"Fat Cat Day": Wie viel Österreichs ATX-Vorstände verdienen

Die durchschnittliche Vorstandsvergütung der Vorsitzenden eines im Wiener Leitindex ATX gelisteten Unternehmens ist 2022 leicht gesunken. Durchschnittlich verdiente ein ATX-Vorstandsvorsitzender rund 2,68 Millionen Euro im Jahr und damit um 4,1 Prozent weniger als 2021, geht aus Berechnungen der Arbeiterkammer (AK) zum „Fat Cat Day“ (zu Deutsch: „Fette-Katzen-Tag“) hervor.
Mit einem durchschnittlichen Stundenlohn von 699 Euro verdienten die Vorstandschefs aber immer noch das 75-fache des mittleren Jahreseinkommens (Median) eines/einer Beschäftigen in Österreich. Der Abstand ist damit etwas kleiner geworden, 2021 betrug er das 80-fache.
Fat Cat Day soll Gehaltsschere zeigen
Der „Fat Cat Day“ soll die Gehaltsschere zwischen Vorstand und Belegschaft sichtbar machen und wird jährlich von der britischen Lobbygruppe „High Pay Centre“ errechnet. Er bezeichnet jenes Datum, an dem die Chefs börsenotierten Konzerne so viel verdient haben wie ein Durchschnittsverdiener im ganzen Jahr.
Heuer fällt dieser Tag unter Berücksichtigung der arbeitsfreien Feier- und Wochenendtage auf den 8. Jänner. Bei einem angenommenen 12-Stunden-Tag erreicht ein ATX-Chef schon nach 51 Stunden oder vier Arbeitstagen und 3 Stunden das Jahresgehalt eines Durchschnittsverdieners. Im Vorjahr (Werte für 2021) fiel der "Fat Cat Day" schon auf den 5. Jänner, 2020 auf den 9. Jänner.
Das sind die Gagenkaiser

Absoluter Spitzenreiter und Ausreißer in der Berechnung ist mit einer Jahresvergütung von 9,44 Mio. Euro Anas Abuzaakouk, Vorstandschef der Bawag Group. Er braucht für ein Jahresmedianeinkommen gerade einmal einen 12-Stunden-Tag und 2 weitere Stunden des zweiten Arbeitstages. Damit ist die Gesamtvergütung des Bawag-Chefs höher als jene des Vorstandschefs der Deutschen Bank, Christian Sewig, mit 9,2 Millionen (siehe unten).

Bawag-Chef Anas Abuzaakouk
Dahinter folgen Peter Oswald von Mayr Melnhof und voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner. Weitere zwölf ATX-Chefs schaffen es innerhalb von sieben Tagen, darunter mit Elisabeth Stadler (Vienna Insurance Group) die einzige Frau in der Liste. Schlusslicht im Ranking ist heuer Immofinanz-Chefin Radka Doehring, die jedoch nur acht Monate die Position als Vorstandsvorsitzende inne hatte. Sie verdiente nach nur 24 Tagen und 10 Stunden das Jahres-Medianeinkommen. An vorletzter Stelle folgt EVN-Chef Stefan Szyszkowitz. Der niederösterreichische Energieversorger hat das Grundgehalt eines Vorstands auf maximal das 20-fache eines Durchschnittsgehalts gedeckelt.

EVN-Chef Stefan Szyszkowitz
Der Fat Cat Day symbolisiert jenen Tag, an dem das jährliche Einkommen von Beschäftigten durch Vorstandsvorsitzende (CEO) der größten börsenotierten Unternehmen verdient wurde.
Als Einkommen wird das mittlere Brutto-Jahreseinkommen (Median, 12 mal) laut Dachverband der Sozialversicherungsträger herangezogen, bei den Vorstandschefs die durchschnittliche Vorstandsvergütung - fixe und variable Bestandteile - der 20 CEO im Wiener Leitindex ATX gelisteten Unternehmen.
Angenommen wird: Ein CEO arbeitet 12 Stunden am Tag, nimmt sich an einem von 4 Wochenenden frei und hat 10 Tage Urlaub plus 9 Feiertage. Er arbeitet somit 320 Tage oder 3.840 Stunden.
AK fordert angemessene Einkommensrelation
Für die AK ist die EVN Vorbild für eine angemessene Einkommensrelation, die vom Aufsichtsrat der Konzerne festgelegt werden sollte. Statt einseitiger Orientierung an finanziellen Kennzahlen sollten auch Nachhaltigkeitsaspekte – gemessen an Zielen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance – jeweils zu mindestens einem Drittel in die variable Vergütung einfließen. Soziale Kriterien könnten etwa die Sicherung von Arbeitsplätzen sein. Im Bereich Governance sollten Boni an Ziele wie etwa mehr Frauen in Führungspositionen geknüpft werden.
Weiters fordert die AK mehr Transparenz in den höchst unterschiedlich ausgestalteten Vergütungsberichten. Ein standartisierter und individueller Ausweis aller Vergütungsbestandteile und -kriterien sei unerlässlich, heißt es in einer Aussendung.
Die Arbeiterkammer selbst veröffentlicht ihre Chefgehälter im Internet. AK-Präsidentin Renate Anderl verdient demnach 7.256,95 Euro netto im Monat. AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank kommt auf 10.984,84 Euro netto.
Industriellenvereinigung und Agenda Austria kritisieren Neiddebatte
Die Industriellenvereinigung (IV) kann dem ausgerufenen "Fat Cat Day" wenig abgewinnen. Die AK schüre eine Neiddebatte und würde die Manager "an den Pranger stellen", hieß es in einer Aussendung am Montag. Die IV verwies darauf, dass die Top-Manager mit ihren Steuern überproportional zum Gemeinwohl in Österreich beitragen würden.
Auch Agenda-Austria-Ökonom Hanno Lorenz hält die AK-Berechnungen für "unseriös" und "populistisch aufbereitet". So würde das zugrundeliegende Median-Einkommen die Statistik verzerren, weil darunter auch viele geringfügig Beschäftigte fallen. Auch den Vergleich der Brutto-Werte findet er nicht richtig, da die hohe Steuerleistung, wie auch von der IV angemerkt, dabei völlig ausgeblendet werde.

Hanno Lorenz, Agenda Austria
Berechnet nach den Netto-Durchschnittseinkommen würden die ATX-Vorstände 33 mal so viel verdienen, so Lorenz zum KURIER. Dazu komme, dass es mit Bawag-Chef Abuzaakouk einen Ausreißer nach oben gebe, der die Statistik verzerre. Zum Gehalt des Bawag-Chefs meint Lorenz, dass dieser eine gute Arbeit geleistet habe. "Die Bank hat gut performt". Was die AK-Forderung nach mehr Transparenz in der Vergütung anbelangt, spielt Lorenz den Ball zurück. "Die AK ist selbst recht sparsam, wenn es um die Transparenz bei den Ausgaben geht".
Deutsche Top-Verdiener
Im deutschen Leitindex DAX ist wie oben erwähnt Christian Sewing von der Deutsche Bank mit 9,2 Millionen Euro Jahresgage Spitzenreiter, gefolgt von Oliver Blume von Volkswagen mit 8,8 Millionen Euro und Belén Garijo Lopez von Merck mit 8,3 Millionen. Immerhin war erstmals im Geschäftsjahr 2022 auch eine Vorstandsvorsitzende im Top-Drei-Ranking der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz DSW dabei. Im Schnitt verdienten die DAX-Vorstände laut dieser Berechnung 38 mal mehr als der Durchschnittsverdiener in Deutschland.
Kommentare