RHI: Feuertaufe für Feuerfest-Riesen

RHI: Feuertaufe für Feuerfest-Riesen
Der heimische RHI-Konzern will mit neuem Werk und neuem Chef dem Platzhirschen Magnesita Marktanteile abjagen.

Wir sind nicht zu spät dran, die Stahlproduktion in Brasilien wird in den nächsten Jahren sicher stark ausgebaut. Und davon werden wir als Anbieter von Feuerfest-Ausrüstungen profitieren." Der neue RHI-Chef Franz Struzl, der am Freitag im Bundesstaat Rio de Janeiro den Spatenstich für das erste RHI-Werk in Brasilien setzte, erwartet vor allem durch Infrastrukturinvestitionen für die Fußball-WM 2014 und die Olympischen Sommerspiele 2016 einen deutlichen Anstieg des Stahlverbrauchs in Brasilien. "Brasiliens Stahlhunger ist ungebrochen, auch wenn die Produktion derzeit stagniert", ist Struzl überzeugt. Derzeit verbraucht das boomende Land nur 140 Kilo Stahl pro Einwohner und Jahr.

In China sind es 450, in den Industriestaaten mehr als 500 Kilo. Insgesamt plant Brasilien bis 2020 die Stahlproduktion von derzeit knapp 40 auf 70 bis 80 Millionen Tonnen pro Jahr zu verdoppeln. Neben dem neuen Werk von ThyssenKrupp für 5 Millionen Tonnen Stahl jährlich- das seit Mai 2011 in Betrieb ist und dessen Feuerfest-Hauptlieferant die RHI ist - sind derzeit zwei weitere Stahl-Komplexe in ähnlicher Größenordnung in Planung.

100.000 Tonnen

RHI: Feuertaufe für Feuerfest-Riesen

Ein weiteres Werk braucht die RHI für das Mitwachsen mit dem Hauptkunden Stahlindustrie für längere Zeit nicht. Das Werk nahe der Stadt Qeimados, in das 85 Millionen Euro investiert werden, ist für eine Jahresproduktion von 100.000 Feuerfest-Material angelegt.

Nach dem Start im Sommer 2013 sollen in der ersten Stufe 60.000 Tonnen, vorerst nur für die Stahlkunden, erzeugt werden. Dadurch soll der Marktanteil von derzeit rund 15 zumindest verdoppelt oder sogar auf 40 Prozent steigen. Platzhirsch in Brasilien und Südamerika ist der brasilianische Konkurrent Magnesita, hinter der RHI weltweit drittgrößter Produzent. Die Steigerung auf 100.000 Tonnen jährlich soll aber erst dann erfolgen, wenn die RHI auch in der Zement- und Glasindustrie Fuß gefasst hat. Struzl: "Die RHI hat sich bisher auf den Stahlbereich konzentriert, wir müssen stärker in diese Branchen gehen."

Mittelfristig plant die RHI auch eine Rohstoff-Basis vor Ort. Für den Startschuss 2013 wird das benötigte Magnesit zur Gänze aus Österreich und der Türkei importiert. Struzl: "Wir wollen die Eigenversorgung auf 70 bis 80 Prozent erhöhen. Dafür werden wir uns mittelfristig auch Möglichkeiten in Brasilien anschauen." Konkrete Projekte für eigene Minen in Südamerika gibt es aber noch nicht.

Für den Gesamtkonzern sind Struzls Ziele ehrgeizig. Der ehemalige voestalpine-Chef, der 2003 wegen einer Insider-Affäre mit Aktien des Weichenherstellers VAE gehen musste, will den RHI-Umsatz während seines drei Jahre laufenden Vertrags von 1,5 auf zwei Milliarden Euro steigern.

200 heimische Firmen produzieren in Brasilien

Die Firmen kommen langsam drauf, dass exportieren allein nicht ausreicht. Unternehmen, die auf diesem riesigen Markt dauerhaft Fuß fassen wollen, sind direkt vor Ort." Ingomar Lochschmidt, Wirtschaftsdelegierter der Wirtschaftskammer in Brasilien, ortet ein zunehmendes Interesse heimischer Unternehmen für direkte Investitionen in Brasilien. Spitzenreiter unter den rund 200 Firmen ist die voestalpine mit einem Weichenwerk der Tochter VAE und der Böhler-Edelstahl-Tochter Vilares.

Von der Zahl der Produktionen her ist allerdings das im Inland wenig bekannte Vorarlberger Unternehmen Alpla führend. Die Gruppe betreibt bereits zehn Fabriken für die Produktion von Rohlingen für PET-Flaschen. Zu den Großinvestoren zählt auch der steirische Anlagenbauer Andritz.

Insgesamt ist das boomende Land - dessen Wirtschaft 2010 um 7,5 Prozent wuchs, heuer werden es 4 Prozent sein - mit einer Milliarde Euro Volumen jährlich hinter den USA, China und Japan der viertgrößte Übersee-Markt.

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