Auch wenn explizit erwähnt ist, dass das Finanzministerium „nachdrücklich“ Frauen zur Bewerbung einlädt, wäre die Kür einer Vorständin ein kleines Wunder. Die Ausschreibung ist dieselbe wie letztes Mal, wieder werden Kenntnisse in der Bankenabwicklung und in der Aufsicht gefordert, was den Bewerberkreis stark einschränkt.
Wie man hört, will sich Ettl wieder bewerben. Was für ihn spricht: Vermutlich kein Bewerber im Inland hat mehr Aufsichts-Erfahrung. Doch die Erfolgsbilanz des SPÖ-nahen Ettl ist durchmischt. Auch wenn der FMA formal und strafrechtlich nie ein Versagen nachgewiesen werden konnte, war ihre Rolle bei Problembanken oft, gelinde gesagt, diskussionswürdig. Aktuellstes Beispiel ist der spektakuläre Zusammenbruch der Mattersburger Commerzialbank.
Durchaus Chancen werden dem grünen Finanzexperten Josef Meichenitsch, 42, attestiert. Der enge Wirtschaftsberater von Vizekanzler Werner Kogler kommt aus der FMA und wechselte 2020 als Abteilungsleiter in die Nationalbank. Meichenitsch wird in Finanzkreisen viel Expertise attestiert. Er zog in der OeNB erfolgreich den ersten Banken-Klima-Stresstest durch, in der FMA war er für Geldwäsche zuständig, das Europäische Gericht bestätigte seine Arbeit in der Causa Meinl Bank.
Im Sideletter zum türkis-grünen Regierungsabkommen wurde eigentlich ein Vorstandsposten in der FMA für die Grünen ausverhandelt. Trotzdem kein aufgelegter Ball für Meichenitsch. Denn dieser Job wird nicht von der Regierung besetzt, sondern von der OeNB. Ettl selbst kommt aus der Notenbank und hat ein hoch dotiertes Rückkehrrecht dorthin.
Meichenitsch saß zwar in Koglers Team für die Regierungsverhandlungen und war für den Finanzbereich zuständig, aber ausgerechnet als die FMA-Passage im Sideletter ausgeschnapst wurde, debattierte er im Nebenzimmer die Aufsichtsreform, erinnern sich Teilnehmer. So dürfte den Grünen der Lapsus mit der FMA-Besetzung passiert sein.
Entscheiden wird also das vierköpfige OeNB-Direktorium, gleichauf besetzt von Blau und Schwarz. Eine maßgebliche Rolle könnte Vize-Gouverneur Gottfried Haber (ÖVP Niederösterreich) spielen, Mitglied der Bestellungskommission. Er ist der oberste Chef von Meichenitsch, soll aber sehr gut mit Ettl sein. Dem karenzierten, karriere-orientierten Professor wird zugetraut, dass er sich für Ettl einsetzt. Mit dem Nebeneffekt, sich damit für später auch, falls notwendig, die Unterstützung der SPÖ für die Nachfolge von OeNB-Gouverneur Robert Holzmann zu sichern, dessen Mandat im Sommer 2025 abläuft.
Die ÖVP hat beim FMA-Vorstand derzeit nichts mitzureden, sie hat mit Eduard Müller bereits ihren Mann hinein reklamiert. Der Kurzzeit-Finanzminister der Experten-Regierung könne dem dominanten Ettl aber keineswegs Paroli bieten, bedauert man in ÖVP-Kreisen.
Ettl führe in der FMA ein rigides Regime, hört man anhand von etlichen Begebenheiten aus Mitarbeiter-Kreisen. Zuletzt wurde gegen den Chef der Revision intern ermittelt, weil er ein harmloses Mail an seinen CV-Bruder, ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner, über Reformen verfasst hatte. Die Untersuchung brachte keine Anhaltspunkte über die Weitergabe von Infos, doch der Revisions-Chef wurde abgesetzt, sein Job ist ausgeschrieben.
Dass Ettl seine ehemalige Assistentin, die er angeblich einst aus sehr linken SPÖ-Kreisen in die FMA geholt haben soll, kürzlich ohne entsprechende Fach-Erfahrung in die Bankenaufsicht setzte, sorgt ebenfalls für viel Unmut in der Belegschaft.
andrea.hodoschek@kurier.at
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