Mit Germania schon acht Billig-Airlines pleite - Tausende Österreicher betroffen
Der Kampf um die geschäftliche Lufthoheit wird für die europäischen Billig-Airlines immer härter. Die Rabattschlacht bei den Ticketpreisen, die höheren Treibstoffkosten und vor allem die Schadenersatzzahlungen nach Flugverspätungen haben in den vergangenen Monaten sieben Low-Cost-Carrier vom Himmel geholt.
Sie mussten aufgrund von überbordenden finanziellen Turbulenzen Insolvenz anmelden. Die Fluggesellschaft Germania (1700 Mitarbeiter, 37 Flugzeuge) musste über Nacht ihren Betrieb einstellen. Ihr ist das Geld ausgegangen. Berichte über den geplanten Einstieg von Investoren rund um den Air-Berlin-Gründer Joachim Hunold dürften voreilig lanciert worden sein.
Die von der Germania-Pleite betroffenen rund 1700 Mitarbeiter sind laut dpa noch bis Ende März finanziell abgesichert. Für die Monate Januar, Februar und März werde Insolvenzgeld bezahlt, sagte ein Sprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters auf Anfrage. Die Berliner Airline hatte am Montag einen Insolvenzantrag gestellt und den Flugbetrieb in der Nacht zu Dienstag beendet.
Die Schweizer Germania, an der die deutsche Germania mit 40 Prozent beteiligt ist, fliegt aber weiter. Sie wird aber bei den Kunden durch die deutsche Pleite in Sachen Vertrauen Probleme bekommen.
Die Berliner Germania flog unter anderem von Münster-Osnabrück (Nordrhein-Westfalen) nach Salzburg. Es sind aber auch Tausende Vorarlberger betroffen, die vom Bodensee-Airpot Friedrichshafen mit Germania in die Ferien fliegen wollten. Es soll sich dabei aber vor allem um Pauschalreisende handeln, für deren Transport der Reiseveranstalter verantwortlich sind. Germania flog von Friedrichshafen nach Gran Canaria, Teneriffa, Ibiza, Olbia (Sardinien), Rhodos, Heraklion und Antalya.
Für die gestrandeten Germania-Reisenden rollte am Dienstag eine Welle an Rücktransport- und Umbuchungsangeboten an.
Angebote von Austrian Airlines und Lufthansa
Lufthansa, Austria Airlines, Laudamotion/Ryanair, Condor/Thomas Cook und easyJet bieten diverse „Rettungstarife“ an, bei Pauschalreisen muss der Veranstalter für Ersatzflüge sorgen.
"Die Austrian Airlines bieten betroffenen Fluggästen Sonderkonditionen. Bei Verfügbarkeit erhalten Germania-Passagiere zum Beispiel Tickets für Flüge von und nach Deutschland innerhalb Europas für 50 Euro zuzüglich Steuern", teilt die AUA dem KURIER mit. "Dieser Sondertarif gilt bis Ende Februar für Fluggäste, die ursprünglich über eine Germania-Buchung verfügt haben. Die Tickets werden in den nächsten Tagen zu buchen sein.
Und weiter heißt es: "Die größten Überlappungen im Flugplan gibt es zwischen Germania und Eurowings. Eurowings bietet eigene Konditionen für betroffene Fluggäste an (hier wird auf Flügen nach Deutschland im Nachgang ein Rabatt von 50 Prozent gewährt, wenn entsprechende Unterlagen eingereicht werden. Die oben erwähnten Sonderkonditionen werden auch von Lufthansa und Swiss angeboten."
Marktbereinigung
Am Ende ist diese achte Billigairline-Pleite nur ein weitere Bruchlandung im Rahmen einer offenbar notwendigen Marktbereinigung. „Es gibt nach wie vor zu viele Airlines in Europa und wir werden noch weitere Pleiten sehen“, sagt Luftfahrt-Experte Kurt Hofmann zum KURIER. „Bei einigen ist die Kapitaldecke zu gering, um empfindliche Kompensationszahlungen wegen Flugausfällen und Verspätungen überhaupt stemmen zu können.“ Dazu kommt, dass viele Ferienflieger im Winter weniger Geschäft machen. Die Großen wie Ryanair, easyJet, Wizz Air, Vueling/IAG und Eurowings (Lufthansa) sitzen erste Reihe fußfrei und beobachten das Trudeln der kleineren Konkurrenten emotionslos.
„Billig-Fluglinien mit 30 bis 50 Flugzeugen wie die Germania sind zu klein, um alleine überleben zu können“, sagt Hofmann. „Bei der Germania war nicht klar, was ihr Hauptgeschäft ist. Sie hatte im vergangenen Sommer sehr viel Zusatzgeschäft, aber die Rechnung ist nicht aufgegangen.“ So hat sie auch Flüge für Wirtschaftsmigranten durchgeführt. Dafür stationierte sie noch im November 2018 in Pristina (Kosovo) einen Airbus A319 und avancierte dort zur größten Fluggesellschaft.
Auch die österreichische Laudamotion hätte wohl keine Zukunft ohne den Mutterkonzern Ryanair, der den Verlust im aktuellen Geschäftsjahr in Höhe von rund 140 Millionen Euro schluckt.
Airlines zu kaufen
Der umtriebige Ryanair-Chef Michael O’ Leary liegt nach wie vor auf der Lauer und will noch zumindest zwei weitere Low-Cost-Carrier mit 20 bis 50 Flugzeugen übernehmen. Der Preis muss aber passen.
Laut Ryanair stehen derzeit die isländische Billigfluglinie Wow Air (16 Flugzeuge), die deutlich größere britische Flybe Group (86 Flugzeuge) und der Billig-Riese Norwegian (152 Flugzeuge) zum Verkauf. Auch die ewig angeschlagene Alitalia (98 Flieger) sucht noch immer einen betuchten Retter. Der solvente spanische Billig-Flieger Volotea (32 Flugzeuge) würde gut ins Beuteschema von Ryanair passen. Diese Ansicht teilt auch Experte Hofmann. Volotea gehört derzeit drei Finanzinvestoren.
Die Airline-Pleiten 2018
Alleine seit Sommer 2018 sind acht Billigflieger in den Konkurs geschlittert, Germania bereits mitgezählt.
Primera Air
Im Oktober 2018 stellt die dänisch-lettische Airline ihren Betrieb ein, sie hatte sieben Jets.
Azur Air Deutschland
Nur zwei Jahre (bis September 2018) fliegen die zwei Jets, danach wird die Airline aufgelöst. Laut Anex-Tour werden alle offenen Forderungen bedient, eine (klassische) Pleite sei das nicht, wird betont.
SkyWork Airlines
Im August stellt die Schweizer Fluglinie (acht Jets, auch nach Wien) ihren Betrieb ein.
VLM Airlines
1992 gegründet, schlittern die Belgier ebenfalls im August mit sechs Fokker 50 in den Konkurs.
Cobalt Air
Trotz Langstreckenplänen sperren die Zyprioten im Oktober zu.
Cello Aviation
Die Briten aus Birmingham melden im Oktober Konkurs an.
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