Enthüllungen belasten auch Front National

Marine Le Pen spricht vor einem blauen Hintergrund am Rednerpult.
Vertraute von Parteichefin Le Pen hätten ein Offshore-System entwickelt, um Geld aus Frankreich zu schaffen.

Die ersten Konsequenzen nach den Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Panama ziehen bereits weite Kreise. Während das Land in Mittelamerika Ermittlungen eingeleitet und die Zensur in China die Panama Papers im Internet geblockt hat, berichtet die französische Zeitung Le Monde, dass auch der rechtsextreme französische Front National (FN) in die Affäre verwickelt sein soll. Vertraute von Parteichefin Marine Le Pen hätten ein "ausgeklügeltes Offshore-System" entwickelt, um über Tarnfirmen und falsche Rechnungen Geld aus Frankreich zu schaffen.

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Le Monde (@lemondefr

Ziel sei es gewesen, den "französischen Anti-Geldwäsche-Behörden zu entgehen", schreibt die Tageszeitung. Das System habe Hongkong, Singapur, die Britischen Jungferninseln und Panama umfasst. Alles zu den geheimen Deals der Offshore-Firmen finden Sie hier.

Vom Datenleck sind auch "Verwandte von mindestens acht gegenwärtigen oder früheren Mitgliedern des Ständigen Ausschusses des chinesischen Politbüros" betroffen (mehr zu den Schlüsselfiguren finden Sie unten). Nach Informationen der China Digital Times in Hongkong wies die Zensur die Staatsmedien an, Berichte über die Offshore-Firmen in Steueroasen zu suchen und diese zu löschen. Es wurde mit ernsten Konsequenzen gedroht, sollten dennoch Informationen auf Webseiten gefunden werden.

OECD kritisiert Panama

"Panama ist der letzte große Verweigerer, der es weiterhin erlaubt, dass Offshore-Fonds vor Steuer-und Strafverfolgungsbehörden versteckt werden", kritisierte OECD-Generalsekretär Angel Gurria heute, Dienstag, in Berlin.

Panama habe sich nicht an Zusagen gehalten, internationale Standards für Steuertransparenz einzuhalten. Die Konsequenzen seien nun öffentlich sichtbar. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) habe die Finanzminister der führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) erst vor einigen Wochen gewarnt, dass Panama einen Rückzieher gemacht habe beim vereinbarten automatischen Informationsaustausch über Finanzgeschäfte.

Reaktion von Finanzminister Schelling

Im Kampf gegen Steuerbetrug und Geldwäsche brauche es "klare internationale Regeln, die weit über eine Empfehlung hinausgehen", forderte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) am Dienstag vor dem Ministerrat. "Ich bin verwundert, dass man jetzt feststellt, dass es in Panama Briefkastenfirmen gibt", so Schelling auf Journalistenfragen, denn das habe man schon seit 1977 gewusst. Aber die zwei Fälle mit Österreich-Bezug (RBI und Hypo Vorarlberg) "werden sofort überprüft" und auch bei weitere Fällen werde dies geschehen. Problem seien aber vor allem Trusts, in die man nicht hineinschauen könne. Man solle nun nicht nur mit dem Finger auf Panama zeigen, viele Steueroasen seien mitten in Europa, etwa in Irland, Malta, Luxemburg, den Niederlanden.

"Österreich hat in Bezug auf die Geldwäsche das wahrscheinlich strengste Regime in Europa installiert" und auch im Zuge der Steuerreform viele Maßnahmen gegen Steuerbetrug gesetzt. Ob die Enthüllungen der "Panama-Papers" einen großen, einen kleinen oder gar keinen Skandal offenbaren, könne man rechtlich noch nicht bewerten. "Es kann sein, dass es viel Lärm um wenig ist", aber das könne man nicht bewerten, solange die Daten nicht verfügbar und die Netzwerke nicht bekannt seien. Aber "moralisch kann man uneingeschränkt sagen: Es ist nicht wünschenswert, dass diese Dinge passieren."

Panama hat Verfahren eingeleitet

In Panama prüft die Staatsanwaltschaft indes, inwieweit Straftaten vorlägen und von wem sie begangen worden seien. Auch dadurch möglicherweise entstandene finanzielle Schäden würden ermittelt. Die wichtigsten Antwort zu den Panama Papers finden Sie hier.

Anwaltskanzlei: Angriff auf das Land

Die in Panama-Stadt ansässige Kanzlei Mossack Fonseca, die mutmaßlich illegale Dienstleistungen erbracht hat, nannte die Enthüllungen einen Angriff auf das Land und wies alle Anschuldigungen zurück. Einen Tag nach den öffentlichen Anschuldigungen gingen die Finanzanwälte zum Gegenangriff über: Am Montagabend (Ortszeit) stellte das Unternehmen ein komplettes Informationsportal ins Internet und äußerte sich dort erstmals offiziell und umfassend zu den Vorwürfen über undurchsichtige Finanzgeschäfte mit Briefkastenfirmen. Alles zur Anwaltskanzlei Mossack Fonseca finden Sie hier.

Das Logo der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca.
A Mossack Fonseca law firm logo is pictured in Panama City April 3, 2016. REUTERS/Carlos Jasso

"Diese Berichte stützen sich auf Vermutungen und Stereotypen", teilte die Anwaltsfirma in einer vierseitigen Stellungnahme mit. Mossack Fonseca sei noch nie im Zusammenhang mit kriminellen Handlungen beschuldigt oder angeklagt worden und werde in ein falsches Licht gerückt. Der Öffentlichkeit fehle das Fachwissen, um "die Arbeit von Firmen wie uns" richtig einordnen zu können.

Die Wirtschaftskanzlei Mossack Fonseca hat darüberhinaus jede Verwicklung in die Skandale des Fußball-Weltverbandes FIFA zurückgewiesen. „Mossack Fonseca hatte keine Verbindung zu den am FIFA-Skandal beteiligten Parteien“, hieß es in einem Statement auf der Homepage des Unternehmens.

"Wir bieten auch keine Lösungen an, die den Zweck haben, ungesetzliche Handlungen wie Steuerhinterziehung zu verbergen."

Die Kanzlei halte sich an internationale Standards, um weitestmöglich sicherzustellen, dass von ihr gegründete Gesellschaften nicht zur Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Terrorfinanzierung oder für andere kriminelle Zwecke genutzt würden. "Wir bieten auch keine Lösungen an, die den Zweck haben, ungesetzliche Handlungen wie Steuerhinterziehung zu verbergen", heißt es in der Stellungnahme. Die unter dem Schlagwort "Panama Papers" ausgewerteten Dokumente würden zeigen, dass Mossack Fonseca "kompromittierten Personen" oder solchen, die benötigte Informationen zurückhielten, seine Dienste verweigere.

Luftaufnahme der Skyline von Panama-Stadt mit Gezeitenwasser im Vordergrund.
An aerial view of Panama City is seen in this March 23, 2015 file photo. REUTERS/Carlos Jasso/Files

Verwaltung von Offshore-Firmen

Mossack Fonseca hält die Abschöpfung der Informationen durch ein Datenleck für strafbar. Auf der nun ins Netz gestellten Internetseite finden sich Fragen und Antworten zu dem Geschäftsmodell der Kanzlei, ein Interview mit Teilhaber Ramon Fonseca Mora und ein wissenschaftlicher Fachartikel zu bestimmten Rechtsfiguren in Panama.

Mossack Fonseca gründet Kapitalgesellschaften und verkauft diese an Zwischenhändler wie Banken und Vermögensberater, die sie dann an die Endkunden weitergeben. Zudem bietet die Kanzlei auch bestimmte Verwaltungsdienstleistungen für die Offshore-Firmen an. Wie eine Briefkastenfirma funktioniert, finden Sie hier.

Finanzsektor streng reguliert

Anders als teilweise dargestellt sei Panama keine Steueroase, schrieben die Anwälte von Mossack Fonseca. Zwar müssten dort registrierte Firmen keine Einkommens- oder Kapitalertragssteuer auf in anderen Ländern getätigte Investitionen oder Transaktionen zahlen. Der panamesische Finanzsektor sei aber streng reguliert und folge internationalen Regeln. Wie schön Panama ist, finden Sie hier.

Eine Karte von Panama mit dem Panamakanal, Panama City und San Blas.
Auch die Arbeit von Mossack Fonseca werde genau kontrolliert, teilweise von verschiedenen Institutionen gleichzeitig, hieß es nun in der Stellungnahme.

Von Promis bis Politiker - wer verschleiert was?

Offshore-Geschäfte sind nicht per se illegal - es sei denn, Briefkastenfirmen werden genutzt, um Steuern zu hinterziehen oder Geld aus verbrecherischen Aktivitäten zu waschen. Die Informationen über die Geschäfte wurden den Medien von anonymer Seite zugespielt. An den Recherchen wirkten etwa 400 Journalisten aus fast 80 Ländern mit.

Die Enthüllungen haben eine Reihe ranghoher Politiker weltweit - etwa in Russland, der Ukraine, Syrien, Island oder Argentinien - in Erklärungsnot gebracht, die solche Konstrukte nutzten. Auch in Österreich schlugen die "Panama Papers" Wellen. Die Finanzmarktaufsicht kündigte eine "anlassbezogene Vorortprüfung" der beiden genannten heimischen Banken, Raiffeisen Bank International (RBI) und Landeshypo Vorarlberg an. Für die Staatsanwaltschaft ist der Verdacht bisher aber zu wenig konkret. Wer hat Verbindungen zu Offshore-Firmen?

Die Enthüllungen zu insgesamt 214.000 Briefkastenfirmen vor allem in Panama und auf den Britischen Jungferninseln sorgt weltweit für Aufsehen. Die ersten Konsequenzen infolge der Panama Papers wurden bereits gezogen: die Staatsanwaltschaft in Panama hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, der Chef des chilenischen Ablegers von Transparency International ist zurückgetreten und in China hat die Zensur die Enthüllungen aus dem Internet verbannt. Die wichtigsten Antworten zu den Panama Papers finden Sie hier.

In einer Infografik des internationalen Recherchekollektivs ICIJ, das unter Federführung der Süddeutschen Zeitung mehr als elf Millionen Dokumente der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca über Monate hinweg analysiert hat, werden Politiker und Minister dargestellt, die in der Steueroasen-Affäre verwickelt sind. Welche Mächtigen aus Politik in den Papers auftauchen, finden Sie hier.

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