US-Autozölle: Nulltarif wäre Verstoß gegen EU- und WTO-Recht

Tausende VW-Autos müssen zwischengelagert werden
Hohe Hürden für das "unmoralische" Angebot von US-Botschafter Richard Grenell an die deutsche Autoindustrie.

Die Autoindustrie und Börsianer schöpften am Donnerstag kurzfristig Hoffnung, dass sich die fatalen Autoimport-Zölle von 20 Prozent, die US-Präsident Donald angedroht hatte, doch noch vermeiden lassen.

Anlass für den Optimismus war ein Gespräch, das der US-Botschafter in Berlin, Richard , laut Handelsblatt mit Managern der Autoindustrie geführt hatte. Der neu bestellte Diplomat habe vorgeschlagen, man könnte doch zwischen den USA und Deutschland ganz auf Autoimportzölle verzichten. Das wurde dankbar aufgegriffen: Die BMW-Aktie lag 2 Prozent im Plus, Daimler und VW legten um jeweils rund 2,6 Prozent zu.

 

US-Autozölle: Nulltarif wäre Verstoß gegen EU- und WTO-Recht

Wenig diplomatisch: Grenell sorgte mehrfach für Furore. Dem ultrarechten US-Portal Breitbart sagte er, er wolle konservative Kräfte in Europa stärken

Das Problem dabei: Der Vorschlag mag bestechend simpel und einleuchtend klingen, er hat aber zwei gravierende Haken. Erstens: Die Kompetenz für Handelsdeals und Zölle liegt nicht in Berlin, sondern in Brüssel. Das ist eindeutig eine EU-Angelegenheit, die nur von der Kommission im Auftrag aller 28 Länder verhandelt werden könnte.

Nulltarif für 162 Länder

Zweites Problem: Nach den Regeln der Welthandelsorganisation WTO dürfen zwei Länder untereinander nicht eigenmächtig Zollsenkungen für einzelne Produkte oder Wirtschaftsbereiche vereinbaren – es sei denn, sie schließen ein umfassendes Handelsabkommen ab (wie es das von Trump stornierte TTIP gewesen wäre). Andernfalls müssten die vereinbarten Zollsenkungen automatisch auch für alle anderen 162 WTO-Mitgliedsländer gelten.

Diese Vorschrift, die sogenannte Meistbegünstigungsklausel (Most Favored Nation), ist nicht etwa eine WTO-Randnotiz: Das ist in Artikel eins des Güter-Abkommens GATT festgelegt. Exakt wegen dieser Ungleichbehandlung haben die EU, China, Indien, Kanada, Mexiko und Norwegen die USA gerade bei der WTO angezeigt. Die Trump-Regierung hatte nämlich einzelne Staaten wie Australien von den Alu- und Stahlzöllen ausgenommen.

Der Nulltarif hat deshalb wenig Chancen, realisiert zu werden. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass alle 28 EU-Staaten ihre Märkte komplett für Autos aus aller Herren Länder öffnen. Im kürzlich finalisierten Abkommen mit Japan (JEFTA) ist zum Beispiel vorgesehen, dass die EU ihre Autoeinfuhrzölle für japanische Marken wie Toyota oder Honda von derzeit 10 auf 0 Prozent senkt - allerdings mit einer Übergangszeit von acht Jahren.

„USA wird verlieren“

Die Entscheidung, ob Autoimporte in die USA künftig um 20 Prozent teurer werden, soll Ende Juli fallen. Die Rechtsgrundlage wäre so wie bei Stahl und Alu abermals eine angebliche Gefährdung der nationalen Sicherheit. Dieses Argument wird von Jennifer Hillman, Rechtsexpertin der Georgetown Universität und bis 2011 selbst WTO-Richterin, in der Luft zerpflückt.

„Haben die USA legal gehandelt? Nein, absolut nicht, nie und nimmer“, sagte sie jüngst bei einer Podiumsdiskussion. Weder seien die USA übermäßig von Stahlimporten abhängig, noch gehe von Partnern wie EU oder Kanada im Kriegsfall eine Gefahr aus. Die USA vermischten zudem unzulässigerweise nationale und wirtschaftliche Sicherheit. Hillman ist fest überzeugt, dass die klagenden Staaten von der WTO Recht erhalten und die USA verlieren: „Die Wahrscheinlichkeit ist 100 Prozent.“

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