Smartphone-Schnupperkurs: So ruft man die kleinen Helferlein

Smartphone-Schnupperkurs: So ruft man die kleinen Helferlein
Ein Türöffner für ältere Menschen in die digitale Welt: Lokalaugenschein beim „Kaffee digital“ in Wien-Josefstadt.

Das haben wir den Enkerln zu verdanken. Der Satz ist am Montag im Cafe Florianihof in Wien-Josefstadt öfters zu hören. „Oma, du brauchst dringend ein neues Handy“, habe ihr der Jungspund eingeredet. Jetzt ist es da, das erste Smartphone. Und plötzlich sieht alles anders aus als vom alten Handy gewohnt.

Das „Kaffee digital“ verspricht da Hilfe; an die 100 Seniorinnen und Senioren sind zum Schnupperkurs für Smartphone und Tablet gekommen. „Sind Sie pädagogisch geschult? Sie machen das so geduldig“, streut eine Dame ihrem „Trainer“ Rosen. Der lacht. Es wirkt geschmeichelt, aber zugleich auch etwas verlegen.

Stefan Zwittnig ist von einem großen Mobilfunkanbieter für die kostenlosen Schulungen abgestellt, die in einer Art Roadshow durch alle Bundesländer touren. Heute sind TV-Moderator Reinhard Jesionek und Schauspielerin Marika Lichter da, um der Initiative ein Gesicht zu leihen. Und der älteren Generation Hemmungen zu nehmen.

Denn das weiß auch Zwittnig aus langjährigen Beratungen: „Viele Junge kennen sich ebenfalls nicht aus. Der einzige Unterschied ist: Die würden es nie zugeben.“

Smartphone-Schnupperkurs: So ruft man die kleinen Helferlein

„Wischi und waschi“

Im „Kaffee digital“ sind alle Fragen willkommen. An einem Tisch werden Tablets ausprobiert, am anderen werden Erfahrungen mit WhatsApp und anderen Apps („kleine Helferlein“, wie sie ein Teilnehmer nennt) getauscht. Im Hinterzimmer machen sich Interessierte, die noch nie eins in der Hand hatten, mit Smartphones vertraut. Die Scheu, womöglich etwas falsch zu machen und deshalb lieber ganz die Finger davon zu lassen: Das ist für die Älteren die größte Bürde. Dabei wäre ein Smartphone mit Internetzugang für sie besonders hilfreich. Um mit den Kindern im Ausland über Videotelefonie Kontakt zu halten. Um Fotos austauschen. Um Bahntickets zu buchen. Oder um den Wocheneinkauf nach Hause zustellen zu lassen, wenn die Beine einmal nicht so mitspielen.

„Ich wollte meine Frau überreden mitzukommen“, erzählt Bruno (79). Er war 40 Jahre lang im Verkauf tätig, als die ersten Computer aufkamen, hätten sich aber die jüngeren Mitarbeiter darum gekümmert. Heute ist er quasi von Experten umzingelt, sein Sohn und Enkerl sind Programmierer. Aber wie so oft: „Wenn sie mir etwas vorzeigen, dann so schnell, dass ich unmöglich mitkomme.“

Und wo ist seine Ehefrau? „Daheim. Keine Chance. Sie verweigert diese ‚Wischi und waschi‘-Geräte, wie sie sagt, komplett.“ Herr Bruno hingegen ist auf dem neuen Smartphone, das er seit zwei Monaten besitzt, schon erstaunlich firm. Viele WhatsApp-Meldungen hat er noch nicht verschickt. Aber jetzt, wo er weiß, dass das Heftklammer-Symbol etwas anfügt, ist das Foto ratzfatz versendet.

Elfi und Werner sind seit 51 Jahren verheiratet, wischen aber getrennt. Ihre Smartphones sind akkurat mit Namensklebern gekennzeichnet – ein günstiges Partnerangebot hat sie verlockt.

Wäre noch das Problem mit Kontakten, wo zuvor nie welche waren. Tröstlich: Selbst der Profi muss suchen und wischt sich durch verschlungene Menüs. Dann steht endlich fest: Die Kontakte sind eine Favoritenliste, die das Handy von sich aus anlegt. Löschen kann man sie auch. Wenn man weiß, wo.

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Reinhard Jesionek, Ingrid Korosec (Seniorenrat), Ministerin Margarete Schramböck, Peter Kostelka (Seniorenrat), Marika Lichter

Das Bauchgefühl

Fragen älterer Menschen seien recht konkret, sagt Zwittnig. Wie man Apps hinzufügt und entfernt. Oder Geburtstage im Kalender einträgt. Oft sei die Sicherheit ein Thema. Der Experte rät, dem Bauchgefühl zu vertrauen. Und sich nicht von Warnungen wie „ACHTUNG! Sie haben einen Virus, klicken sie hier“ in die Irre führen zu lassen.

Ein Ehepaar macht sich indes im Aufbrechen Gedanken zur Enkel-Generation. „Da sitzt in der U-Bahn ein fescher Bursch, ihm gegenüber ein hübsches Mädchen. Aber beide haben nur Augen für ihr Kastl“, schüttelt sie den Kopf, während sie sich den Schal umwickelt. „Und dann klagen sie, wie schwer es ist, wen kennenzulernen.“ Wobei: Dafür gibt es heute ja viele Apps zur Partnersuche.

Initiative „fit4internet“

Was? Digitale Basiskompetenzen für die Generation 60+ wollen das Digitalisierungsministerium und der Seniorenrat fördern. Die Initiative finanzieren große Unternehmen.

Wann/wo? Die „Kaffee Digital“-Schnupperkurse sind gratis. Informationen über künftige Termine gibt es  unter www.fit4internet.at und die Hotline 0800-22 10 55 (Mo. bis Fr., 10 bis 14 Uhr)

Wozu? Der EU-Rahmen für digitale Kompetenz (DigComp)  sieht acht Stufen  vor, die ähnlich den Sprachlevels sind. Das Ziel wäre, dass alle Österreicher bei digitaler Kompetenz  mindestens Stufe vier (unabhängig, bedürfnisorientiert, auch
bei neuen Problemen) erreichen.

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