Neues Glücksspielgesetz vor dem Aus

Das wird nix mehr, da können die Beteiligten noch so treuherzig ihren guten Willen beteuern. Österreichs Glücksspielindustrie ist skandalbedingt imagemäßig ziemlich beschädigt, eine Erneuerung des gesetzlichen Rahmens ist seit Jahren überfällig. Doch auch diese Regierung kriegt die Novellierung nicht auf die Reihe.
Jetzt ist der dritte Finanzminister am Werken. Bereits Hartwig Löger hatte 2018 Pech damit. Weil nicht mit dem damaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache abgesprochen, zog er 2018 den fertigen Gesetzesentwurf zurück.
Gernot Blümel kündigte die im Regierungsprogramm vereinbarte Reform für 2021 an, er wollte Schluss machen mit der von der Opposition zu Recht heftig kritisierten Mehrfachrolle des Finanzministers im Glücksspiel. Wurde wieder nichts.
Jetzt liegen mehrere Entwurfe vor, aber ÖVP und Grüne können sich nicht und nicht einigen.
Gut informierte Insider sind sich sicher, dass Österreich in dieser Legislaturperiode kein zeitgemäßes Glücksspielgesetz mehr bekommt.

Grüne Verhandlerin Nina Tomaselli
Das liege an der grünen Chefverhandlerin Nina Tomaselli, einer unnachgiebigen Hardlinerin, bei der ihre Rolle als Fraktionschefin im parlamentarischen U-Ausschuss ständig hinein spiele. Man habe schon mehrere Kompromisse vorgeschlagen, aber mit Tomaselli sei einfach nichts weiterzubringen, klagt man in der ÖVP.
Sie sei „jederzeit gesprächsbereit“ und würde die Novelle „noch nicht als gescheitert betrachten“, kontert Tomaselli. Für sie stehe der Spielerschutz im Vordergrund: „Ein Spielerschutz, der die Glücksspielindustrie umsatzmäßig nicht schmerzt, den gibt es nicht“.
Die ÖVP habe im Ministerrat einstimmig einem Gesamtpaket zugestimmt, „jetzt geht es darum, Handschlagqualität einzuhalten“. Die Grüne will vor allem den Maximaleinsatz an Spielautomaten von derzeit 10 Euro pro Spiel in den Casinos und Automatensalons drastisch senken.
Aber selbst das Blockieren von Websites ausländischer Gaming-Unternehmen, die in Österreich illegal Online-Zocken anbieten, ist auf die lange Bank geschoben.
Einer der Kernpunkte eines neuen Gesetzes ist die Schaffung einer unabhängigen Glücksspielaufsicht. Immer noch ist das Finanzministerium (BMF) Aufsichtsbehörde für die Branche und vergibt die Konzessionen. Gleichzeitig ist der Finanzminister Eigentümervertreter für den Drittel-Anteil der Republik Österreich am teilstaatlichen Casinos-Konzern.
Dort läuft im September 2027 die Konzession für die Cash-Cow Lotto aus. Die Lotterien haben außerdem die einzige Konzession für Online-Gaming. Ende 2027 ist dann Schluss mit den Lizenzen für die sechs Stadt-Casinos.
Die EU-weite Ausschreibung sollte allerdings spätestens Anfang 2023 aufgesetzt werden. Die Konzessionsverfahren sind äußerst aufwendig und komplex und mit Einsprüchen aller unterlegenen Bieter ist mit Garantie zu rechnen.
Ohne unabhängige Behörde, die es in den vielen EU-Ländern längst gibt, würde Österreich bei den Lizenzverfahren aber international nicht gut aussehen und sich wieder den Vorwurf von Mauschelei einhandeln.
„Mehrere Hüte auf“
ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner hofft jetzt sehr auf einen Kompromiss. „Ziel der Bundesregierung ist, eine unabhängige Glücksspielbehörde einzurichten, um einerseits die Vergabe und Kontrolle von Lizenzen zu entpolitisieren und andererseits den Spielerschutz zu stärken“, erklärt Brunner gegenüber dem KURIER.

Finanzminister Magnus Brunner, ÖVP
Das Finanzministerium habe „aktuell noch mehrere Hüte auf und es wäre sinnvoll, hier eine Entflechtung der Kompetenzen zu erreichen. Wir haben uns bei der Konzeption dieser Behörde an internationalen Beispielen orientiert und könnten diese rasch umsetzen“.
Vorgänger Blümel hatte einen fertigen Entwurf hinterlassen. Die Vergabe von Konzessionen sollte einem dreiköpfigen, weisungsfreien Richtersenat obliegen. Die Behörde sollte koalitionskonform von zwei Vorständen geleitet werden, die auf Vorschlag der Regierung vom Bundespräsidenten bestellt würden. Die Aufsichtsräte sollen ans Parlament berichten. Vorbild ist die Eidgenössische Spielbankenkommission in der Schweiz.
andrea.hodoschek@kurier.at

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