Pensionsdebatte in Österreich: Geschäft mit der privaten Altersvorsorge springt an

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Verunsicherung über staatliches Pensionssystem, nach etlichen Jahren erstmals wieder Zuwächse bei privater Vorsorge.
Andrea Hodoschek

Andrea Hodoschek

Die politischen Debatten über die Finanzierbarkeit des staatlichen Pensionssystems, der sogenannten ersten Säule, zeigen Wirkung.

Die heimischen Versicherungen melden für das erste Halbjahr 2005 erstmals seit etlichen Jahren wieder Zuwächse im Neugeschäft mit der Lebensversicherung.

Über die gesamte Branche erhöhten sich die Prämien im ersten Halbjahr 2025 im Jahresabstand um 3,67 Prozent auf 2,73 Milliarden Euro. Das Wachstum betrifft zwar vor allem Einmalerläge (Prämie wird im Vorhinein als Gesamtsumme einbezahlt). Doch einige Anbieter vermelden bereits wieder einen Zuwachs bei den Polizzen gegen laufende Prämien, der klassischen privaten Pensionsvorsorge.

„Der Grund ist die Verunsicherung in der Bevölkerung“, erklärte Ralf Müller, CEO der Wiener Städtischen, am Mittwochabend bei einer Veranstaltung des Finanzjournalistenforums über die Zukunft des Pensionssystems im Wiener Ringturm. Als größter heimischer Lebensversicherer forciere die Wiener Städtische die private Altersvorsorge stark und habe schon seit zwei, drei Jahren Zuwächse. Im Vorjahr stiegen auch die Einnahmen gegen laufende Prämien um 1,5 Prozent auf 1,08 Milliarden Euro, im ersten Halbjahr um 1,8 Prozent auf 573 Millionen Euro.

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Ralf Müller, CEO Wiener Städtische

Die erste Säule sei ein wichtiger Anker und das Umlagesystem in Österreich sehr stabil. Allerdings seien die Pensionen im Umlagesystem praktisch kreditfinanziert, sagte Müller, der eine Anhebung des gesetzlichen Antrittsalters fordert. Diesen Schritt hätte man bereits vor zehn Jahren setzen müssen, „schon damals war die Entwicklung absehbar“. Derzeit verwalten die privaten Lebensversicherer rund 65 Milliarden Euro an Kapitalanlagen, die Pensionskassen für die betriebliche Vorsorge rund 30 Milliarden.

Christine Mayrhuber, Vorsitzende der Alterssicherungskommission, räumte ein, Österreich habe ein „sehr generöses System und strukturelle Probleme, dieses zu finanzieren“. Das Wachstum der Lohnsumme reiche nicht, um die Dynamik zu decken. Daher müsse kurzfristig dringend auf der Einnahmenseite etwas getan werden. Die Wifo-Expertin urgierte wieder Maßnahmen zur Bekämpfung der „zu hohen Arbeitslosigkeit“. Sie rät außerdem, das Valorisierungssystem für die jährliche Anpassung der Pensionen neu aufzustellen. Die meisten EU-Länder hätten Mischsysteme, also eine breitere Basis als lediglich die Inflation.

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Christine Mayrhuber, Vorsitzende Alterssicherungskommission

Länger arbeiten

Mayrhuber spricht sich vehement gegen die von der Regierung geplante einheitliche Flat Tax für Pensionisten aus, die länger arbeiten. Vorgesehen waren 25 Prozent, jetzt kursieren bereits höhere Steuersätze. Eine Flat Tax wäre eine „Steuer für Manager“, da die höchsten Einkommen subventioniert würden, was weder sozial- noch steuerpolitisch leistbar wäre.

Doch immer mehr ältere Arbeitnehmer bleiben länger im Job. In der Wr. Städtischen sind derzeit 384 Mitarbeiter über das gesetzliche Pensionsalter hinaus angestellt, das sind rund zehn Prozent der gesamten Belegschaft.

Einig dürfte sich die Regierung inzwischen darüber sein, die 300 Euro zu erhöhen, die Unternehmen für Altersvorsorge ihrer Mitarbeiter steuerlich geltend machen können und die seit einer halben Ewigkeit nicht valorisiert wurden. Freilich erst dann, wenn das Budget gerettet ist.

Porträt von Andrea Hodoschek, Autorin der Serie „Wirtschaft von Innen“.

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