Nationalbank will strenge Annahmepflicht für Bargeld in Österreich
Der schleichende Abschied vom Bargeld ist kaum zu übersehen. Ob beim Einkauf oder in der Gastronomie – immer mehr Lokale, Automaten, Geschäfte, Selbstbedienungskassen, aber natürlich auch Internet-Plattformen verdrängen die Bargeld-Nutzung nach und nach aus dem Alltag.
Die Nationalbank hat es sich zur Aufgabe gemacht, das gute, alte Bargeld zu verteidigen. Speziell in Österreich und Deutschland leben die treuesten Bargeld-Fans.
Bargeld steht etwa für Anonymität und den Schutz der persönlichen Daten, lautet ein oft vorgebrachtes Argument. Wer online zahlt, überträgt seine Zahlungsdaten meist an einen US-Anbieter wie Visa, Mastercard, Paypal oder Apple Pay. Bargeld sei hingegen „Datenschutz to go“.
Wachsames Auge
Notenbank-Direktor Thomas Steiner sagt im Gespräch mit dem KURIER: „Was wir nicht wollen, sind niederländische oder schwedische Verhältnisse, wo Bargeld massiv zurückgedrängt wurde. Wir haben natürlich nichts gegen die Zahlung per Karte oder Handy, haben aber immer ein sehr wachsames Auge auf das Thema Bargeld, weil uns die Wahlfreiheit sehr wichtig ist. Moderne Zahlungsfreiheit bedeutet Vielfalt – und Bargeld ist ein integraler Bestandteil davon.“
Die Notenbank kämpft an zwei Fronten für den Bargeld-Erhalt. Einerseits mit ihrer neuen Bankomat-Initiative, also dem Aufstellen von 120 Bankomaten in ländlichen Gegenden, wo der nächste Geldausgabe-Automat zu weit weg ist und keine Bankfiliale mehr existiert. Und andererseits auf EU-Ebene mit ihrem Drängen, auf eine möglichst strenge Annahmepflicht für Bargeld. Sie ist durch eine seit 2023 verhandelte, aber noch vage EU-Verordnung in Gefahr. Auch drängt die Zeit. In diesem Herbst sollte die Endfassung der EU-Verordnung vorliegen – sie verzögert sich aber.
Goldplating befürwortet
In Notenbankkreisen wird befürchtet, dass die EU-Verordnung – aus Rücksicht auf Länder, in denen Bargeld schon kaum mehr eine Rolle spielt –, die Annahmepflicht nur in einer Minimal-Version definieren wird. Die Hoffnung ist, dass in diesem Fall zumindest national nachgebessert werden kann, um das wesentlich höhere Cash-Niveau in Österreich aufrechterhalten zu können. Das oft verpönte „Goldplating“ also – eine Überinterpretation von EU-Regeln.
Nationaler Gesetzgeber
In einem OeNB-Dokument heißt es: Aufgrund von unterschiedlichen nationalen Präferenzen für Bargeld und digitale Bezahlungsformen sollte aus Sicht der OeNB eine strengere nationale Gesetzgebung für die Annahmepflicht weiter zulässig und möglich sein. Die OeNB setzt sich für eine Sicherstellung einer verpflichtenden Annahme von Bargeld (mit sinnvollen Ausnahmen) ein. Steiner nennt dazu ein Beispiel: „Wenn man einen E-Scooter per App mietet – also in Fällen digitaler Geschäftsmodelle, wo die Annahme von Bargeld untunlich bzw. nahezu unmöglich ist – wird die Annahmepflicht enden. Solche Ausnahmen müssen aber gut abgrenzbar sein von der prinzipiellen Annahmepflicht. Der derzeitige Vorschlag ist in diesem Punkt noch nicht präzise genug.“
Speziell jetzt, da die Europäische Zentralbank einen digitalen Euro zur Ergänzung des Euro als Bargeld einführen will, drängt die Nationalbank auf eine strikte Gleichbehandlung und strenge Annahmepflicht für beide gesetzliche Zahlungsmittel.
Steiner: „Es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit, dass für Bargeld und den digitalen Euro – soweit sinnvoll – dieselben Regeln gelten. Dazu braucht es im Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission über Euro-Bargeld eine Klarstellung bezüglich der Annahmepflicht. Die Annahmepflicht auf europäischer Ebene für Bargeld muss genauso streng geregelt sein wie für den digitalen Euro. “
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