Miba-Chef: "Wir müssen ins Ausland mitgehen"

KURIER: Sie haben vor einem Jahr von Ihrem Vater das Ruder übernommen. Beide haben Sie damals gesagt, dass Miba ein Familienunternehmen bleibt und auch nicht verkauft wird. Hat sich daran etwas geändert?
Franz-Peter Mitterbauer: Nein. Wir bleiben auch unserer Strategie treu, die ich dynamische Evolution nenne: Auf der einen Seite die bewährten Geschäftsbereiche ausbauen, auf der anderen Seite in neue Bereich investieren, um unabhängiger von Konjunkturschwankungen zu werden.
Geht die Strategie auf?
Bisher ja. Wir haben im abgelaufenen Geschäftsjahr trotz des schwierigen Umfeldes den Umsatz leicht auf 610 Millionen Euro steigern können. Auch der Gewinn ist leicht gestiegen, eigentlich geht es uns gut. Der Vorteil ist, dass wir in mehreren Industrien tätig sind. 40 Prozent unseres Umsatzes machen wir mit der Autoindustrie. Dazu kommen die Lkw-Branche, Schiffe, und Baumaschinen. Wenn es einer Industrie ganz schlecht geht, geht es einer anderen besser und wir können Rückgänge kompensieren.
Welcher Ihrer Branchen außer der Automobilindustrie geht es denn derzeit noch gut?
Die Pkw-Industrie läuft sehr gut – auch wieder in Europa, speziell aber in China. Der Lkw-Branche geht es auch wieder gut, vor allem in Amerika. Weniger gut geht es den Schiffsbauern, etwa bei Containerschiffen. Und auch Baumaschinen laufen nicht gut, vor allem Maschinen für den Bergbau. Aber das ist nur ein kleiner Teil unseres Umsatzes.
Spüren Sie den Ukraine-Konflikt und die Sanktionen gegen Russland?
Nein, praktisch überhaupt nicht. Wir haben in beiden Ländern keine Produktionen und kein nennenswertes Geschäft. Der Umsatz mit Russland liegt so bei einem halben oder einem Prozent des Gesamtumsatzes. Wir werden daher auch Gegenmaßnahmen von Russland nicht spüren.
Sie machen noch den größeren Teil Ihres Umsatzes in Europa. Wie lange bleibt das noch so?
Das Thema Internationalisierung wird für uns noch wichtiger. Wir machen nach wie vor rund 60 Prozent des Umsatzes in Europa, die größten Wachstumsmärkte sind aber China und der NAFTA-Raum (USA, Kanada, Mexiko, Anm.). Das heißt, der Umsatz-Anteil in Europa wird in den nächsten Jahren zurückgehen.
Heißt das, dass auch die Produktion in Europa zurückgeht?
Wir produzieren local to local. Das heißt, in Europa für Europa, in den USA für den nordamerikanischen Markt, in China für China. Ich weiß, dass es Ängste auch bei den Miba-Mitarbeitern gibt, weil wir jetzt alle nach China gehen. Wir gehen nach China, weil unsere Kunden aus der Autoindustrie dorthin gehen und wir mit unseren Kunden mitgehen müssen und wollen. Aber wir gehen nicht nach China, um von dort nach Europa zu exportieren.
Das heißt aber, Sie investieren in den nächsten Jahren immer mehr außerhalb Europas ...
Wir haben in den letzten fünf Jahren 2300 neue Arbeitsplätze weltweit geschaffen. Natürlich schon stark getrieben von den Märkten Asien und USA. Aber wir haben von den 2300 auch 650 Arbeitsplätze in Österreich geschaffen. Würden wir nicht so stark in Asien und in den USA wachsen, dann würde die Absicherung der Arbeitsplätze in Europa und in Österreich nicht funktionieren.
Warum nicht?
Ganz einfach: Unsere Kunden wollen weltweit einen Technologiepartner haben. Wenn der Kunde zu mir sagt, ich brauch dich in China, dann muss ich nach China mitgehen. Wenn ich es nicht mache, sucht er sich einen neuen Technologiepartner. Aber nicht nur für China, sondern auch gleich für Europa und Nordamerika.
Die Industrie klagt, dass die Arbeitszeit nicht flexibel genug ist, um die schwankende und immer kurzfristigere Nachfrage zu bewältigen. Brauchen Sie auch mehr Flexibilität?
Der Kunde steht im Mittelpunkt, der sagt uns, was er wann braucht. Dem ist es egal, wo und wann ich das produziere. Wir haben ein großes Werk in der Slowakei, dort sind die Arbeitskosten ein Viertel von denen in Österreich. Dort ist die tägliche Höchstarbeitszeit 12 Stunden und ich kann auch am Sonntag produzieren, wenn es sein muss. Ich muss also schauen, wo kann ich was produzieren und dabei auch Geld verdienen. Daher muss man einen klugen Weg finden, was man noch in Österreich und was man in der Slowakei machen kann.
Bisher hat der Qualitätsvorsprung in Österreich meist ausgereicht, niedrigere Kosten in Osteuropa zu kompensieren. Ist das nicht mehr so?
Die Mitarbeiter in unserem slowakischen Werk sind in der Lage, mit der Qualität zu produzieren, die unsere Kunden erwarten. Bei uns spielt Aus- und Weiterbildung eine große Rolle. Und wir haben das österreichische Modell der Lehrausbildung in die Slowakei exportiert: Von den 177 Lehrlingen, die wir derzeit ausbilden, sind schon 70 in der Slowakei. Unser Vorteil im Wettbewerb sind gut ausgebildete Mitarbeiter, daher überlegen wir, das System der dualen Ausbildung auch in die USA und nach China zu exportieren.
Wenn die Qualität in der Slowakei schon so gut ist, werden Sie Erweiterungsinvestitionen nicht mehr in Österreich, sondern jenseits der Grenze machen?
Im Prinzip ist das richtig. Das heißt nicht, dass es in Österreich überhaupt keine Erweiterungsinvestitionen mehr geben wird. Aber die Rahmenbedingungen dafür müssen passen.
Karriere Der 38-jährige promovierte Maschinenbauer (TU Wien) startete seine berufliche Karriere 1999 nicht bei Miba, sondern bei Audi. In den elterlichen Konzern trat er erst 2006 ein und leitete den Asien-Vertrieb der Reibbeläge-Gruppe. 2011 zog der verheiratete Vater eines Kindes in den Vorstand ein, Mitte 2013 löste er seinen Vater Peter ab.
Konzern Das 1927 gegründete Unternehmen fertigt Reibbeläge, Sinterformteile und Gleitlager für die Auto-, Lkw- und Maschinenindustrie. 2013/’14 setzte die Gruppe 610 Mio. Euro um und erzielte 70 Mio. Euro Betriebsgewinn. Von den 4700 Mitarbeiter arbeiten 2100 in Österreich, 550 in den USA sowie 390 in China.
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