Gerade Disney spielt mit seinem riesigen Portfolio gekonnt auf der Content-Klaviatur. Binnen drei Jahren hat der Mickey-Mouse-Gigant den Markt von hinten aufgerollt. Bis Ende Juni gewann Disney + (unter anderem mit der „Star Wars“-Serie „Obi-Wan Kenobi“) rund 14,4 Millionen Abos hinzu und liegt nun schon bei gut 152 Millionen Nutzerkonten. Zählt man Disneys weitere Streaming-Dienste Hulu und ESPN+ hinzu, liegt man mit Netflix gleichauf.
Netflix gilt zugleich als Verlierer an den Börsen. Das hat unter anderem mit Corona zu tun: Als 2020 die Haushalte verzweifelt nach Beschäftigung im Lockdown suchten, gab es einen regelrechten Abonnentenansturm. Nach zwei Jahren lockdownbedingter Heim-Sessions hat sich ein großer Teil des Publikums wieder sattgesehen. Im ersten Halbjahr 2022 sagten mehr als eine Million Kunden Adieu zu Netflix. Die Aktie ist in diesem Jahr um knapp 60 Prozent gefallen – deutlich stärker als der Gesamtmarkt.
Vor drei Jahren hatte Netflix-Chef Reed Hastings auf die Frage, ob er Disney fürchte, noch gekonnt abgewunken: Man mache sich eher Sorgen darum, dass die potenzielle Kundschaft lieber „Fortnite“ auf der Konsole spiele, statt Serien zu schauen. Heuer musste er Notmaßnahmen setzen, um den Tanker auf Kurs zu halten. Der ungewöhnlichste Plan ist es, Werbung auf die Plattform zu bringen. Netflix startet eine günstigere Version seines Streaming-Dienstes mit Werbeclips. Die Werbevariante soll 2023 anlaufen, zunächst in „einer Handvoll Märkten“. Handvoll oder nicht: Das ist ein Tabubruch.
Zudem will Netflix im kommenden Jahr damit beginnen, strikter gegen Kunden vorzugehen, die ihre Log-in-Daten mit anderen teilen. Das Unternehmen geht davon aus, dass über die zuletzt knapp 221 Millionen regulären Abonnenten hinaus noch mehr als 100 Millionen Haushalte den Streaming-Dienst unbefugt mitnutzen.
Und um die bestehenden Kunden länger bei der Stange zu halten, werden Blockbuster-Serien, die jeder gesehen haben muss, nicht mehr als gesamte Staffel veröffentlicht, sondern Folge für Folge. So will Hastings verhindern, dass für Hit-Produktionen Kurzzeit-Abos abgeschlossen werden, die nach dem abgeschlossenen Serienmarathon wieder gekündigt werden.
Begonnen hatte alles mit einer bescheidenen Idee im Jahr 1997: Für eine Monatsgebühr so viele DVDs ausleihen, wie man möchte. Die Geschichte zeigt, wie wandlungsfähig Netflix war. Die Marke ist das Tixo des Internetfernsehens: Streaming und Netflix, das sind Synonyme.
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