VfGH: Zinslos gestundete Kredite waren verfassungskonform
Wegen der in der Coronazeit gesetzlich gestundeten Kredite, für die Banken keine Zinsen verlangen dürfen, sind mehr als 400 österreichische Banken vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) gezogen. Heute bekamen die Geldhäuser die Entscheidung zugestellt: Nach Ansicht des VfGH war das zinsenlose Kreditmoratorium im Jahr 2020 verfassungskonform, der eingebrachte Antrag wurde somit abgelehnt. Das geht aus einer Pressemitteilung des VfGH hervor.
Auslöser war Urteil gegen die BAWAG
Auslöser für den Antrag der Banken, dem sich 403 Institute angeschlossen hatten, war ein Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) gegen die BAWAG Ende 2021, aus dem hervorging, dass für die Zeit der gesetzlichen Kreditmoratorien - vom 1. April 2020 bis 31. Jänner 2021 - nicht nur keine Verzugszinsen, sondern auch keine Sollzinsen, also normale Vertragszinsen, verrechnet werden dürfen. Im 2. Covid-19-Justiz-Begleitgesetz, in dem Sonderregeln zur Entlastung von der Pandemie betroffenen Verbraucherinnen und Verbrauchern geschaffen wurden, war das nicht klar geregelt.
Die Banken hatten argumentiert, dass das aber einen Eingriff in ihr Eigentum und einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz darstelle. Denn verglichen mit Vermietern, die nach einer dreimonatigen Stundungsperiode ihre Mieten inklusive Zinsen wieder zurückfordern durften, fielen die Banken um ihre Erträge aus den Krediten, nämlich die Zinsen, für zehn Monate um.
Nach Ansicht des VfGH liegt die angefochtene Regelung jedoch im öffentlichen Interesse. Sie verschaffte den begünstigten Kreditnehmern Zeit, Mittel für die Rückzahlung bereitzustellen. Die Banken waren auch nur unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, das Moratorium zu gewähren. Die mündliche Verhandlung vor dem VfGH habe aber ergeben, dass die meisten Kreditinstitute gar nicht überprüft hatten, ob diese Voraussetzungen im Einzelfall vorlagen. Auch ohne das gesetzliche Moratorium sei es fraglich gewesen, ob die erfassten Kreditnehmer ihre Verpflichtungen aus den Kreditverträgen erfüllen können. "Diese Gesichtspunkte können den Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum relativieren", heißt es in der Mitteilung.
Moratorium kam nur bei geringem Teil der zum Tragen
Laut Angaben der Banken kam das Moratorium nur bei einem geringen Teil der Kreditverträge - nämlich 4 bis 5 Prozent - zum Tragen. 93 Prozent der Kreditverträge seien vertragsmäßig zurückgeführt worden, mit dem Rest habe man eine individuelle Einigung getroffen. Einer groben Schätzung zufolge habe sich für die Kreditwirtschaft aus dem Moratorium ein Verlust an Zinseinnahmen in Höhe von rund 100 Mio. Euro ergeben, hatte ein Vertreter der Banken bei der mündlichen Verhandlung Ende September ausgeführt.
Der VfGH sieht einen weiteren Grund dafür, der rechtfertigt, dass die Banken die Kosten für das zinsenlose Moratorium tragen müssen: Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte zahlreiche geldpolitische und auch bankaufsichtsrechtliche Maßnahmen gesetzt, um die Folgen der Corona-Pandemie für die Kreditinstitute zu mildern. Vor diesem Hintergrund sei es somit sachlich gerechtfertigt, die Kosten des Kreditmoratoriums den Kreditinstituten aufzuerlegen.
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