Spitzentechnologie: „Das Geld ist da – mehr Mut zum Risiko“

Klaus Ortner: Industrieller, Förderer von Hochtechnologie und Kunstfreund
Der Industrielle Klaus Ortner gilt trotz seiner Erfolgsbilanz als diskreter Unternehmer, der sich nie in die Öffentlichkeit gedrängt hat. Der Tiroler hat aus einem mittelständischen Gewerbebetrieb eine internationale Industriegruppe mit mehr als 24.400 Mitarbeitern aufgebaut.
Mit dem KURIER spricht Ortner erstmals über die Beteiligungsgesellschaft ILUM Tec, die ihm und seiner Tochter Iris Ortner, die in vierter Generation das operative Geschäft der Unternehmensgruppe leitet, ein Herzensanliegen ist. Gemeinsam mit dem Gründer Bernhard Küenburg, einem Chemiker, der seit 30 Jahren in der Pharma- und Life-Science-Industrie tätig ist, unterstützt die Familie Ortner universitäre Spin-offs (Ausgliederungen in eigenständige Unternehmen) sowie Start-ups in der Medizintechnik und im hoch spannenden Bereich Deep Tech. Also die Entwicklung neuer Technologien auf oft noch unerforschten Gebieten.

ILUM-Tec-Gründer Bernhard Küenburg
Bisher wurden mehr als 15 Millionen Euro in sieben Start-ups investiert mit insgesamt mehr als 100 hoch qualifizierten Mitarbeitern (siehe Artikel rechts).
„Wir kommen aus der konservativen Wirtschaft. Start-ups funktionieren nach ganz anderen Überlegungen der Chancen, des Risikos und des Erfolgs. Aus dieser anderen Welt und anderen Organisation können wir auch für die Old Economy etwas lernen“, sagt Ortner. Die Industrie funktioniere nach genauen Regeln und Business-Plänen, „bei Start-ups müssen Sie ein gewisses, teilweise großes Risiko eingehen“.
Welche Voraussetzungen muss ein Investor mitbringen? „Mit Mut in die Zukunft schauen, an die technologische Entwicklung und an junge Leute glauben“, betont Ortner. Läuft von zehn Start-ups eines hervorragend, sei das schon eine sehr gute Chance.
„Die Brains hätten wir“
Österreich fehle es nicht an hervorragend qualifizierten Fachkräften, überrascht Küenburg. „Unsere Leute sind auf Augenhöhe mit den Top-Universitäten in den USA, sie tauschen sich mit dem MIT und mit Harvard aus“.
Die Brains hätten wir in Österreich, auch gutes Geld zum Starten, aber für das Wachstum fehle das Kapital. Das Geld wäre durchaus vorhanden, „aber die Leute wollen sicher sein und jedes Jahr vier Prozent Rendite“, moniert Ortner. Der Technologie-Industrielle, auch größter Aktionär des Baukonzerns Porr, wünscht sich, „dass mehr wohlhabende Privatunternehmer und Stiftungen mit Risikokapital Hochtechnologie fördern“. Es brauche in Europa, verglichen mit den USA, „mehr Mut und Entschlossenheit“. Küenburg meint dazu: „Die 500. Immobilie zu kaufen, bringt uns in Europa nicht weiter“.
Nur vier der 50 größten Techfirmen haben laut EU-Binnenmarktbericht ihren Standort in der EU. Keines der wertvollsten Unternehmen in Europa ist innerhalb der letzten 50 Jahre neu gestartet. Seit 2008 ist ein Drittel der Unicorn-Unternehmen (Start-ups mit einer Bewertung von mehr als einer Milliarde Euro) in Drittstaaten abgewandert.
Die ILUM-Tec-Eigentümer stimmen nicht in den lauten Chor jener Unternehmer ein, die nach mehr staatlichem Geld rufen: „Die Förderungen in Österreich sind nicht schlecht, schlechter ist das private Engagement“.
Wobei, neben der staatlichen Förderung, beispielsweise durch den AWS, bräuchte es einen Investitionsfreibetrag für Start-ups, um das in Österreich vorhandene Kapital freizusetzen, argumentiert Ortner. Dieses Modell sei in Großbritannien und Deutschland bereits erfolgreich umgesetzt und für Menschen mit hoher Steuerlast ein echter Investitionsanreiz. „Wer, wenn nicht Menschen mit Vermögen, sollten technologische oder medizinische Innovationen beflügeln “. Da Start-ups nie eine sichere Bank seien, brauche es zudem einen Verlustausgleich über drei, besser noch fünf Jahre.
Ortner ist außerdem ein großer Kunstfreund. Er hat in Wien eines der schönsten privaten Museen gebaut, das derzeit erweitert wird.
ILUM Tec:
Körpereigene Schmerz-
linderung
Dem biomedizinischen Start-up Aurimod gelang bereits der Durchbruch. Mit VIVO wurde eine minimal-invasive Schmerzbehandlung entwickelt, die den für die Schmerzverarbeitung zentralen Vagusnerv am Ohr stimuliert. Dies führt zu einer körpereigenen Schmerzlinderung. Ohne Medikamente und somit auch ohne das Risiko einer medikamentösen Abhängigkeit. VIVO wurde 2021 in der EU zugelassen, seit Jänner 2025 erstatten die heimischen Krankenkassen die Kosten, wenn Behandlung in einer Spitalsambulanz erfolgt.
UpNano
Dieses Start-up druckt lebende Zellen oder optische Bauteile auf der Spitze einer Glasfaser, es ist laut Firmenangaben das weltweit schnellste hochauflösende 3D-Drucksystem von Größen bis in den Nanobereich.
ImageBiopsyLab
KI-Plattform zur präzisen Analyse von Röntgenaufnahmen für muskuloskelettale Erkrankungen. Wird an 160 Standorten in Europa und den USA eingesetzt.
Regenera
Entwickelt eine Stammzellentherapie zur Behandlung von akuten Rückenmarksverletzungen.
andrea.hodoschek@kurier.at

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