Millionen-Schaden: Betrüger zockten leichtgläubige Migranten ab

Reumannplatz: Menschen gehen über den Platz in Favoriten.
Drei Kriminelle aus Südosteuropa und zwei korrupte österreichische Bankangestellte gingen der Polizei ins Netz.
Von Uwe Mauch

Sie sprachen ihre Opfer gezielt in deren Muttersprache an, vor allem auf Serbisch, Rumänisch oder Bulgarisch; am Reumannplatz in Wien ebenso wie an Hotspots in Linz, Salzburg oder Tirol. In die Falle tappten ihnen in erster Linie Menschen, die prekär in Österreich leben und denen auch das Deutsch der Kreditinstitute Spanisch vorkommen musste.

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Ermitteln: Christian Hartwagner, Caroline Czedik-Eysenberg

Faule Kredite

Christian Hartwagner, der für das Landeskriminalamt Oberösterreich in Sachen Betrug ermittelt, war selbst lange damit beschäftigt, die Machenschaften des fünfköpfigen kriminellen Netzwerks zu durchblicken. Im Sommer hatte er dann die notwendigen Fakten beisammen: „Und wir konnten gezielt zuschlagen.“

Es folgten fünf Zugriffe in Salzburg, Oberösterreich, Tirol und in Italien.

Die Masche war immer dieselbe. Drei sehr selbstbewusst und freundlich auftretende Menschen sprachen ihre Opfer auf der Straße an: „Sie versprachen ihnen schnelle finanzielle Hilfe.“

10.000 bis 50.000 Euro Kredit? Kein Problem! In ihrer Not unterschrieben die Naiven das Konvolut an Kreditverträgen, ohne zuvor das Kleingedruckte zu lesen.

Möglich wurde dieser Kreditbetrug aber nur, weil der Kopf der drei „Netten“ zwei Österreicher einer bekannten Bank in der Stadt Salzburg davon überzeugen konnte, dass auch sie außertourlich „ein bisschen was“ dazuverdienen können. Sie mussten nur Kreditverträge fingieren und mit möglichst seriösem Begleitmails an ein deutsches Kreditinstitut weiterleiten.

Das Geschäft mit den gefälschten Verträgen lief zunächst gut. Bisher konnten die Ermittler laut Inspektor Hartwagner „rund 1.000 problematische Kredite für alles in allem hundert Kreditnehmer“ nachweisen. Es könnten noch mehr sein.

Doch im Frühjahr 2024 wurde man in der deutschen Bank zunehmend unruhig. Mitarbeiter stellten fest, dass bereits mehr als fünf Millionen Euro nach Österreich überwiesen wurden, dass aber diese Kredite so gut wie nicht getilgt werden.

Ganz anders als im 45-minütigen TV-Krimi investierte Inspektor Christian Hartwagner mehr als ein Jahr seiner Arbeitszeit dafür, um die perfide Arbeitsweise der Betrüger nachzuweisen.

Rund die Hälfte des ergaunerten Geldes steckten die beiden korrupten Bankangestellten und die drei Komplizen in ihre eigenen Taschen. Abgehoben, ausgezahlt und aufgeteilt wurde teilweise gleich in der Bank.

„Bei den Ermittlungen“, berichtet der Experte für Betrugsdelikte, „war die Zusammenarbeit mit anderen polizeilichen Dienststellen und der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wirklich sehr gut“.

„Seien Sie misstrauisch“

Anders als für die Betrogenen ist dieser Fall für die WKStA aber kein großer Fall. Weil der Schaden jedoch jenseits der fünf Millionen Euro liegt, ist sie zuständig. Außerdem möchte man präventiv dazu beitragen, dass Menschen bei solchen Lockangeboten für Konsumkredite viel mehr Vorsicht walten lassen, wie WKStA-Mediensprecherin Caroline Czedik-Eysenberg erläutert.

Ihr öffentlicher Appell: „Seien Sie misstrauisch. Leisten Sie keine Blankounterschriften. Machen Sie keine falschen Angaben bezüglich Ihrer Einkünfte, denn am Ende müssen Sie den Kredit zurückbezahlen.“

Auch in diesem Fall wird das deutsche Kreditinstitut versuchen, das entstandene Minus so gut wie möglich in Österreich einzubringen. Inwiefern man jedoch am Ende das ausbezahlte Geld von jenen zurückbekommt, die schon zuvor mit Schulden arg zu kämpfen hatten und die sich teilweise auch nicht mehr in Österreich aufhalten, bleibt abzuwarten.

Spannend könnte daher noch die Frage werden, wie ein ermittelnder Kollege von Inspektor Hartwagner dem KURIER erzählt, ob eventuell die deutschen Banker im Zuge eines privatrechtlichen Verfahrens ihre Kollegen in Österreich in die Verantwortung nehmen. Aber das ist eine andere Geschichte. Und es gilt bis auf Weiteres die Unschuldsvermutung.

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