"Maut-Ausweitung ist Geldvernichtung"
Fünf Bundesländer wollen die Lkw-Maut auf das gesamte Straßennetz ausweiten. Der Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer beklagt außerdem zunehmende Bürokratie durch nationale Alleingänge in der EU. Und kritisiert die geringe Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene.

Bei der Maut soll also alles beim Alten bleiben?Nein. Wir haben jetzt schon weit überzogene Mautsätze. Die Asfinag (staatlicher Autobahnbetreiber, Anm.) hat dadurch aktuell eine Umsatzrendite von rund 25 Prozent.
Wie hoch ist sie in Ihrer Firma?
(Lacht). Nehmen Sie den Fünfer weg und lassen Sie den Zweier stehen. Die hohe Rendite führt dazu, dass die Asfinag massiv missbraucht wird, um Budgetlöcher zu stopfen. Allein 2014 sind 150 Millionen Euro an Ertragssteuern ins allgemeine Budget geflossen, für 2013 hat die Asfinag 145 Millionen Euro Dividende an den Finanzminister gezahlt. Heuer wurde die Dividende auf 200 Millionen erhöht. Dem Eigentümer Staat fließen also jedes Jahr 300 bis 350 Millionen Euro zu.
Was soll sonst mit dem Geld geschehen? Wenn man die Maut senkt, wird Österreich zum "billigen Jakob" und zieht noch mehr Transitverkehr an ...
Im Verhältnis zu den Nachbarländern ist Österreich nicht billig, sondern eines der teuersten Ländern.
Die Schweiz ist aber doch deutlich teurer, außerdem sind dort alle Straßen mautpflichtig ...
Das ist richtig. Aber gerade das Beispiel Schweiz zeigt, dass die Transitproblematik nicht durch hohe Mauten gelöst werden kann, weil sie nicht zur Verlagerung auf die Schiene führen. Die Schweiz wollte den Alpen querenden Schwerverkehr von rund einer Million auf etwa 400.000 Lkw im Jahr senken. Trotz der hohen Maut und des Schienenausbaus überqueren auch heute eine Million Lkw in der Schweiz die Alpen.
Wie bringt man dann mehr Güter auf die Schiene?
Die Politiker in Österreich und in der EU denken da zu kompliziert. Es gibt kleine Maßnahmen, die viel mehr bewirken als hohe Mautsätze oder komplexe gesetzliche Maßnahmen. Wenn man die Möglichkeit schafft, Sattelauflieger wie Container auf die Bahn zu verladen, würde die Straße auf längeren Strecken massiv entlastet.
Warum macht man es nicht?
Das Höchstgewicht eines Lkw darf derzeit nur 40 Tonnen betragen. Ein so genannter kranbarer Sattelauflieger müsste aber stärker gebaut sein, der Transporteur verliert dadurch Frachtgewicht. Würde das Gesamtgewicht auf 41 Tonnen erhöht, verliert er kein Ladevolumen. Und den Staat würde es nichts kosten, weil die Firmen die Investition selbst zahlen.
Sie wünschen sich in Verkehrsfragen mehr Europa. Bedeutet mehr Europa aber nicht auch mehr Transit?
Nein, den Transit haben wir ohnehin schon. 60 Prozent der Lkw-Kennzeichen auf den Autobahnen sind aus dem Ausland. Vor zehn, fünfzehn Jahren waren 60 Prozent inländisch. Das Problem ist ein anderes: Auf der einen Seite sind wir im Verkehrsbereich dominiert von EU-Verordnungen und -Richtlinien. Weil aber kein Land auf seine Egoismen verzichtet, gibt es bei der Umsetzung in nationale Gesetze wieder große Unterschiede, die dem Gedanken des Binnenmarktes zuwiderlaufen. Und es gibt viele Alleingänge, die nicht durchdacht sind.
Zum Beispiel?
Frankreich und Belgien verbieten, dass der Lenker seine Wochenendruhe in der Fahrer-Kabine verbringt. Aber was soll ein Fahrer, der Gefahrengüter geladen hat, in der Praxis tun? Auf der einen Seite muss er bei seinem Fahrzeug bleiben, um es zu bewachen. In eine Stadt, wo er in der Nähe eines Quartiers parken könnte, darf er mit dem Lkw nicht hinein, weil er Wohngebieten fernbleiben muss. In Wahrheit müsste man ihm ein Zelt mitgeben, in dem er auf dem Autobahn-Parkplatz neben dem Fahrzeug schläft ...
Dieses Problem wird ja nicht so häufig vorkommen ...
Dieses spezielle Problem vielleicht nicht. Aber der deutsche Mindestlohn (8,50 Euro/Stunde, Anm.) muss bei der Zustellung nach und der Abholung aus Deutschland auch von nicht-deutschen Frächtern eingehalten werden.
Wenn der Lenker nach dem österreichischen Kollektivvertrag bezahlt wird, ist er ja auf jeden Fall drüber, oder?
In den meisten Fällen schon. Aber ein junger Fahrer kann auch darunter kommen, weil etwa die Diäten, die Teil der Entlohnung sind, im deutschen Mindestlohngesetz nicht anerkannt werden. Auch der 13. und 14. Gehalt werden nur in den Monaten angerechnet, in denen sie ausgezahlt werden. Das ist auch einer dieser nationalen Alleingänge, die nicht zu Ende gedacht sind und die dem EU-Binnenmarkt zuwiderlaufen. Auf jeden Fall bedeutet es viel zusätzliche Bürokratie für die Unternehmen.
Der HTL-Techniker (Kfz-Technik) und promovierte Betriebswirt (WU Wien) ist seit 2010 Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer.
Im „Hauptberuf“ leitet er gemeinsam mit seinem Bruder Alfred das Familienunternehmen in Wien-Liesing, das auf den Transport von Mineralöl spezialisiert ist. Die Gruppe setzt in Österreich und Osteuropa rund 100 Millionen Euro um. Alexander Klacska ist verheiratet und Vater von zwei Töchtern.
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