Unzulässige Preiserhöhungen: Wie Energiekunden zu ihrem Recht kommen

Euroscheine und Gerätestecker auf einer Stromrechnung.
Warum manche Energiekunden Geld von lang zurückliegenden Preisanpassungen zurückerhalten, und warum das immer wieder passiert.

Zusammenfassung

  • Mehrere Energielieferanten mussten unzulässige Preiserhöhungen zurückerstatten, einschließlich EVN, Wien Energie und Verbund.
  • Intransparente Wertanpassungsklauseln führten zu juristischen Anfechtungen und unklaren rechtlichen Situationen.
  • Die E-Control kann Preiserhöhungen aufgrund unklarer Konsumentenschutzregelungen nicht immer verhindern.

Erst vor Kurzem hat der KURIER darüber berichtet, dass die EVN jenen Kunden Entschädigung zahlt, deren Strom- und Gaspreise während der Energiekrise 2022 angehoben wurden. Fälle wie diesen gibt es immer wieder. Wie kann das überhaupt sein, dass vertraglich vereinbarte Preise einfach angehoben werden? Wird die Lage besser? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was waren die zuletzt größten Fälle von unzulässigen Preiserhöhungen?

Seit 2022 sind eine ganze Reihe von Preiserhöhungen von Gerichten als unzulässig beurteilt worden, etwa von Verbund, Wien Energie, EVN oder Tiwag. Letzteres Unternehmen einigte sich mit der Arbeiterkammer Tirol im Februar 2024 darauf, 44 Millionen Euro an Kunden zurückzuzahlen. Im Schnitt erhielten sie 285 Euro für zu teuren Strom zurück.

Kurze Zeit später kündigte Wien Energie an, sich mit dem Verein für Konsumenteninformation auf eine Rückzahlung von durchschnittlich 275 Euro an Kunden geeinigt zu haben. Der Verbund zahlte rund 90 Euro pro Kunde zurück. Die EVN-Rückerstattung beläuft sich auf rund 50 Euro für Strom und 335 Euro für Gas. Die exakte Summe hängt vom jeweiligen Tarif und Verbrauch des Kunden ab.

Zu Preiserhöhungen kam es aber auch nach 2022. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass der Oberste Gerichtshof eine Preiserhöhung des Verbund vom März 2023 als unzulässig erklärt hat. Der Verbraucherschutzverein hat erfolgreich geklagt. Rückerstattungen werden wohl folgen.

Wie konnte das rechtlich durchgehen?

Verträge können einseitig nicht geändert werden. Strom- und Gaslieferungen können daher vom Energielieferanten nicht willkürlich teurer gemacht werden. In vielen Verträgen stehen allerdings Wertanpassungsklauseln, wie Stefan Schreiner vom VKI erklärt. Als die Energiepreise 2022 explodierten, entschieden sich einige Anbieter dazu, erhöhte Kosten an Kunden weiterzugeben.

In Informationsschreiben an die Kunden beriefen sie sich auf auf die Indexklauseln in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen. Zum Verhängnis wurde ihnen im Nachhinein aber, dass der Anschein erweckt wurde, dass dadurch Preise steigen aber auch fallen können. "Dabei war klar, dass sie nur steigen werden", sagt Schreiner. Gerichte entschieden, dass hier Intransparenz geherrscht hat.

Es gab auch andere Ansatzpunkte für juristische Anfechtungen, etwa Zwangsumstellungen auf einen neuen Tarif. Die Wertanpassungsklauseln seien aber die umstrittenste Materie.

Wieso gibt es Unklarheiten bei der Wertanpassung?

Wegen der Energiekrise 2022 wurde eine Novellierung des Elektrizitätswirtschafts- und Organisationsgesetzes (ElWOG) beschlossen, die es Energieversorgern erleichtern sollten, Preise anzupassen. Statt Klarheit zu schaffen, sei dadurch aber nur Unsicherheit bei Lieferanten und Kunden entstanden, sagt Schreiner. Energieversorger waren überzeugt, durch die neue Gesetzeslage Preisänderungen ohne Überprüfung nach dem Konsumentenschutzgesetz durchführen zu dürfen.

Konsumentenschützer sahen das anders. Einige Gerichtsverfahren wurden allerdings durch Transparenzmängel entschieden, während die eigentlich klärungsbedürftige Materie im ElWOG unangetastet blieb. Im jüngsten OGH-Urteil gegen den Verbund heißt es nun allerdings, dass trotz der ElWOG-Novelle keine einseitige Preisanpassung erfolgen darf. Für den Konsumentenschutz war diese Entscheidung wichtig, sagt Schreiner.

Wieso hat die E-Control diese Preiserhöhungen nicht unterbunden?

"Wir haben keinen vollständigen Überblick über die Judikatur", sagt Alexandra Schwaiger-Faber, Leiterin der Abteilung Recht der E-Control. Die Regulierungsbehörde für Strom und Gas führe zwar Kontrollen über die Gestaltung von allgemeinen Geschäftsbedingungen von Energielieferanten durch, kann sich dabei aber nur an existierende Rechtsprechung halten.

"Die Judikatur im Konsumentenschutzrecht hat sich so stark entwickelt, dass wir Dinge als unproblematisch gesehen haben, die der OGH anders sah", so Schwaiger-Faber. Wenn Konsumentenschützer gegen Energieunternehmen vorgehen, muss die E-Control nicht informiert werden. Die Behörde erfahre nur durch Kontakte mit involvierten Anwälten davon.

Da sich in den vergangenen Jahren einige Preiserhöhungen als unzulässig herausstellten, sei "die Büchse der Pandora geöffnet": "Jetzt wird einiges angefochten."

Wie sieht die aktuelle Situation aus?

"Die Möglichkeit zur Preisänderung für Lieferanten ist sehr eng geworden", sagt die E-Control-Expertin. Die volatilen Preise der letzten Jahre hätten dafür gesorgt, dass dem Thema Energiepreise viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. "Da gibt es immer Phasen", sagt Schwaiger-Faber. "2019 und 2020 gab es eine Welle mit einigen Preiserhöhungen, 2022, dann 2023 nochmal."

Bei Strom und Gaspreisen sei die aktuelle Lage ruhig. "Aber es gibt noch Themen, die am Tisch liegen. In Zukunft interessant wird etwa das Thema Fernwärme." Der Bereich sei grundsätzlich sehr wenig geregelt. Wie Preise zustande kommen sei oft undurchsichtig. Preiserhöhungen seien teilweise ebenfalls massiv ausgefallen. Konsumentenschützer beschäftigen sich intensiv damit.

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