Umstrittene Postenbesetzung bei der Wiener Zeitung

Wiener Zeitung ist dem Bundeskanzleramt unterstellt, 2013 war Werner Faymann Kanzler
Im Prozess um die Umfärbung der Geschäftsführung tauchte ein bemerkenswertes Telefonprotokoll auf.

Seit fünf Jahren kämpft der ehemalige Geschäftsführer der staatlichen Wiener Zeitung, Karl Schiessl, gegen seinen Abgang. Die Gleichbehandlungskommission attestierte dem ehemaligen ÖVP-Manager, dass er „auf Grund der Weltanschauung“ bei der Neu-Ausschreibung des Postens 2013 diskriminiert wurde. Auf österreichisch: Er hatte das falsche Parteibuch.

Schiessl leitete das Medienunternehmen der Republik 15 Jahre lang, sein Vertrag war ausgelaufen. Nachfolger wurde Wolfgang Riedler, Beamter und ehemaliger Chef der Grazer SPÖ. Die Wiener Zeitung (WZ) ist politisch Chefsache, der Bundeskanzler hieß Werner Faymann.

Telefonprotokoll

Vor dem Arbeitsgericht klagte Schiessl knapp 600.000 Euro ein. Bei der letzten Verhandlung legte er nun ein handschriftliches Telefonprotokoll vor, mit dem sich das Gericht noch länger beschäftigen wird.

Verfasser des Protokolls ist ein Manager des Verlages. Er notierte am 15. März 2013, 12 Uhr, in Stichworten sein Telefonat mit dem für die WZ zuständigen (und inzwischen pensionierten) Beamten im Bundeskanzleramt.

Angeführt sind die Namen einiger Bewerber samt Bemerkungen. Bei Riedler ist vermerkt „von Matzka !!! SPÖ, Graz“. Der inzwischen pensionierte SPÖ-nahe Manfred Matzka war der Chef der Präsidialsektion im Bundeskanzleramt, einer der einflussreichsten Beamten der Republik.

Weiters ist festgehalten, Matzka wolle, dass eine „Kommission“ entscheidet. Bei der Zusammensetzung der Kommission steht der Hinweis auf eine Personalberaterin: „Wentner, Matzka will Beeinflussbaren“.

Starker Tobak. Der Manager wird dazu befragt, beruft sich auf Erinnerungslücken. Er sei parteifrei und wolle nur in Ruhe arbeiten. Er wird auch zu einem Mail befragt, das er zwei Wochen später an Schiessl geschickt hatte und in dem wieder die Namen von Bewerbern angeführt sind. Sein Chef habe ihm das so diktiert, argumentiert der Manager. Wenn Schiessl ihm gesagt hätte, “ich soll ihm schreiben, ‚er hat den Längsten‘, dann hätte ich ihm das auch geschrieben“. Sagt einiges über die Unternehmenskultur in dem Verlag.

SPÖ-nahe Kommission

Tatsächlich entschied eine ausschließlich SPÖ-nahe Kommission, deren Mitglieder sowie die Personalberaterin machten später vor der Gleichbehandlungskommission keinen guten Eindruck. Matzka weist gegenüber dem KURIER den Vorwurf der parteipolitischen Postenbesetzung und eine Beeinflussbarkeit der Personalberater zurück, das sei „völliger Blödsinn“. Wentner habe wie zwei andere Berater einen Rahmenvertrag mit dem BKA gehabt. Bei Personalentscheidungen sei er immer für eine Kommission gewesen, was die Verfahren nicht vereinfacht habe.

Juristen spekulieren allerdings, Telefonprotokoll und Mail könnten Schiessl einen Vorteil verschafft haben, indem er im laufenden Bewerbungsverfahren an die Namen der nur dem Bundeskanzleramt bekannten Konkurrenten kam. Die Causa bleibt spannend.

Demnächst werden Kanzler Sebastian Kurz und sein Medienminister Gernot Blümel über die Zukunft der Wiener Zeitung entscheiden. Für die 1703 gegründete, älteste noch erscheinende Tageszeitung der Welt geht es ums Überleben. Im Regierungsprogramm ist die Streichung der Pflichtveröffentlichungen des Bundes und der Unternehmen im Amtsblatt der Wiener Zeitung angekündigt. Dafür bräuchte es das Parlament, denn es müssten rund 200 Gesetzesstellen geändert werden.

Pflichtveröffentlichungen

Mit einer ersatzlosen Streichung wäre die Wiener Zeitung Geschichte. Die Pflichtveröffentlichungen machen rund 15 der insgesamt 20 Umsatzmillionen aus. Ganz so schlimm dürfte es nicht kommen. Eine Plattform für ihre Veröffentlichungen braucht die Republik ja weiterhin, fragt sich nur, in welcher Form. Riedler und sein Team erhielten den Auftrag, unter der Leitung von Ex-Rewe-Spitzenmanager und Aufsichtsratschef Frank Hensel ein Konzept auszuarbeiten. Die Hoffnung liegt in der Digitalisierung. „Wir müssen einen Digitalisierungsschritt machen und multimedial auftreten“, mehr will Riedler noch nicht verraten.

Sein Vertrag läuft übrigens mit 30. Juni aus. Die Zeit wird knapp, laut Stellenbesetzungsgesetz muss der Job bis Ende Mai ausgeschrieben werden. Riedler will sich wieder bewerben. andrea.hodoschek

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