louvre Abu Dhabi im Gesamtvolumen von 4 bis 5 Milliarden Dollar bisher nur eines tatsächlich gebaut, die anderen sind noch nicht ausgeschrieben. Waagner Biro hat aber mit dem Bau des Kuppeldaches – den das Unternehmen nicht zuletzt wegen des Baus "Fliegenden Teppichs" im Pariser Louvre über der neuen Abteilung für Islamische Kunst an Land ziehen konnte – den Fuß für weitere Aufträge in der Tür.

Weitere Impulse erhofft sich Jost im Vorfeld der Großevents im Arabischen Raum (2020 Expo in Dubai, 2022 Fußball-WM in Katar). Beim Bau von verschließbaren Stadiondächern oder Beschattungssystemen habe die Waagner Biro etliche Referenzen. Auch beim Bau der nötigen Infrastruktur winken Aufträge wie etwa spezielle U-Bahn-Stationen.

Zur Person: Thomas Jost

Karriere Der 1971 in Wien geborene HTL-Techniker und Jurist startete seine berufliche Laufbahn als Steuer- und Rechtsberater, unter anderem arbeitete er mehrere Jahre für die Waagner Biro. Im März 2012 wurde er in den Vorstand der Liaunig Industrieholding berufen, die mit rund 36 Prozent größter Aktionär der Waagner Biro ist. Im September 2013 übernahm Jost 25 Prozent der Anteile und wurde damit zweitgrößter Aktionär. Seither ist er auch Vorstandsvorsitzender der Waagner Biro AG. Jost ist verheiratet und hat einen Sohn.

Unternehmen Die seit 160 Jahren bestehende Waagner Biro ist in den Sparten Stahl/Glastechnik, Brückenbau und Bühnentechnik tätig. Die britische Tochter Qualter Hall baut Spezialmaschinen für den Bergbau und Schleusensysteme. 2014 setzte Waagner Biro mit 1350 Mitarbeitern (rund 300 in Österreich) 250,2 Millionen Euro um. Der Gewinn vor Steuern betrug 11,8 Millionen Euro, die Dividende 5,8 Millionen.

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