Panama-Leaks: Isländischer Regierungschef zurückgetreten

Die Affäre um die Enthüllung Hunderttausender Briefkastenfirmen in Panama hat ihr erstes prominentes politisches Opfer gefordert: Der isländische Ministerpräsident Sigmundur David Gunnlaugsson hat am Dienstag seinen Rücktritt erklärt, um einer Absetzung durch das Parlament in Reykjavik zuvorzukommen.
Gunnlaugsson hatte die Unterstützung seines Koalitionspartners verloren, als bekannt geworden war, dass seine Frau über eine Briefkastenfirma Anteile an 2008 kollabierten isländischen Banken gehalten hat. Der Regierungschef versuchte sich daraufhin mit der Flucht in vorgezogene Neuwahlen zu retten, doch stellte sich Staatspräsident Olafur Ragnar Grimsson quer. Am Montagabend hatten Tausende vor dem Parlament Gunnlaugssons Rücktritt gefordert.
Gunnlaugssons Nachfolger als Regierungschef soll der bisherige Fischereiminister Sigurdur Ingi Johannsson (53) werden, teilte die regierende Fortschrittspartei am Dienstagabend in Reykjavik mit. Johannsson ist Vizechef der großen Regierungspartei.
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Obama: "Gewaltiges globales Problem"
US-Präsident Barack Obama hat das Phänomen der Steuerflucht nach den Panama-Enthüllungen als ein "gewaltiges globales Problem" bezeichnet. Die internationale Kooperation bei der Bekämpfung der Steuerflucht müsse verstärkt werden, forderte Obama am Dienstag.
Er beklagte, dass reiche Bürger und Unternehmen Schlupflöcher nutzten, zu denen normale Steuerzahler keinen Zugang hätten. "Vieles davon ist legal. Und das ist das Problem." Obama forderte den US-Kongress auf, Reformen anzugehen, damit diese Schlupflöcher geschlossen werden könnten.
Hypo Vorarlberg: Keine Geschäfte mehr mit Timtchenko
Die Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank ( Hypo Vorarlberg) hat ihre Geschäftsbeziehung mit dem russischen Milliardär Guennadi Timtchenko (auch: Gennadi Timtschenko) für beendet erklärt. Man habe in gegenseitigem Einvernehmen einen Schlusspunkt gesetzt, auch "aufgrund bevorstehender Umstrukturierungen", teilte Hypo-Vorstandsvorsitzender Michael Grahammer am Dienstag per Aussendung mit.
Um welche Art von Umstrukturierungen es sich dabei handelt, kommunizierte Grahammer nicht. Der Banken-Chef betonte weiters, dass sein Geldinstitut keine Geschäftsbeziehungen unterhalte, die gegen Sanktionen der EU, der Vereinten Nationen oder der US-amerikanischen Behörde OFAC (Office of Foreign Assets Control) verstoßen oder verstoßen haben.
Der mit finnischem Pass und Wohnsitz in der Schweiz ausgestattete Milliardär Timtchenko, der zu den engen Vertrauten des russischen Präsidenten Wladimir Putin gezählt wird, war 2012 ins Visier der Ermittler geraten. Bei der bisher letzten Prüfung der Hypo Vorarlberg durch die Finanzmarktaufsicht (FMA) wurde eine Verdachtsmeldung an die Geldwäsche-Meldestelle beim Bundeskriminalamt erstattet. Die Staatsanwaltschaft Feldkirch führte daraufhin Erhebungen wegen des Verdachts der Geldwäsche durch, stellte das Verfahren aber mangels Beweisen ein.
Deutsche Behörden prüfen Ermittlungen gegen Banken
Banken in Deutschland drohen wegen ihrer Geschäfte mit Briefkastenfirmen in Steueroasen rechtliche Schritte. "Niemand wird sich dem nationalen Recht und auch den deutschen Fahndungsbehörden dauerhaft entziehen können", sagte der deutsche Justizminister Heiko Maas am Dienstag in Berlin. "Wer sich da etwas zuschulden hat kommen lassen, der wird sich vor einem deutschen Gericht verantworten müssen."
Die deutsche Finanzaufsichtsbehörde BaFin soll nach Informationen aus Finanzkreisen einzelnen Banken bereits Fragen zu ihren Offshore-Geschäften gestellt haben. Weitere Untersuchungen seien möglich. Eine Behördensprecherin hielt sich zu dem Thema aber bedeckt. Der Deutsche Bankenverband räumte ein, dass auch deutsche Institute an der Gründung illegaler Briefkastenfirmen beteiligt gewesen sein könnten. Angesichts der angekündigten Prüfung durch die BaFin zeigte sich Verbands-Hauptgeschäftsführer Michael Kemmer aber gelassen. Die Banken müssten dafür sorgen, dass sie wüssten, wer hinter solchen Gesellschaften steckt. Wenn sie das gegenüber der Bankenaufsicht nachweisen könnten, gebe es keine Probleme, sagte Kemmer dem rbb-Inforadio am Dienstag.
Geschäfte werden geprüft
Die Staatsanwaltschaft München I kündigte an, die Verwicklungen der Bayerischen Landesbank ( BayernLB) in die Geschäfte zu prüfen. Es gehe darum herauszufinden, ob verfolgbare Straftaten vorliegen, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch am Dienstag. Erst wenn dem so sein sollte, würden Ermittlungen eingeleitet. Anzeigen seien nach den Berichten über die " Panama Papers" bisher keine eingegangen.
Die BayernLB prüft in diesem Zusammenhang nach eigenen Angaben auch selbst, ob ihre frühere Luxemburg-Tochter in sogenannte Offshore-Geschäfte verwickelt war. "Sollten sich Hinweise auf Gesetzesverstöße ergeben, geht die BayernLB diesen generell konsequent nach", erklärte das Institut. Laut SZ soll die vor Jahren verkaufte Tochter Banque LB Lux 129 Briefkastenfirmen verwaltet haben. Ob diese in die Gründung von Offshore-Gesellschaften eingebunden gewesen sei, "können wir zum jetzigen Zeitpunkt aufgrund des Luxemburger Bankgeheimnisses nicht nachvollziehen", erklärte die Landesbank. Dem Unternehmen lägen "keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der heutige BayernLB Konzern in derartige Geschäfte involviert ist."
"Kundenannahmeverfahren"
Für die Deutsche Bank listet die SZ 426 solcher Briefkastenfirmen auf. Die Bank wollte sich nicht zu Kundenbeziehungen äußern. Das Institut verwies allerdings erneut auf ein inzwischen verbessertes "Kundenannahmeverfahren". "Wir überprüfen, mit wem wir Geschäfte machen und stellen sicher, dass unsere Richtlinien, Verfahren und Systeme so gestaltet sind, dass sie alle relevanten Gesetzen und Regularien befolgen", erklärte eine Sprecherin.
Im vergangenen Jahr hatten die HypoVereinsbank, die HSH Nordbank und die Commerzbank bereits millionenschwere Bußgelder gezahlt. Sie sollen Kunden geholfen haben, Scheinfirmen in Überseegebieten wie Panama zu eröffnen und so Vermögen vor den Steuerbehörden zu verstecken. Die Behörden waren ihnen auf die Spur gekommen, nachdem Nordrhein-Westfalen eine Steuer-CD angekauft hatte.
Damit sei das Thema für die Commerzbank abgeschlossen, sagte ein Bank-Sprecher nun. Er betonte, dass die betroffene Luxemburger Tochtergesellschaft, schon 2008 "komplett umgesteuert" habe. Seitdem hätten Künden nachweisen müssen, dass die angelegten Gelder steuerlich in Ordnung seien. Wer das nicht konnte, dem sei gekündigt worden. Für die Commerzbank listet die SZ nach den aktuellen Recherchen 101 Briefkastenfirmen und weitere 333 bei der 2008 übernommenen Dresdner Bank auf.
Eurogruppenchef Dijsselbloem: Panama isolieren
Der niederländische Finanzminister und Chef der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, fordert, Panama international zu isolieren und zur Einhaltung internationaler Regeln gegen die Steuerflucht zu zwingen. "Es gibt immer noch Länder wie Panama, die sich den internationalen Standards entziehen", kritisierte er am Dienstag im niederländischen Fernsehen.
Dijsselbloem begrüßte die Enthüllungen über Briefkastenfirmen in den sogenannten Panama Papers als "sehr willkommenen Beitrag" zur Transparenz. Auch in Europa und international müsse noch viel geschehen, um Steuerflucht zu bekämpfen, erklärte der Chef der Euro-Gruppe am Dienstag im niederländischen Fernsehen in Den Haag. Dafür wollten sich die Niederlande noch während ihrer derzeitigen EU-Ratspräsidentschaft einsetzen.
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