Högl-Chef: "Nicht alle Frauen wollen Sneakers"

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Wie die Premium-Marke aus Oberösterreich der Krise im Schuhhandel davonstöckelt.

Der heimische Schuhhandel steckt seit Jahren in der Krise. Der Trend zum Sneaker als Ganzjahresschuh, hohe Preissensibilität bei den Konsumenten und die zunehmende Verlagerung des Geschäfts ins Internet setzen der Branche zu und beschleunigen die Marktbereinigung. 

Nach dem Aus von Stiefelkönig, Delka, Salamander oder Görtz sind nur noch wenige Anbieter übrig. Vor kurzem erfolgte der Verkauf der Humanic-Mutter Leder & Schuh an die slowenische Kette Mass. „Der Schuhmarkt verändert sich seit mehr als zehn Jahren, Corona hat das noch beschleunigt“, berichtet Högl-Geschäftsführer Gerhard Bachmaier dem KURIER, „du kannst nur über den Preis oder mit Qualität überleben, wir haben uns für die Qualität entschieden“. 

Fokus auf Premium-Schuhe

Mit konsequenter Zielgruppenfokussierung und hoher Exportquote versucht die oberösterreichische Schuhmarke der Abwärtsspirale zu entkommen. Mit Erfolg. „Heuer geht es erstmals seit Jahren für uns wieder aufwärts“, sagt Bachmaier. Das liegt vor allem daran, dass es in diesem Segment kaum noch Mitbewerber gibt. „Nicht alle Frauen wollen Sneaker, viele suchen auch die Qualität“. Der Vorteil: Högl-Schuhe seien „deutlich günstiger als der Luxusbereich, wo die Preise für ein Paar Schuh in Richtung 1.000 Euro gehen“. Das sei für Konsumenten kaum noch erschwinglich.

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Högl-Schuhproduktion in Ungarn

Den Verkauf von Humanic, dem wichtigsten Vertriebspartner von Högl in Österreich,  sieht Bachmaier grundsätzlich positiv, zumal der neue Eigentümer Expansionspläne hegt und im Premium-Segment punkten möchte. „Hier hat Humanic ja fast schon ein Alleinstellungsmerkmal“. 

90-Jahr-Jubiläum

Hinter der Marke Högl steht die Lorenz Shoe Group GmbH mit Sitz in Taufkirchen an der Pram. Das 1935 vom Schuhmacher Josef Högl gegründete Unternehmen feiert heuer sein 90-Jahr-Jubiläum und steht mehrheitlich im Besitz der Familie Lorenz, auch Geschäftsführer Bachmaier hat Anteile. Zu Lorenz gehören auch die  Komfortschuh-Marken Ganter und Hassia. 

Damenschuhe für Ulan Bator

Nur 10 Prozent des Umsatzes entfällt auf Österreich, wo Högl vier eigene Shops betreibt und im Fachhandel gelistet ist, 90 Prozent werden exportiert. Wichtigster Markt ist Deutschland, das stärkste Wachstum gibt es in Osteuropa, wo Högl die wichtigste Schuhmarke im Premium-Segment sind. „Wir können in den eigenen Geschäften auch Schuhe zwischen 150 und 200 Euro verkaufen, Stiefel bis zu 350 Euro, das funktioniert gut“, berichtet der Högl-Chef von einer wachsenden, wohlhabenderen Zielgruppe in diesen Ländern. „Vor allem in den osteuropäischen Ländern gibt es eine gewisse Neigung zu femininen Schuhen“. Generell habe hier das Thema Anziehen noch einen höheren Stellenwert als in Mitteleuropa 

Högl-Schuhe sind in vier eigenen Shops in Budapest ebenso erhältlich wie in Tschechien, Polen, Kasachstan, Ulan Bator in der Mongolei, aber auch China und die USA. Russland wird nicht mehr beliefert.

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Högl-Filiale 

Produktion in Ungarn

Produziert werden die Högl-Schuhe seit 20 Jahren im ehemaligen Salamander-Werk in Ungarn, wo zuletzt in neue Maschinen investiert wurde. „Wir können hier die Qualität produzieren, die wir brauchen und haben dieselben Lieferanten wie die Luxusbranche“, erläutert Bachmaier. Komponenten kommen aus Italien, einzelne Schmuckteile aus China. Das Schuhdesign erfolgt in Oberösterreich, auch die Qualitätskontrolle, Zentrallogistik, Auslieferung und das Marketing findet am Firmensitz statt.

Eine Schuhproduktion in Österreich sei aufgrund der hohen Kosten preislich nicht mehr darstellbar. „Das wird auch nicht mehr zurückkommen“. Bei der Schuhfertigung sei nach wie vor sehr viel Handarbeit nötig, ein Schuh besteht aus 150 Teilen, „da lässt sich nur relativ wenig automatisieren“. 

Högl beschäftigt 800 Mitarbeiter, etwa die Hälfte davon in der Produktion in Ungarn, der Rest in der Zentrale und in den eigenen Shops. Pro Jahr werden etwa eine Million Paar Schuhe produziert, zuletzt wurde rund 80 Mio. Euro Umsatz erwirtschaftet. Ein Niveau, das in den nächsten Jahren gehalten werden soll. 

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