Warum Notare ins zentrale Kontenregister einsehen wollen

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Verlassenschaftsverfahren dauern oft viele Monate, weil Banken nur zögerlich Vermögensauskünfte erteilen. Die Notariatskammer will den Weg abkürzen und so Zeit, Kosten und Nerven sparen.

Stirbt ein Mensch, hinterlässt er zumeist Vermögen, das auf diversen Spar- oder Wertpapierkonten liegt. Erfährt die Bank vom Ableben, ist sie gesetzlich verpflichtet, die Konten sofort zu sperren. Das kann mitunter fatale Folgen für nahe Angehörige haben, die finanziell plötzlich auf dem Trockenen sitzen.

Der Wiener Notar Andreas Tschugguel berichtet von Fällen, bei denen Ehegattinnen über Monate keinen Zugriff auf das gemeinsame Haushaltskonto mehr hatten, weil nur der Ehepartner als Kontoinhaber registriert war. Familie oder Freunde müssen dann mit Überbrückungskrediten aushelfen, bis das Verlassenschaftsverfahren bei einem Notar beendet ist und ein gerichtlicher Einantwortungsbescheid bei der Bank vorgelegt werden kann. Viel Geduld ist angebracht, denn das bürokratische Prozedere kann mehrere Monate bis zu zwei Jahre dauern.

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Andreas Tschugguel, Vizepräsident der Österreichischen Notariatskammer

Banken lassen sich oft lange Zeit für die Auskunft

Einer der Hauptgründe für die lange Verfahrensdauer ist die Vermögensfeststellung. Banken lassen sich sehr lange Zeit für die schriftliche Auskunft an die Notare, zu der sie gesetzlich verpflichtet sind. Häufig sind mehrere Konten bei unterschiedlichen Instituten vorhanden, was die Sache verkompliziert. Das könnte viel schneller gehen, sagt Tschugguel, und zwar mittels Abfrage beim zentralen Kontenregister. Im Register sind alle Konten, Depots und Schließfächer bei österreichischen Finanzinstituten aufgelistet (siehe oben).

Digitale Einblicke ins Vermögen

Bei jeder Todesfallaufnahme machen Notare als Gerichtskommissäre Abfragen in diversen Registern, etwa im Testamentsregister, Firmenbuch oder im Grundbuch. Ins Kontenregister dürfen sie jedoch nicht blicken. Eine solche Abfrage darf aus Datenschutzgründen nur der Kontoinhaber selbst z. B. via FinanzOnline, durchführen. Finanzamt, Staatsanwaltschaft und Gerichte dürfen nur bei begründeten Verdacht, etwa der Steuerhinterziehung, Abfragen tätigen. 

Für Tschugguel eine völlig unverständliche Regelung, zumal der Schutzzweck nach dem Tod einer Person nicht mehr gegeben sei und es auch im Sinne des Verstorbenen sei, dass sein Vermögen nicht irgendwo unauffindbar bleibt. „Der Zugriff zum Kontenregister wäre beim Verlassenschaftsverfahren eine Abkürzung des Weges“, so Tschugguel, der auch Vizepräsident der Österreichischen Notariatskammer ist.

Bei völlig unstrittigen Erbschaften könnte das Verlassenschaftsverfahren unter Umständen schon bei der Todesfallaufnahme erledigt werden. Diese Bürokratieerleichterung könnte jederzeit umgesetzt werden, ein entsprechender Gesetzesvorschlag liege seit Jahren vor.

Gemeinsamer Zugriff aufs Konto empfohlen

Um nach einem Todesfall finanziell nicht ohne Geld dazustehen, empfiehlt Tschugguel sich schon zu Lebzeiten auf ein gemeinsames Konto mit gleichberechtigten Zugriff zu einigen. Bei einer Mitinhaberschaft dürfe das Konto nicht gesperrt werden. Allerdings müsse das Rechtsverhältnis zwischen den Mitinhabern des Kontos geklärt werden. 

Digitale Verlassenschaften

Um sich Gerichtswege zu ersparen, wird in Wien-Döbling gerade die digitale Verlassenschaft getestet. Gericht und Notare haben dabei gemeinsamen Zugriff auf digitale Akten, um den Prozess zu beschleunigen.

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