Österreich: Kluft zwischen Reich und Arm zuletzt größer geworden

euro banknots in a row
Das Finanzvermögen der Österreicher ist zuletzt sprunghaft gestiegen.

Die Finanzvermögen der Österreicherinnen und Österreicher sind im Vorjahr um rund sieben Prozent auf knapp 800 Mrd. Euro (900 Mrd. Dollar) gewachsen. Das war ein stärkerer Zuwachs als in den Jahren davor, aber weniger als im weltweiten Schnitt oder auch im Schnitt Westeuropas, zeigt die 20. Ausgabe des Global Wealth Report des Beratungsunternehmens Boston Consulting Group (BCG).

Dabei ist das Finanzvermögen in Österreich stark auf wenige sehr wohlhabende Personen konzentriert, zeigt der am Donnerstag veröffentlichte Bericht. Ein Drittel der Finanzvermögen wird von nur 320 Menschen gehalten, die jeweils über umgerechnet 100 Mio. Dollar verfügen. Nur wenig mehr, 36 Prozent der Finanzvermögen, halten 7,2 Millionen Österreicher mit jeweils weniger als 250.000 Dollar.

Knapp 47.000 Dollar-Millionäre (880.000 Euro) zählt BCG in Österreich, sie halten 55 Prozent der Finanzvermögen. Auch weltweit halten die Millionäre mehr als die Hälfte aller Finanzvermögen. Gemessen werden Finanzvermögen der erwachsenen Bevölkerung in Dollar ohne Immobilien und Wertsachen wie Gold.

Zwischen 1999 und 2019 haben sich die Finanzvermögen in Österreich von den Ärmsten zu den Reichsten verschoben. Hielten die ersteren vor 20 Jahren noch 43 Prozent der Finanzvermögen, so sind es jetzt nur mehr 36 Prozent, während der Anteil der Reichsten im gleichen Zeitraum von 28 auf 33 Prozent gestiegen ist. Die Anteile dazwischen blieben praktisch unverändert.

Finanzvermögen ist damit in Österreich ungleicher verteilt als im Schnitt Westeuropas, wo die Superreichen mit je mehr als 100 Mio. Euro "nur" auf 16 Prozent aller Finanzvermögen kommen, dafür besitzt das ärmste Segment mit jeweils weniger als 250.000 Euro Finanzvermögen 45 Prozent des gesamten Kuchens.

Auch die Aufteilung der Finanzvermögen auf verschiedene Anlageformen unterscheidet sich in Österreich deutlich vom Rest Europas: Die Österreicher haben nur ein Fünftel ihrer Finanzvermögen in Lebensversicherungen und Pensionsvorsorgen investiert - im Schnitt Westeuropas sind es zwei Fünftel, also ein doppelt so hoher Anteil. Das ist eine direkte Folge des starken staatlichen Pensionssystems und der daraus folgenden geringen privaten Pensionsvorsorge, so die BCG-Experten. Dafür halten die Österreicher 41 Prozent des Privatvermögens in Spareinlagen oder Bargeld. Das sind rund elf Prozentpunkte mehr als der Durchschnitt in Westeuropa.

Die Corona-Krise könnte die Vermögen wieder etwas von den Superreichen zu den weniger wohlhabenden Bevölkerungsteilen umschichten, erwartet Anna Zakrzewski, BCG-Partnerin und Autorin der Studie. Denn die Superreichen haben von der ungewöhnlich langen Aufschwungphase überdurchschnittlich profitiert, weil sie mehr Risiko nehmen konnten. Dafür dürften sie nun in der Krise auch überdurchschnittlich viel verlieren. Das größte Wachstum für die kommenden Jahre erwartet BCG im Segment der Finanzvermögen zwischen 250.000 und 1 Mio. Dollar.

In den kommenden fünf Jahren bis 2024 schätzt BCG, dass die Finanzvermögen der Österreicher um 2 bis 4 Prozent jährlich zulegen werden, je nachdem, wie heftig die Krise ausfällt.

Das weltweite Privatvermögen ist 2019 um fast zehn Prozent auf 226,4 Billionen Dollar gestiegen. Fast die Hälfte davon (100 Billionen Dollar) liegen in Nordamerika, Westeuropa (46,8 Billionen) und Asien (42,1 Billionen) folgen dahinter.

Kommentare