Privatisierungen bald auf Schiene?

Ein Tunnel mit Gleisen und einem Fahrzeug am Ende, das Lichtspuren hinterlässt.
Der bevorstehende Umbau der ÖIAG heizt die Diskussion über den Verkauf von Staatsfirmen neu an. Grüne für Auflösung.

Der heftige Streit um den bevorstehenden Umbau der Staatsholding ÖIAG heizt jetzt die Diskussion um die Privatisierung von Staatsunternehmen neu an. Die Gewerkschaften befürchten, dass die Neuausrichtung der ÖIAG vor dem Hintergrund fehlender Milliarden im Budget in ein Privatisierungskonzept umfunktioniert wird.

Für zusätzlichen Zündstoff sorgte in der Vorwoche ÖVP-Chef und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner: Man könnte sich – ließ der Parteichef bei seinem Auftritt auf der Gewinn-Messe Mitte der Woche wissen – für die ÖIAG auch eine Holding vorstellen und mit dieser an die Börse zu gehen. Was real umsetzbar ist, müsse zwar noch mit dem Koalitionspartner verhandelt werden, aber "Fantasie im positiven Sinn hat noch niemandem geschadet".

Maximalvariante

Doch in Sachen Privatisierung lösen gerade ÖVP-Fantasien bei Belegschaftsvertretern und in der SPÖ Alarmsirenen aus. Denn die kleinere Koalitionspartei war im Herbst 2013 mit einem Positionspapier in die Regierungsverhandlungen gegangen, das in Sachen Privatisierung auch vor den in der Vergangenheit fast immer als sakrosankt geltenden Infrastrukturunternehmen nicht Halt macht.

Auf Österreich heruntergebrochen könnte ein Modell wie folgt aussehen: Die ASFINAG, die Infrastruktur AG der ÖBB sowie die BIG werden in einem Infrastrukturcluster zusammengefasst und teilprivatisiert. Eine schrittweise Privatisierung von bis zu 49% ist vorstellbar.
Im Detail: Unterhalb einer Beteiligungsholding des Bundes sollte unter anderem ein "Infrastruktur-Cluster" angesiedelt werden. Inhalt des Konglomerats: Die ÖBB-Infrastruktur, der Autobahnbauer Asfinag und die Bundesimmobiliengesellschaft BIG. Dieser Cluster könnte – so die Studien-Autoren – schrittweise bis zu 49 Prozent an private Investoren verkauft werden (siehe Faksimile). "Mit einer derartigen Konstruktion", so die Einschätzung, "könnte ein zweistelliger Milliardenbetrag erlöst werden." Die etwas eigenwillige Mischung aus Schiene, Straße und Immobilien wird damit begründet, dass "die (unbefriedigende) Einnahmensituation der ÖBB-Infrastruktur allein keine (Teil) Privatisierung zuließe".

Ob das ÖVP-Team für die Neuausrichtung der Staatsholding mit Parteichef Mitterlehner an der Spitze neuerlich massive Privatisierungswünsche in die Verhandlungen einbringt, will vorerst niemand sagen. Mitterlehner-Sprecherin Waltraud Kaserer: "Derzeit werden alle Varianten diskutiert, welches Modell letztlich umgesetzt werden soll, ist völlig offen."

Wenn es nach SPÖ-Sozialminister Rudolf Hundstorfer geht, stellt sich die Frage der Privatisierung vorerst überhaupt nicht: "Jetzt geht es einmal um die Reform der ÖIAG und die Besetzung des Aufsichtsrats. Privatisierungen sind derzeit überhaupt kein Thema." Wie auch die Übertragung der Asfinag oder der ÖBB in die ÖIAG. Hundstorfer: "Wer braucht denn eine weitere Holding für die ÖBB?"

Allerdings: Hundstorfer, der in den vergangenen Monaten die Neuausrichtung der ÖIAG federführend für die Kanzler-Partei verhandelt hat, gehört dem vierköpfigen SPÖ-Team für die Reform der Staatsholding nicht an. Gemeinsam mit Kanzler Werner Faymann verhandeln ÖGB-Chef Erich Foglar, AK-Direktor Werner Muhm und Ex-Siemens-Chefin Brigitte Ederer die Zukunft der Staatsfirmen. Und Faymann soll die Einbringung der Asfinag in die ÖIAG neu bereits fix zugesagt haben – wenn im Gegenzug die VP der Übertragung des Stromkonzerns Verbund zustimmt.

Mit diesem Zugeständnis will die SPÖ dem Vernehmen nach weitere Begehrlichkeiten der ÖVP in Sachen Privatisierung bremsen.

Verkaufspläne

Denn diese wälzt weitreichende Verkaufspläne für die meisten Bundesbeteiligungen. So sollen Personen- und Güterverkehr der ÖBB laut Positionspapier "schrittweise bis zu 100 Prozent" an private Investoren verkauft werden. Bei der Telekom Austria und der Post sollte der Staatsanteil auf die Sperrminorität von 25 Prozent plus eine Aktie heruntergefahren werden. Was zumindest beim Verkauf der Post – derzeit hält die ÖIAG gut 52 Prozent – erhebliche Einnahmen brächte.

Die Grünen sprachen sich am Montag wieder für die Auflösung der ÖIAG aus. Die Beteiligung an der OMV sollte ins Wirtschaftsministerium, Post und Telekom Austria an das Verkehrsministerium und die restlichen Anteile an das Finanzministerium gehen, schlug Wirtschaftssprecherin Ruperta Lichtenecker am Montag in einem Pressegespräch vor. Die Grünen sind auch gegen weitere Privatisierungsschritte.

Grüne sehen drei Vorteile

Die Eingliederung in die Ministerien hätte drei Vorteile, so Lichtenecker: Transparenz und Kontrolle würden gestärkt, es gäbe klare Verantwortung, und schlankere Strukturen würden zu einer Kostenersparnis führen. Das könne dazu beitragen, dass die jahrelange Fehlsteuerung beendet wird. Auch Verbund oder Asfinag würden jetzt schon von Ministerien verwaltet und "je näher die Anteile beim Ministerium, desto näher beim Parlament und damit bei den Bürgern", argumentiert die Wirtschaftssprecherin. Letztlich gehörten die Staatsanteile ja den Steuerzahlern.

Ein Mann mit dunklem Haar und einem schwarzen Sakko schaut zur Seite.
Werner Kogler Interview am 26.03.2013
Vor parteipolitischen Eingriffen sorgen sich die Grünen weniger, denn auch in der ÖIAG habe es parteipolitischen Einfluss gegeben, und zusätzlich noch "Freunderlwirtschaft", kritisierte der grüne Finanzsprecher Werner Kogler, der meint "schlechter kann es nicht werden". Und bei Firmen wie der Asfinag, deren Aufgabe klar definiert sei, lasse sich nicht erkennen "was da industriepolitisch, strategisch relevant" sein soll.

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