Staatsschulden könnten uns nach der Krise auf den Kopf fallen

Bernhard Felderer
Der Weg aus der Pandemie wird laut Experten steinig. Das betrifft die hohen Staatsschulden, aber auch ganze Branchen.

Wer zahlt die Kosten für die Corona-Pandemie und welche Fallen erwarten uns auf dem Weg der wirtschaftlichen Erholung? Dieser Frage widmete sich der Ökonom Iain Begg von der London School of Economics  am heurigen Vienna Congress com·sult  – einem internationalen Wirtschafts- und Politikkongress  mit hochkarätigen Rednern.

„Wenn die Krise zu Ende geht und sich die Pandemie in eine Endemie verwandelt, werden wir uns viele Fragen stellen müssen“, sagt Begg. Zum einen, ob die fiskalpolitischen Entscheidungen adäquat waren und  die Zentralbanken mit ihren Einschätzungen richtig lagen. Zum anderen, wie weit das deficit spending (der Staat verschuldet sich, um Nachfrage zu generieren) u.a. in Kurzarbeit und Forschung zielführend war.

Hohe Schuldenquote

Eine Revolution will Begg in der Digitalisierung erkennen. „Vor drei Jahren war es undenkbar, mit seinem Hausarzt eine Telefonkonferenz abzuhalten.“ Heute sei das normal. Auch beim Homeoffice sei viel passiert. Viele Beschäftigte würden nicht mehr ins Büro gehen wollen, wodurch Bürogegenden „verwaisen“ könnten.

Ganze Branchen könnten  sich für immer verändern, wie der Tourismus oder die Transportbranche. Auch im Anstieg der Staatsschulden sieht Begg eine Herausforderung, vor allem wenn es zu einer Zinswende kommt.

Auf Letzteres weist auch der  ehemalige IHS-Chef Bernhard Felderer hin: „Wir haben sehr hohe Quoten bei den Staatsschulden. Keiner weiß, was passiert, wenn die Zinsen steigen. Und sie werden steigen“, sagt Felderer. Die Staaten müssten vorsichtig sein. Die Schulden rückzahlen könnten sie ohnehin nicht, sie könnten aus ihnen nur „herauswachsen“ – dafür brauche es Wirtschaftswachstum.

Restriktive Politik

Die Transportbranche hat sich laut Sebastian Kummer, Logistikexperte von der Uni Wien, während der Pandemie als widerstandsfähig erwiesen. Die einzige Gefahr sei Chinas restriktive Corona-Politik. Bereits bei wenigen Infektionszahlen werden ganze Häfen gesperrt, und das könnte die Lieferketten rasch zum Erliegen bringen. Europa müsse sich von China unabhängiger machen und stärker auf seine Industrie setzen.

Die Luftfahrt ist laut Günther Ofner, Vorstandsdirektor des Flughafens Wien, von der Pandemie am stärksten getroffen, dennoch bleibt er optimistisch. Derzeit würden weltweit 950 neue Flughäfen gebaut. So viele Menschen wie noch nie wollen heuer  in den Urlaub fliegen.

Mit der Luftfahrt werde es auch in Zukunft bergauf gehen, allerdings brauche es dafür einen nachhaltigen Treibstoff. Synthetisches Kerosin könnte dafür die Lösung sein, so Ofner.

Kommentare