Streifenanbau statt Monokultur: Bio-Bauer bringt Insekten zurück

Ein Mann steht in einem Maisfeld und betrachtet die Pflanzen.
Christian Stadler aus Oberösterreich setzt auf althergebrachte Anbaumethode. Marienkäfer und Schwebfliegen kommen zurück.

50 Schritte, 30 Schläge: Der Kescher rauscht über den Boden. Ronnie Walcher geht mit dem Netz in der Hand über den Acker in Hofkirchen im Traunkreis (Oberösterreich) und fängt Insekten. Ganz standardisiert, ganz konzentriert.

Der Biodiversitätsforscher der Universität für Bodenkultur schreitet die Felder von Christian Stadler ab. Die schauen auf den ersten Blick irgendwie anders aus als der Rest der Landschaft. Sind sie auch. Sie sind viel schmaler, Hosenträgerfelder werden sie daher auch genannt.

Ein Mann mit Brille fängt Insekten mit einem Netz auf einer Wiese.

Auf Insektenfang: Ronnie Walcher macht das Monitoring für den Streifenanbau

Stadler – ein Biobauer der ersten Stunde, Demeter-Landwirt und Gründer von Morgentau Biogemüse – wagt sich damit an ein neues Projekt: Streifenanbau. Das ist durchaus vielversprechend, auch was den Ertrag betrifft.

Ein Feld wird in Streifen aufgeteilt: Mais, Kartoffel, Ackerbohne, Hafer oder auch Gemüse werden in schmalen Bereichen – die geringste Breite sind drei Meter – nebeneinander angebaut. Im kommenden Jahr werden die Kulturen einfach einen Streifen weitergeschoben.

Ein einzigartiger Feldversuch, den Stadler mit seinen Biobauer-Kollegen Gerhard Weißhäupl und Rudolf Hofmann umsetzt, begleitet von der Universität.

Aber warum tun sie das? Die „Arge Streifenanbau“ erwartet sich bessere Böden, mehr Biodiversität und gute Erträge

Sie fliegen wieder

Wenn Walcher in seinen Kescher schaut, lächelt er. Die Anzahl der Schwebfliegen nach drei Jahren Versuchsfläche machen dem Forscher und dem Landwirt Hoffnung. Die wichtigen Bestäuber-Insekten werden wieder mehr. Das sei wichtig, nachdem ihnen Intensivierung der Landwirtschaft zugesetzt hat. Als Larven sind sie übrigens hervorragende Blattlausjäger. Auch die Zahl der Marienkäfer oder Raubwanzen nimmt zu. Beide können Schädlinge in Schach halten.

Ein Holzkiste gefüllt mit Gemüse, Getreideprodukten und Kräutern der Marke Morgentau.

Schmetterlinge flattern über die Streifen. „Schon nach dem ersten Jahr konnten wir eine Verdoppelung der Biodiversität feststellen“, sagt Stadler. Auf großen agrarischen Produktions- und nicht nur auf kleinen Biodiversitätsflächen können so Nützlinge gefördert werden. Zudem profitiert die Pflanzengesundheit. Stadler wühlt mit den Händen im Boden und gräbt Knollen aus. „Die Erdäpfel sind gesünder als in der Monokultur. Die Krautfäule befällt sie erst später“, erklärt er. Auch der Kartoffelkäfer lässt sich seltener blicken.

Stadler und seine Mitstreiter haben das Rad nicht neu erfunden. „Früher, noch vor 100 Jahren, haben die Bauern die Ackerflächen in kleinen Streifen bewirtschaftet“, sagt der Biolandwirt. Im Franziszeischen Kataster waren die schmalen Felder zum Anfang des 20. Jahrhunderts noch verzeichnet.

Zum Fressen gern

Die Anbaumethode hatte praktische Gründe, hinter denen eine Frage steht: Welche Fläche konnte der Bauer innerhalb eines Tages bearbeiten? Heute ist das kein Kriterium mehr beim Streifenanbau. Maschinen fahren über die Felder – auch über die schmalen.

Vieles probiert Stadler auf 30 Hektar noch aus – etwa die optimale Breite der Streifen – und wird selbst manchmal überrascht. „Auch Rehe lieben Biodiversität“, sagt er und blickt auf seine Felder, gleich dahinter beginnt ein Wald. Ein optimales Umfeld für die Tiere. Sie kommen aus der Deckung, stehen dann geschützt im Mais und fressen die Nachbarstreifen ab. „Das ist ein negativer Effekt.“ 30 Prozent Ertrag kosteten die Rehe dem Bauern. In den nächsten Jahren werden die Streifen breiter und damit die Grenzen und Buffets für das Wild weniger. „Wir lernen immer weiter“, sagt Stadler.

Erfahrungen teilen

Ihre Erfahrungen teilt die Arge Streifenanbau mit anderen. Sie will die Methoden in die Breite bringen. Fünf weitere Betriebe aus Ober-, Niederösterreich und dem Burgenland widmen sich bereits dem Streifenanbau. Im Bio-Landgut Esterhazy gibt es auch ein Insektenmonitoring. Auch in Nachbarstaaten gibt es Interesse an den Ergebnissen.

Walcher nimmt die Hofkirchner Schwebfliegen aus dem Netz, sie kommen an die Universität nach Wien. Hier werden sie bestimmt und gezählt. 2023 fanden er und die Studenten 15 verschiedene Schwebfliegen-Arten, drei mehr als ein Jahr zuvor.

Zwei Männer gehen mit einem Insektennetz über ein Feld.

Nicht nur die Insektenwelt kann profitieren, sondern auch die Umgebung. Die Monokulturen, die ewigen Maisfelder könnten durchbrochen werden. Der Landschaft wird wieder bunter.

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