Telekom Austria vor Totalverkauf

Telekom Austria vor Totalverkauf
Mexikanischer Mehrheitseigentümer hat Appetit auf 28,4 Prozent vom Staat, Schelling dementiert.

Offiziell wird noch heftig dementiert. Ein Verkauf des Staatsanteils an der Telekom Austria sei nicht geplant, heißt es aus dem Finanzministerium am Freitag zum KURIER.

Hinter den Kulissen freilich soll das Ministerium laut Insidern bereits den Totalverkauf an den mexikanischen Mehrheitseigentümer America Movil vorbereiten, der Interesse an einer Totalübernahme signalisiert haben soll. Wegen der Brisanz des Themas sollen bisher weder die zuständige Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten (GPF) noch Telekom-Austria-Aufsichtsratschef Wolfgang Ruttenstorfer in die Pläne eingeweiht worden sein.

Beamten-Problem

Zur Vorbereitung des Verkaufs soll das Ministerium in einer Arbeitsgruppe eifrig an der Lösung der speziellen Personalproblematik der Telekom arbeiten. Derzeit sind noch rund 4500 TA-Mitarbeiter Bundesbeamte, die der Telekom laut Poststrukturgesetz zugeordnet sind. Fällt der Anteil des Bundes unter 25 Prozent, wird diese Zuordnung obsolet, die Mexikaner können die Beamten an den Bund zurückschicken. Als Spezialist zu diesem Thema wurde Post-Personalchef Franz Nigl in die Arbeitsgruppe geholt. Nigl, der in den vergangenen Jahren Personalchef bei der Telekom und auch bei den ÖBB war, gilt als der Profi in diesem Bereich.

„Eine solche Arbeitsgruppe gibt es. Aber sie hat überhaupt nichts mit einer Privatisierung zu tun, sondern sie soll Probleme mit dieser Zuordnung von Beamten aus der Vergangenheit aufarbeiten“, heißt es aus dem Ministerium. Die sonstigen Erträge in Höhe von 405 Millionen Euro kommen dem Vernehmen nach aus einer Sonderdividende der Oesterreichischen Nationalbank.

Telekom Austria vor Totalverkauf

900 Millionen Euro

Für Insider bietet sich der Verkauf der Telekom als eine der wenigen möglichen Finanzquellen an. Nach der Abgabe der Mehrheit an die Mexikaner ist der Einfluss der Staatsholding ÖBIB bescheiden.

Laut Syndikatsvertrag dürfte die ÖBIB zwar den TA-Chef stellen. Sie hat allerdings auf dieses Recht verzichtet und den America-Movil-Manager Alejandro Plater vorgeschlagen. Kaum eingreifen kann die ÖBIB auch über ihre zwei von zehn Kapitalvertretern im Aufsichtsrat. Außerdem wäre der klammeFinanzminister das Problem mit weiteren Kapitalerhöhungen bei der Telekom los. Denn zieht die ÖBIB bei einer Aufstockung einmal nicht mit, würde sie laut Syndikatsvertrag weitere Mitbestimmungsrechte verlieren.

Bei einer Absicherung der beamteten TA-Mitarbeiter halten Insider auch eine Zustimmung der SPÖ unter Bundeskanzler Werner Faymann für möglich. In der Gewerkschaft freilich regt sich Widerstand. Schelling solle, fordert Roman Hebenstreit, Chef der Verkehrssektion in der vida, „den Leuten reinen Wein einschenken“. Die Arbeitnehmer hätten ein Recht, zu erfahren, was der Staat als Eigentümer vorhabe.

Für den Finanzminister wäre der Verkauf ein warmer Regen. Der TA-Anteil ist nach aktuellem Börsekurs rund 900 Millionen Euro wert und könnte die Budgetlücke füllen.

Die Telekom selbst dürfte im 3. Quartal 2015 weniger verdient haben als im Vorjahreszeitraum. Analysten schätzen, dass das Betriebsergebnis wegen des schwachen Osteuropageschäfts um 13 Prozent auf 173 Millionen Euro gesunken ist. Am stärksten betroffen ist Weißrussland, wo ein Umsatzminus von 19 Prozent erwartet wird.

Als weitere Geldquelle könnte der Finanzminister auch die teilverstaatlichte Post anzapfen, an der die ÖBIB noch die Mehrheit von 52,85 Prozent hält. Post-Chef Georg Pölzl kann sich eine weitere Privatisierung vorstellen. Das sei allerdings, betont er immer wieder, „Sache des Eigentümers“. Der Kapitalmarkt würde aber weitere Post-Aktien wegen der guten Dividende sicher gerne aufnehmen.

Der neuen Konkurrenz der Deutschen Post-Tochter DHL am österreichischen Markt will es Pölzl nicht leicht machen. „Schauen wir mal, wie lange es den deutschen Kollegen Spaß macht, in Österreich Verluste zu machen“, sagte er am Freitag bei der Gewinn-Messe. Die Post werde den DHL-Wettbewerb aus dem Feld schlagen.

Die Gewinnziele für heuer werden jedenfalls beibehalten. Bei der Ebitda-Marge geht der Post-Chef unverändert von zwölf Prozent aus. Auch die Dividende bleibe unverändert. Längerfristig könnte die neue Konkurrenz der Post Umsatz und Ergebnis kosten – „aber in einer Größenordnung, die beherrschbar ist“, betonte Pölzl. Gas geben will der Post-Chef in der Türkei. Die Beteiligung bei der Aras Kargo soll 2016 von 25 auf 75 Prozent aufgestockt werden. Auch im Osten laufe das Geschäft gut.

Schon allein beim Wort Privatisierung sehen die Gewerkschaften rot. Von Enteignung des Steuerzahlers und der Vernichtung von Arbeitsplätzen ist da gleich die Rede. Bevor die Emotionen reflexartig allzu hoch gehen, sollten sich die Protestierer allerdings den Tatsachen stellen.

Infrastruktur ist wichtig und muss so weit im Besitz des Staates bleiben, dass die Versorgung garantiert ist. Das gilt besonders für Verkehr, Straße und Schiene. Wer die Zalando-Packerln in die hintersten Winkeln Österreichs zustellt, muss aber nicht die Sorge des Staates sein. Das gilt auch fürs Telefonieren. Angesichts vieler privater Anbieter muss der Staat hier kein öffentliches Interesse mehr verteidigen. Wichtig ist nur, dass der Regulator darauf achtet, dass keine riesigen Funklöcher in Österreich entstehen.

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