Takeda-Standortleiterin: "Haben eine sehr langfristige Strategie"
Der Standort von Takeda in Wien-Donaustadt ist eines der größten plasmaverarbeitenden Werke der Welt. Aus dem Rohstoff des menschlichen Blutplasmas werden hier 17 unterschiedliche Therapien hergestellt. In Wien werden aber auch noch andere Arzneimittel erzeugt, verarbeitet und in 100 Länder exportiert. Die promovierte Chemikerin Maria Löflund ist seit 2023 für die Produktionsstätten verantwortlich. Im KURIER-Interview erläutert sie, warum es sich nach wie vor lohnt, zu investieren.
KURIER: Takeda betreibt in Wien eine Plasmamedikamente-Produktion von der Spende bis zum fertigen Medikament. Wie wichtig ist der Standort?
Maria Löflund: Österreich ist zwar ein kleiner Pharmamarkt, aber als Produktionsstandort ist es einer der größten von Takeda weltweit, jedenfalls der größte in Europa. Nur in den USA und Japan gibt es mehr Standorte. Wir haben hier in Wien die gesamte Wertschöpfungskette vom Wirkstoff bis zur fertigen Verpackung und werden hier sicher weiter investieren.
Takeda-Standort in Wien-Donaustadt
Den Standort in Wien-Donaustadt gibt es seit mehr als 70 Jahren. Zahlt es sich da überhaupt noch aus, weiter zu investieren?
Ja, wir haben sehr viel Know-how und Expertise hier am Standort und investieren daher laufend in die Modernisierung der bestehenden Anlagen und in die Entwicklung unserer Mitarbeiter. Da kommen im Fünf-Jahres-Schnitt schon mehrere 100 Millionen Euro zusammen, aber es sind keine Neuanlagen, sondern explizit Modernisierungen.
Wie geht es dem Standort?
In Interviews mit Unternehmern beleuchtet der KURIER die Lage im Land.
KURIER-Leser sind gefragt!
Haben Sie Vorschläge, wie der Standort Österreich zu alter Stärke finden kann? Mailen Sie an standortoesterreich@kurier.at. Wir werden die besten Ideen mit Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft erörtern.
Wäre es nicht woanders günstiger, Plasmaprodukte zu erzeugen?
Es ist nicht ganz trivial, Plasmaprodukte herzustellen. Es braucht viele Jahre, um es zu können. Die Produktion woanders hinzuverlagern, ist einfacher gesagt als getan, da müsste man jahrelang an den Kompetenzen arbeiten.
Gibt es in diesem Bereich Billig-Konkurrenz aus Asien?
Wenig, wir exportieren auch relativ viel nach Asien. Wir müssen aber den Prozess kontinuierlich verbessern, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Sonst könnte sich das rasch ändern.
In der Seestadt wird gerade das Labor der Zukunft gebaut. Wann ist es fertig?
Das Labor wird nächstes Jahr in Betrieb gehen und ein Teil der F&E-Abteilung hier am bestehenden Standort wird dann in das neue Gebäude übersiedeln.
Maria Löflund im Gespräch mit KURIER-Wirtschaftsredakteurin Anita Staudacher
Was spricht für Wien als Pharma-Standort?
Wir haben hier schon eine existierende Mannschaft in der Produktion mit großem Know-how und betreiben auch die Plasmazentren für die Spenden selbst. Die Bildungseinrichtungen sind sehr gut, wir benötigen ja die unterschiedlichsten Qualifikationen, etwa Fachhochschulen und HTL. Und wir bilden auch 50 Lehrlinge hier am Standort aus. Die finden wir alle hier in Wien. Spezialisten aus dem Ausland kommen gerne hierher in diese lebenswerte Stadt.
Wie schwer ist es derzeit, neue Mitarbeiter zu finden?
Die Lage hat sich in der Tat entspannt. Da hilft es auch, dass wir unsere Mitarbeiter selbst ausbilden.
Spüren Sie Auswirkungen der neuen Zollpolitik auf Pharmaprodukte von US-Präsident Trump?
Unsere Produkte gehen in 100 Länder weltweit, auch in die USA. Wir versorgen auch weiterhin die Patienten in den USA, da wird es keine Änderungen geben. Die Zölle sind ja auch noch unklar.
Lange Tradition
Der 244 Jahre alte japanische Pharmakonzern Takeda ist einer der größten Arbeitgeber in Wien sowie in der heimischen Pharmabranche. Die Wurzeln in Österreich reichen bis zu den Heilmittelwerken und der ersten Arzneimittelregistrierung in der Ersten Republik zurück. 1956 begann das Österreichische Institut für Hämoderivate mit der Produktion von Arzneimitteln aus menschlichen Blutplasma. Nach mehrmaligen Besitzerwechseln (Baxter, Shire) gehört der Plasma-Standort seit 2018 zu Takeda.
4.500 Mitarbeiter in Österreich
Aktuell produzieren am zweitgrößten Pharmastandort Österreichs rund 2.500 Mitarbeiter 25 unterschiedliche Arzneimittel, darunter 17 plasmabasierte Produkte. Die oft lebensrettenden Präparate werden vielfältig eingesetzt, etwa bei Blutgerinnungsstörungen, zur Blutstillung bei Operationen oder vermehrt auch bei komplexen, seltenen Erkrankungen wie Morbus Crohn (chronisch-entzündliche Darmerkrankung).
An allen Takeda-Standorten in Österreich (Wien, Linz, Orth/Donau) sind 4.500 Mitarbeiter aus mehr als 60 Nationen beschäftigt.
Takeda hat auf die hohen Energiepreise reagiert und gerade eine höchst innovative Wärmepumpe in Betrieb genommen. Was kann diese?
Wir produzieren mithilfe der Wärmepumpe hier einen CO2-freien Dampf mit Abwärme für die Produktion. Das reduziert den Ausstoß und ersetzt teures Erdgas. Es wird zwar einige Jahre dauern, bis sich die Investitionen amortisiert haben, aber es macht den Standort ein Stück energieunabhängiger. Das ist auch für Takeda international sehr wichtig. Wir haben auch PV-Anlagen am Standort und versuchen, mit thermischer Sanierung den Energiebedarf zu reduzieren. Unser Neubau in der Seestadt wird ein CO2-emissionsfreies Gebäude.
Gab es dafür Förderungen?
Ja, wir haben das innovative Wärmepumpen-Projekt gemeinsam mit dem AIT gemacht und es nicht patentiert, sodass die Technologie auch andere Industriebetriebe nutzen können. Das Projekt wurde im Rahmen der Forschungsinitiative „NEFI – New Energy for Industry“ durch den Klima- und Energiefonds gefördert. Generell zählt die Erhaltung des Planeten neben den Patienten und Mitarbeiten zu den drei wichtigsten Unternehmenswerten bei Takeda. Wir denken langfristig und nachhaltig, schließlich gibt es uns schon seit 244 Jahren, in Österreich seit mehr als 70. Wir haben eine langfristige Strategie und investieren für viele Jahre.
Die Regierung feilt an einer eigenen LifeScience-Strategie für Österreich. Was muss da drinnen stehen?
Es ist wichtig, dass es überhaupt eine Strategie gibt, damit es ein Ökosystem gibt und man nicht als Einzelkämpfer hier tätig sein muss. Wir brauchen auch eine Vernetzung mit anderen Partnern, um große Projekte leichter umzusetzen. Und die Genehmigungen müssen schneller gehen.
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