Freie Fahrt für Senioren, aber: Selbstauskunft "durchaus sinnvoll"

Hierzulande zeigen sich Verkehrsklubs und Seniorenvertreter zufrieden - wenn nicht sogar erleichtert - über die Entscheidung der EU-Länder, keine verpflichtenden Untersuchungen für ältere Autofahrer einzuführen.
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Martin Hoffer, Leiter der ÖAMTC-Rechtsdienste, nennt die altersunabhängige Pflicht zur Selbsteinschätzung der Fahrtüchtigkeit eine „ausgewogene Maßnahme zur Wahrung der Verkehrssicherheit, ohne die betroffenen Personenkreise übertrieben zu belasten.“ Gemeinsam mit einem engmaschigen Netz der gesundheitlichen Vorsorge sei diese Selbstauskunft ausreichend, um die Ziele im Bereich der Verkehrssicherheit zu erreichen, sagt Hoffer dem KURIER.
"Überbordender Aufwand"
„Durchaus sinnvoll“ findet auch Arbö-Generalsekretär Gerald Kumnig den Vorschlag, dass im Rahmen der Führerscheinverlängerung eine medizinische Selbstbewertung abzugeben sein soll. Einerseits sei dadurch die Selbstreflexion der Führerscheinbesitzer gegeben, andererseits entfalle der „überbordende Aufwand einer verpflichtenden ärztlichen Überprüfung“.
Eine solche Verpflichtung sei „diskriminierend und ungerecht“, so Kumnig, „Die Geburtsurkunde darf nicht darüber entscheiden, ob jemand fahrtauglich ist oder nicht.“ Außerdem sei im Führerscheingesetz ohnehin bereits geregelt, dass ein Autolenker nur dann ein Fahrzeug in Betrieb nehmen darf, wenn es die körperliche und geistige Verfassung zulässt.
Ältere Fahrzeuglenker
Den höchsten Anteil an Unfallverursachern weisen die ältesten Pkw-Lenker auf. Nach den Zahlen der Statistik Austria haben 83 Prozent der Über-85-Jährigen und 77 Prozent der 80- bis 84-Jährigen, die in den vergangenen fünf Jahren an Unfällen beteiligt waren, diese auch verursacht
3 von 4 PKW-Fahrer über 75
sind bei einem Unfall, an dem sie beteiligt sind, auch der Unfallverursacher
Fahranfänger
Bei den unter 24-Jährigen waren zwei von drei Lenkern für den Unfall verantwortlich. In dieser Altersgruppe ist mit 30 Prozent der Anteil der Fahranfänger am höchsten
Mittvierziger
Am seltensten verursacht hat die Gruppe der 45- bis 49-jährigen PKW-Fahrer Unfälle. Der Wert liegt hier bei etwas mehr als 49 Prozent
Männer vs. Frauen
Einen Unterschied gibt es auch zwischen den Geschlechtern: Männer, die an Unfällen beteiligt waren, waren zu fast 60 Prozent auch die Verursacher. Bei den Frauen liegt der Wert hingegen nur bei etwa 53 Prozent. Bei den Lenkern zwischen 20 und 24 Jahren ist die Differenz mit 67 Prozent bei den Männern und 58 Prozent bei den Frauen noch ausgeprägter
Keine Überregulierung
Auch Seniorenbund-Chefin Ingrid Korosec kann sich eine verpflichtende Selbsteinschätzung für alle Führerscheinbesitzer gut vorstellen, wie sie im Gespräch mit dem KURIER erklärt. Sie schlägt etwa einen Abstand von fünf Jahren zwischen den Kontrollen vor. „Ich vertraue auf die Eigenverantwortung der Menschen und lehne eine Überregulierung klar ab“, so Korosec.
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Es gebe bereits jetzt die Möglichkeit, sich freiwillig einer Fahrtauglichkeitsuntersuchung zu unterziehen. Außerdem bieten Autofahrerklubs eigene Fahrtrainings für ältere Führerscheinbesitzer an. Senioren sollten animiert werden, solche Angebote in Anspruch zu nehmen, meint Korosec. Sie sollten aber nicht dazu verpflichtet werden.
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