Neues Selbstbewusstsein: Wie die EU den USA die Stirn bietet

Neues Selbstbewusstsein: Wie die EU den USA die Stirn bietet
Analyse: Erstmals begehren die Europäer auf - gegen US-Sanktionen, Dollar-Dominanz und WTO-Zerschlagung.

Die Europäische Union sollte Donald Trump fast dankbar sein: Gäbe es nicht die Alleingänge des US-Präsidenten, wäre die EU aktuell nur noch mit Selbstzerfleischung (Brexit, Rechtsstaatsverfahren gegen Polen und Ungarn) beschäftigt. So sind die Europäer gezwungen, sich zumindest gegenüber den USA ihrer Stärken zu besinnen.

Das bis dato sichtbarste Zeichen, dass ein neuer Wind weht: Die Europäer lassen sich nicht mehr ungefragt die US-Sanktionspolitik aufs Auge drücken. Sie halten trotz des amerikanischen Ausstiegs am Anti-Atomabkommen mit dem Iran fest.

Das Problem dabei: Die USA konnten dem Rest der Welt ihren Willen aufzwingen, indem sie recht ungeniert ihre Wirtschaftsmacht ausspielten. Für betroffene europäische Unternehmen war die Rechnung simpel – sie mussten sich entscheiden, ob sie Geschäfte in den USA oder im Iran machen wollten. Wer sich nicht an die Sanktionsvorgaben aus Washington hielt, dem drohten Mega-Geldstrafen oder sogar Verkaufsverbote in den USA.

Die EU-Kommission war dagegen ziemlich machtlos – ein Gesetz, das die Auflagen für europäische Firmen unwirksam erklärt, hatte eher symbolischen Charakter. Jetzt zeigt sie erstmals den Willen, der US-Dominanz etwas entgegen zu setzen. Das Hauptproblem für den Iran ist nämlich, dass sich keine internationalen Banken finden, die Transaktionen abwickeln. Auch die Oberbank musste einen Rückzieher machen.

Nun kündigte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini an, dass die EU eine eigene Bank für „legitimen“ Zahlungsverkehr mit dem Iran gründet. Diese Art „Verrechnungskonto“ soll es europäischen und anderen Firmen ermöglichen, Maschinen und andere Güter weiterhin in den Iran zu liefern, der weiterhin sein Öl ausführen könnte. Trumps Sanktionen liefen ins Leere. Der Plan ist mit Russland und China abgestimmt, hieß es.

Euro statt US-Dollar

Die Europäer werden plötzlich selbstbewusster. EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker kündigte kürzlich an, der Euro solle der Dominanz des US-Dollar auf dem Weltmarkt entgegentreten. Es sei „absurd“, dass Europa 80 Prozent seiner Energierechnungen in Dollar zahle, wo nur zwei Prozent der Energie aus den USA kommen. Auch der Handelskonflikt rund um Strafzölle hat gezeigt: US-Präsident Trump knickt ein, wenn jemand auf Augenhöhe mit ihm verhandelt. Obendrein nimmt die EU nicht einfach hin, dass die USA die Welthandelsorganisation WTO zerschlagen wollen. Und auch in Sachen Verteidigungspolitik hat sich das Bewusstsein durchgesetzt, dass auf die USA kein Verlass ist. Bis zu Eigenständigkeit bleibt noch ein weiter Weg, aber ein Anfang ist gemacht.

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