Immo-Entwickler: "Wir wollen größter Holzbau-Developer werden"

Thomas Winkler, CEO UBM
Die in Wien börsennotierte UBM Development AG schwenkte in der Immo-Krise um: Statt Büros und Hotels werden jetzt mehr Wohnungen errichtet. Sie setzt dabei verstärkt auf Holzbauweise.

Die UBM AG wurde vor 152 Jahren gegründet und war der zweitgrößte Ziegelhersteller in der Monarchie. Heute ist das Unternehmen ein führender Immobilienentwickler in den Bereichen Büro-, Hotel- und Wohnbau.

KURIER: Die Wirtschaftskrise ist auch an der UBM nicht spurlos vorbeigegangen. Wie schwer waren die vergangenen Jahre?

Thomas Winkler: Wir sind mittlerweile fünf Jahre mit Krisenmanagement beschäftigt. Unser Glück war, dass wir 2020 durch die Covid-Krise schon einmal in einen Abgrund geschaut haben, der sich vermeintlich 2021 relativ schnell wieder aufgelöst hat. Wir haben uns 2021 noch einmal mit Geld angesaugt, in der Hoffnung, dass wir an Schnäppchen kommen – und nicht in der Erwartung, dass Russland in der Ukraine einmarschiert und dass innerhalb von 15 Monaten die Zinsen von 0 auf 4,5 Prozent ansteigen. Mit dem hat niemand gerechnet.

Sie entwickeln vor allem Hotels?

Nein, derzeit nicht. Wir sind 2020 relativ rasch zu der Überzeugung gekommen, dass der größte Hotelentwickler in Europa sich verändern muss, wenn alle Hotels zugesperrt werden wegen einer Pandemie und sind so auf eine radikale Strategieänderung gekommen.

Ist der Abschwung schon vorbei?

Wir haben die Krise im Wohnbau hinter uns gelassen. Die Krise hält aber weiterhin im Büro- und Gewerbebau an.

Thomas Winkler, CEO UBM

Aber die Vermietung ist ein Problem?

Wer ist in einer Wirtschaftskrise bereit, etwas Neues anzumieten? Und unser größter Konkurrent ist nicht das neue Projekt in der Nähe von uns, weil es gibt sie meistens gar nicht mehr, sondern unser größter Konkurrent ist der Bestandsvermieter, der zu allem bereit ist, weil er weiß, dass er sonst einen Leerstand kreiert. Aber die Krise im Büro- und Gewerbebau hält an, weil was sie nicht vermieten können, können sie auch nicht verkaufen.

Die UBM wurde vor 152 Jahren gegründet und sie befindet sich in einer der größten Transformationen in ihrer Geschichte. Wie schaut die aus?

Diese Transformation geht weg vom Development von konventionell errichteten Hotels, hin zu Gebäuden, die in Holz-Hybrid-Bauweise errichtet werden. Wir sind heute auf dem Weg, der größte Holzbau-Developer in Europa zu werden.

Warum?

Es ist die Nachhaltigkeit, die in Europa zum bestimmenden Thema werden wird. Und so haben wir uns ursprünglich dem Holzbau genähert. Heute ist der Holzbau allerdings für uns auch ein Katalysator, um Dinge ganz anders anzugehen. Wir versuchen, so viel Baustelle wie möglich in die Fabrik zu verlagern, weil in jeder anderen Industrie eine industrielle Vorfertigung zu Kostenvorteilen und Einsparungen geführt hat.

Thomas Winkler, CEO UBM

Ist der Holzbau günstiger?

Die Erwartung ist, dass der Holzbau auch dazu führt, die großen Probleme, Fachkräftemangel, Volatilität bei mit fossilen Energien erzeugten Baustoffen wie Zement und Stahl zu minimieren. Und damit auch günstiger wird, sobald er zu einer Elementbauweise wird.

Das heißt, es wird vorgefertigt in der Fabrik und dann auf der Baustelle montiert?

Ich habe vorgefertigte mit einem Raster ausgestattete Wände, Decken, Ständer, Balken, die ich in der Fabrik herstelle, die mit einem Barcode verknüpft sind und die auf der Baustelle nur noch montiert werden. Hat auch noch den Nebeneffekt, dass die Bauzeit wesentlich verkürzt bis zu halbiert werden kann, was ein entscheidender Faktor ist.

Ist es im Moment schon billiger?

Nein, weil die Hersteller auf der Lernkurve noch nicht weit genug gekommen sind. Mit zunehmender Arbeit gibt es aber sowohl einen Lern- als auch einen Skaleneffekt. Es ist allerdings auch nicht mehr teurer. Und es hat eben einen CO2-Fußabdruck, der minimiert wird. Und ich bin davon überzeugt, dass es keinen Weg um eine mittelfristige CO2-Bepreisung von Gebäuden gibt. Jetzt ist der CO2-Ausstoß von Gebäuden mit 37 Prozent der höchste Ausstoß aus jeder existierenden Quelle auf dieser Welt. Aber ein Viertel des CO2-Ausstoßes eines Gebäudes entsteht bei der Errichtung und der wiederum entsteht zum überwiegenden Teil aus Zement, der für die Betonherstellung notwendig ist, und aus Stahl ebenso.

Thomas Winkler, CEO UBM

Stichwort Klimawandel …

Wir müssen uns fragen, können wir uns eigentlich eine Nichtabbremsung dieses vom Menschen noch beschleunigten Klimawandels leisten? Und die Antwort kann nur sein, nein, können wir uns auf Dauer nicht leisten. Außerdem ist Nachhaltigkeit ein unglaublicher Innovationstreiber.

Sie mussten also umdenken?

Wenn Sie zum Beispiel einmal eine Wand in der Fabrik hergestellt haben, können sie den Auslass für die Steckdose nicht mehr verändern. Das heißt, sie müssen es sich vorher überlegen, wo die Steckdosen hinkommen. Wir bei der UBM verwenden im Wohnbau auch Badezimmer-Module. Diese sind für einen Normalverbraucher nicht unterscheidbar von individuell hergestellten und haben auch noch den Vorteil, dass sie geschmackssicherer sind als viele, die in ihrem Leben nur ein oder zwei Mal Badezimmer, Fliese und Armatur aussuchen müssen.

Sie bauen sowohl Hotel-, Büro- und Wohngebäude als Holz-Hybrid?

Ja, unsere Pipeline besteht mittlerweile zu 76 Prozent aus Holz. In Österreich ist die Höhe eines Holzbaus nicht begrenzt, aber ab einer gewissen Höhe ist es mit dem Brandschutz problematisch, weil die Brandschutzvorschriften bei Holz wesentlich strenger sind

Thomas Winkler, CEO UBM

Hat das historische Gründe?

Im Mittelalter sind viele Häuser weggebrannt, weil sie aus Holz waren und der Funke übergesprungen ist. Das ist ja heute nicht mehr so. Es wird heute kein unbehandeltes Holz verwendet und ganz anders gebaut. Die Bauteile haben eine Brandschutzklasse 90. Das heißt: Das Gebäude muss 90 Minuten stehen bleiben, bevor es kontrolliert weiter abbrennt. In Holz-Hybrid-Gebäuden können sie bei einem Brand nach 45 Minuten als Feuerwehrmann noch hineingehen, bei Stahl oder Stahlbeton geht es nicht mehr. Wir wissen alle aus 9/11, dass die Gebäude spontan und ohne Vorwarnung kollabiert sind.

Mittlerweile entwickelte UBM mehr Wohnbauten …

Wir haben aus der Not eine Tugend gemacht. Sie können Wohnen leichter finanzieren, weil einen Teil des notwendigen Kapitals Ihnen ja die Wohnungskäufer im Verlauf mitgeben und weil es eine risikoärmere Assetklasse ist. Wir sind derzeit gemischt: 60 Prozent Wohnen und 40 Prozent Büro und Gewerbe. Im Moment entwickeln wir gerade das erste urbane Holzbauquartier Europas, nämlich das Leopoldquartier in Wien mit 75.000 Quadratmetern Fläche. Die Hälfte ist gewerblich genutzt, die andere Hälfte sind Wohnungen.

Wie wichtig ist für die UBM der Wirtschaftsstandort Österreich heute noch?

Für uns ist der Wirtschaftsstandort Österreich aus mehreren Gründen entscheidend. Erstens sind wir in Wien börsennotiert und werden das auch bleiben, weil man uns hier kennt. Zweitens, wir haben ein Drittel unseres Geschäfts nach wie vor in Österreich. In Wien haben wir im Moment 750 Wohnungen in Entwicklung und Verkauf. Da gibt es jetzt nicht sehr viele, die das für sich in Anspruch nehmen können. Und drittens, wir sind durch unsere Kernaktionariat in Österreich verankert.

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