Metaller: 150 Unternehmen zahlen nicht die volle KV-Erhöhung

Kommt die großzügige Metaller-KV-Erhöhung von durchschnittlich 8,6 Prozent gar nicht in den Taschen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an? „Uns wurde schon gesagt, dass wir alle weniger bekommen werden und wann wissen wir auch noch nicht“, erzählt ein Arbeiter eines Wiener Metalltechnik-Betriebes dem KURIER. Er fürchtet, dass von den mühsam ausverhandelten Gehaltsplus von 10 Prozent für Niedrigverdiener „nicht mehr viel übrig bleiben wird“.
Der Grund: Sein Arbeitgeber hat kurz vor Weihnachten die so genannte Wettbewerbs- und Beschäftigungssicherungsklausel beantragt. Dieses Novum aus dem jüngsten Metaller-KV-Abschluss ermöglicht es personalintensiven Betrieben, die KV-Erhöhungen zu reduzieren, um am globalen Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Lohnabschlüsse in Österreich lagen zuletzt aufgrund der deutlich höheren Inflation über jenen in anderen EU-Ländern. Nun fragt sich die ganze Branche: Wie viele Unternehmen nutzen diese Möglichkeit und droht damit die KV-Erhöhung in der Praxis ausgehöhlt zu werden?
150 Anträge eingereicht
Metallergewerkschaft ProGe und der Verband der Metalltechnischen Industrie (FMTI), die die Klausel gemeinsam vereinbart haben, geben vorerst Entwarnung. Bis zum Stichtag 22. Dezember haben rund 150 Unternehmen die Wettbewerbsklausel beantragt, bestätigen beide Seiten. Das entspricht etwa zehn Prozent aller Betriebe in der Metalltechnischen Industrie. Laut ProGe sind in der Summe auch schon Anträge aus den anderen Metaller-Verbänden (Kfz-Industrie, Gießereien etc.) mitgezählt, eine konkrete Liste liegt noch nicht vor. Es sollen sich vor allem kleinere Unternehmen darunter befinden, in Summe dürften mehrere Tausend Beschäftigte betroffen sein.
Statt 10 Prozent nur 7 Prozent
Die Unternehmen können - abhängig von Personalkostenbelastung und Betriebserfolg – die vereinbarte KV-Erhöhung in zwei Stufen von 10 Prozent (gedeckelt mit 400 Euro) auf entweder 8,5 Prozent (340 Euro) oder auf 7 Prozent (280 Euro Deckel) reduzieren. Die zugrunde liegende Formel berechnet die Personalkosten gemessen an der Bruttowertschöpfung (Summe aus Personalkosten, Abschreibung und Gewinn).
Prozedere wirft Fragen auf
Nicht nur die Kriterien, auch das zeitliche Prozedere für die Anwendung der Klausel werfen noch viele Fragen auf. Ob diese Kriterien tatsächlich immer erfüllt werden, wird bis Ende Februar von Betriebsräten und Gewerkschaft überprüft. Wird die Klausel genutzt, sind Ausgleichszahlungen etwa in Form von Einmalzahlungen oder zusätzlicher Freizeit zu vereinbaren.

Die Metaller-Chefverhandler auf Gewerkschaftsseite Reinhold Binder (Pro-Ge) und Karl Dürtscher (GPA)
Nachzahlung bei Ablehnung
Die ProGe verweist außerdem darauf, dass bei einer Ablehnung ab Mai das nicht bezahlte Geld den Arbeitnehmern zurückgezahlt werden muss. Die Arbeitnehmer erhalten dann die mit 400 Euro gedeckelte Ist-Erhöhung um bis zu 10 Prozent. Im Schnitt bedeutet das ein Plus von 8,6 Prozent.
Beim Verband der Metalltechnischen Industrie (FMTI) will man erst die innerbetrieblichen Verhandlungen abwarten, um beurteilen zu können, wie häufig die Klausel angewendet wird. Diese dürften nicht vor Anfang März vorliegen, heißt es. Klar sei aber auch, dass es zu höchst unterschiedlichen betrieblichen Lösungen, etwa bezüglich der Freizeitabgeltung, kommen werde. Dies sei ja Sinn und Zweck der Regelung.
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