Studie: Die Wirtschaft profitiert vom Pfusch

Drei Bauarbeiter arbeiten im Gegenlicht auf einer Baustelle.
Ökonom Friedrich Schneider sagt, Pfuscher haben höhere Einkommen und geben das Geld auch wieder aus.

Zuerst die gute Nachricht: Das Wirtschaftswachstum, die Steuersenkung und der Handwerker-Bonus werden heuer den Pfusch in Österreich um 8,34 Prozent auf 18,92 Milliarden Euro senken. Alleine eine Milliarde Euro des Rückgangs ist auf die Entlastung bei den Lohn- und Einkommenssteuern zurückzuführen. Detail am Rande: Der Pfusch macht heuer 7,11 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung, sprich des Bruttoinlandsproduktes (BIP), aus. Das ist ein Rückgang um 0,65 Prozentpunkte.

Die schlechte Nachricht ist, dass der größte Verlierer nach den Angaben von Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider der Staat ist, dem Steuer- und Sozialversicherungsausfälle von 2 bis 3,5 Milliarden Euro pro Jahr blühen. Weitere Verlierer sind die Krankenversicherungen, die die erhöhten Kosten durch zusätzliche Unfälle und die allfällige Arbeitsunfähigkeit von (früheren) Pfuschern tragen müssen.

Durch zwei Faktoren wird 2017 der Pfusch forciert: Durch die steigende Arbeitslosigkeit von 357.800 auf 373.800 Personen und durch die steigenden Flüchtlingszahlen. Durch beide Faktoren wird die Schattenwirtschaft 2017 um insgesamt 477 Millionen Euro zulegen. Aufgrund der langen Wartezeiten, bis die Flüchtlinge in den offiziellen Arbeitsmarkt integriert werden, werden diese wahrscheinlich vor allem am Arbeitsstrich aktiv.

Neue Hochrechnung

Ein Mann mit grauem Haar und Anzug spricht.
Friedrich Schneider, Leiter Institut für Volkswirtschaftslehre der Johannes Kepler Universität Linz, Uni, JKU, OÖ
"Es wird hier einmal angenommen, dass 40.000 Flüchtlinge im Jahr 2017 im Pfusch tätig werden", erklärt Professor Friedrich Schneider von der Johannes-Kepler-Universität (JKU) Linz . Er geht davon aus, dass ein Flüchtling fünf Euro pro Stunde kassiert und aufgrund der Sprach- und Integrationsschwierigkeiten nur 20 Stunden pro Woche arbeitet. Unterm Strich macht das im Jahr 192 Millionen Euro.

Zumindest 465 Millionen Euro

Erstmals wurde auch die Abschaffung der Kalten Progression, sprich der Verringerung der Real-Einkommenszuwächse durch die Preissteigerung (Inflation), simuliert. Eine solche Maßnahme hätte deutliche Auswirkungen auf den Pfusch. Schneider empfiehlt der Regierung die Abschaffung der Kalten Progression. Damit könnte man hierzulande die Schattenwirtschaft um zumindest 465 Millionen Euro und maximal um 545 Millionen Euro senken.

"Bisher nur Wischiwaschi"

Von der Politik erwartet er sich aber keine rasche Lösung. "Es wird zwar darüber geredet, aber bisher ist das nur Wischiwaschi", sagt Schneider zum KURIER. Der Schattenwirtschaft kann er auch Positives abgewinnen. "Der Pfusch ist insgesamt Wohlstands steigernd", sagt der Professor. "Auch die Wirtschaft profitiert vom Pfusch. Denn die Pfuscher verfügen über ein höheres Einkommen und geben das Geld wieder offiziell aus, im Baumarkt, für einen neuen Fernseher oder eine neue Wohnungseinrichtung." Oder anders gesagt: Das Schwarzgeld kommt umgehend wieder in den offiziellen wirtschaftlichen Kreislauf. Der Staat kassiert dadurch unter anderen auch Umsatzsteuer. So halten sich die Steuerverluste des Staates in Grenzen.

Wo am meisten gepfuscht wird

Der größte Brocken beim Pfusch entfällt mit 39 Prozent oder 7,38 Milliarden Euro auf den Bau und auf Handwerker; 3,22 Milliarden Euro auf haushaltsnahe Dienstleistungen (Reinigung, Babysitter, Nachhilfe, Friseure) und drei Milliarden Euro auf die Gastronomie und Hotellerie.

Organisierte Kriminalität

Etwa 16 Prozent des Pfuschs gehen auf organisierte Kriminalität zurück, etwa auf Prostitution und Sozialbetrug am Bau. Aber 17 Prozent des Schattenwirtschaftsvolumens verursachen Arbeitslose und Frühpensionisten. 66 Prozent der Schattenwirtschaft-Wertschöpfung kommt von Personen, so Schneider, die in einem offiziellen Job arbeiten und ihre Einkommen voll versteuern, "nur" die Überstunden werden schwarz kassiert.

Nachbarschaftshilfe

Zum Pfusch gehört auch die in ländlichen Raum gepflegte Tradition der Nachbarschaftshilfe. Das heißt: Die Nachbarn helfen am Wochenende tatkräftig beim Hausbau - ohne jegliche Entlohnung. Schneider: "Viele Häuser und Eigenheim gäbe es ohne Pfusch nicht."

Die Pfusch-Wertschöpfung nach Bundesländern:

5,21 Milliarden Euro in Wien

3,16 Milliarden Euro in Oberösterreich

3,07 Milliarden Euro in Niederösterreich

2,18 Milliarden Euro in der Steiermark

1,44 Milliarden Euro in Tirol

1,40 Milliarden Euro in Salzburg

1,16 Milliarden Euro in Kärnten

0,85 Milliarden Euro in Vorarlberg

0,41 Milliarden Euro im Burgenland

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