„Verbot von Plastiksackerln und Strohhalmen ist Symbolpolitik“

„Verbot von Plastiksackerln und Strohhalmen ist Symbolpolitik“
Plastik- durch Papiersackerl zu ersetzen ist sinnlos, sagt die Industrie. Stimmt, aber Vermeidung wäre noch besser, sagen Umweltschützer.

In die Debatte rund um das Plastiksackerlverbot schaltet sich jetzt auch die Interessensvertretung der chemischen Industrie ein. Für sie läuft die aktuelle Diskussion an den Fakten vorbei. „Das Plastiksackerlverbot ist Symbolpolitik“, sagt Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des Fachverbands der chemischen Industrie Österreichs (FCIÖ).

Es werde so getan, als könne die Welt damit gerettet werden, dabei habe ein Plastiksackerl einen besseren ökologischen Abdruck als ein Papiersackerl. „Das Plastiksackerl verwende ich zigmal, das Papiersackerl in der Regel nur ein Mal“, meint Hofinger. Deshalb spreche der Energie- und Wasserverbrauch für die Variante aus Plastik. „Ein Verbot wäre nicht sachlich. Ich würde mir wünschen, dass vor solchen Maßnahmen künftig die Ökobilanz angeschaut wird.“

Nicht kompostierbar

Die kompostierbaren Plastiksackerln, wie sie in manchen Supermärkten angeboten werden, funktionieren laut Hofinger maximal als Marketinginstrument. Diese seien nur unter industriellen Bedingungen und unter hohen Temperaturen biologisch abbaubar. In den Biomüll dürften sie nicht geworfen werden, da müsste man sie in mühsamer Kleinarbeit wieder herausklauben. Im Endeffekt werden sie wie herkömmliche Plastiksackerln in Müllverbrennungsanlagen verbrannt – und das, obwohl sie mit hohem Ressourcen- und Energieeinsatz hergestellt werden, so Hofinger.

Ebenfalls als Symbolpolitik bezeichnet Hofinger das geplante Verbot von Wattestäbchen, Strohhalmen und Luftballonen. „Viel besser wäre ein flächendeckendes Deponierverbot für Kunststoff in der EU gewesen.“ Ein solches gebe es nämlich noch immer nicht. Generell sei eine Verteufelung von Plastik nicht sinnvoll. Richtig eingesetzt würde es helfen, Ressourcen zu sparen. So habe ein Steak einen 200-fach größeren Fußabdruck als die Kunststoffverpackung, in der es verkauft werde. Ohne Verpackung würden jedoch wesentlich mehr Steaks verderben. „Es ist nicht sinnvoll, bei der Verpackung zu sparen und dafür Lebensmittel wegzuschmeißen“, sagt Hofinger. Man müsse allerdings von Produkt zu Produkt prüfen, wo Plastik sinnvoll ist und wo nicht.

Kritiker wundern sich

Um die Recyclingziele der EU für 2025 zu erreichen, muss Österreich seine Kunststoffrate um rund 50 Prozent erhöhen. Derzeit liegt sie bei 34 Prozent, geplant sind 50 Prozent. Der FCIÖ hat dafür ein Zehn-Punkte-Paket vorgelegt, wie das funktionieren könnte. Dazu zählt u. a. ein für Recycling besser geeignetes Produktdesign, Mehrwegprodukte und die Sensibilisierung der Konsumenten.

Dass Hofinger von Symbolpolitik spricht, wundert Greenpeace-Sprecher Lukas Hammer. Bei Untersuchungen an Europas Stränden habe sich gezeigt, dass Dinge wie Wattestäbchen am häufigsten angeschwemmt werden. Diese würden sich nicht in Luft, sondern in kleine Teilchen auflösen und so in den Ökokreislauf gelangen.

Bei den Plastiksackerln stimmt er Hofinger teilweise zu: Ökologisch sei es nicht sinnvoll, Plastik gegen andere Materialien zu ersetzen. Wichtig wäre aber eine Verringerung der Menge. „Es sind in Österreich jährlich 750 Millionen Plastiksackerln im Umlauf. Das ist eine enorme und unnötige Menge“, meint Hammer. Besser wären Alternativen wie Körbe oder wiederverwendbare Taschen. Die Recyclingrate von Plastikverpackungen liege zwar bei 34 Prozent, tatsächlich zu Granulat verarbeitet würden aber nur 26 Prozent. Aus ökologischer Sicht wäre eine Vermeidung sinnvoller – doch das liege nicht im Interesse der Industrie.

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